Liebe Hasi1111,
ich möchte Dich in diesem Forum Herzlich Willkommen heißen - obwohl mir das eigentlich nicht zusteht, denn wir haben ein wunderbares Moderatorenteam, dem zu verdanken ist, dass dieses Forum für all diejenigen offen ist, die von dieser schlimmen Diagnose überrascht werden und sich wie aus dem Leben gerissen fühlen. Ob als selbst Betroffene wie Du und ich oder als Angehörige oder Freunde Betroffener.
Ich bin selbst auch Meningeompatientin, der Tumor lag auch links frontal, ich bin 10 Jahre älter als Du und - das hat mich außerdem bewogen, Dir zu schreiben, bin in der wunderschönen Stadt Greifswald geboren.
Ja, wie habe ich auf diese Diagnose reagiert?
Natürlich mit Angst. Angst vor der OP, mehr noch vor den möglichen OP-Folgen. Es war ein Schock für mich, als der Neurochirurg im Vorgespräch sagte, ich müsse mit einer Zeit von einem halben Jahr rechnen, bis ich wieder arbeiten könne. Ich musste zwei Monate auf die OP warten, arbeitete weiter, hatte nur meinen Chef und natürlich meine Familie, aber keine anderen Menschen eingeweiht. Ich hatte Angst vor diesen mitleidvollen Blicken und Gedanken der Anderen.
Ich habe dann an meine Kinder gedacht. Unter Tränen habe ich irgendwie aufgeschrieben, wer sich um sie kümmern soll, falls ...
Ich hab an sonstwas gedacht - FÜR meine Kinder habe ich nicht aufgegeben. Sie waren 10, 12 und 14 Jahre alt.
Ja, hasi1111, natürlich ist es keine einfache Sache und die Ängste sind mehr als berechtigt. Natürlich musst Du weinen, wenn Dir danach ist. Das erleichtert ungemein! Spiele hier nicht die Starke Frau. Den Tränen folgt ein offenerer Blick, folgen klarere Gedanken, aber auch Fragen werden sich einstellen. Schreib sie auf. Suche Antworten, z.B. hier im Forum.
Beschäftige Dich mit dieser speziellen Thematik. Gerade Meningeom-Patienten gibt es hier viele. Viele können von einem Weiterleben nach OP-Folgen berichten, die man alle nicht haben möchte. Und doch überwinden sie sie, kämpfen dagegen an, leben trotz dieser Einschränkungen, gehen mitunter wieder arbeiten. Sollte Dich das Lesen aber eher herunterziehen, dann lass es lieber.
Da Du Deinem Arzt nicht so richtig folgen konntest, solltest Du vielleicht noch einmal zu ihm gehen. Sie werden für Dich da sein! In Greifswald gibt es, auch durch die hervorragende Universität, ausgezeichnete Spezialisten im Fachgebiet der Neurochirurgie. Und sie werden ihre Sache gut machen!
Ich habe mir, wenn es schlimm wurde, gesagt: "Ich mache meine Arbeit gut und die Ärzte werden ihre Arbeit auch gut machen." Das ist ein hohes Maß an Vertrauen, das man den Ärzten entgegenbringen muss. Aber sie haben es gelernt, haben viel Erfahrung und doch ist für sie jede OP neu, weil jeder Tumor anders ist. Es bleibt ihnen gar nichts anderes übrig, als mit besonderer Sorgfalt an jede derartige OP zu gehen. Auch an Deine!
Ich konnte mit meinen Kindern nicht darüber sprechen, meine Angst war zu groß, ich wusste nicht, wie ich es ihnen hätte sagen können. Andere hier sind offener auch mit jüngeren Kindern damit umgegangen. Wichtig aber ist, dass man jemanden hat, an dessen Schulter man sich ausweinen und mit ihm reden kann.
Wichtig gegen die Angst kann auch sein, dass Du Dir für die verbleibenden vier Wochen etwas Schönes überlegst, planst. Kino, Museum, Baden, Einkaufsbummel, nach Wieck rausfahren, mit einem Schiff eine Boddentour machen, auf den Kirchturm steigen und sich über die wundervolle Aussicht freuen ... und bei allem lässt Du Dir etwas übrig für DANACH. Den Film aus der Vorwerbung, einen Teil eines Museums, eine neue Badestelle, Sachen, die Du später kaufen willst, etwas, was Du vom Kirchturm aus in der Ferne siehst und danach besuchen möchtest. Merk Dir diese schönen Sachen und freue Dich darauf, sie später wieder, anders und neu erleben zu werden.
Du hast auch das Recht, Deine Wut über diesen Feind in Deinem Kopf rauszulassen. Der will Dich zerstören. Es mag Lieder geben, die Du magst, die Dir in dieser Wut helfen, die Dich die Wut laut rausschreien lassen. Auch das kann sehr befreiend sein. Ich habe mir damals immer wieder Lieder von Herman van Veen angehört - traurige, nachdenkliche, lustige, alberne. Auch Gerhard Gundermann singt so passend vom Leben.
Auch wegrennen kann man dieser Wut und der Angst. Mach den Sport, den Du magst, bis an die Leistungsgrenze!
Letztendlich wirst Du zu einer gewissen Ruhe für die OP finden.
Ich wünsche es Dir sehr, dass es Dir gelingen wird, in den folgenden Septemberwochen der Angst und Wut viel entgegenzusetzen.
Liebe Grüße
KaSy