Sonstiges zum Thema Hirntumor > Psychologische Betreuung
Etwa 3 Wochen nach OP (Astro III) Derealisation oder Ähnliches
Der_Chris87:
Hallo zusammen vor etwa 4 Wochen wurde ich wegen einem Hirntumor operiert (rechtstemporal). Eine Woche später kam dann der Befund. Anaplastisches Astrozytom WHO III. Dazu habe ich hier auch schon einen Thread: http://www.hirntumor.de/forum/index.php/topic,7538.0.html
Ich bin mit der Diagnose immer recht gut umgegangen und war auch immer sehr optimistisch. Bin es eigentlich jetzt auch noch. Aber seit etwa einer Woche habe ich ein ganz anderes Problem:
Ich habe irgendwie das Gefühl als ob sich alles fremd, unwirklich oder traumartig anfühlt. Ich bin zum Beispiel zu hause und es fühlt sich alles nicht mehr vertraut an. Natürlich weis ich, dass es mein zu Hause ist, aber die Vertrautheit fehlt. Auch wenn ich mich mit meiner Freundin treffe fühlt es sich irgendwie komisch an. Aber bevor ich hier weiterschreibe sollte ich lieber mit etwas anderem anfangen.
Vor etwa einem Jahr gab es einen Vorfall mit meiner Frau, der mich wirklich fertig gemacht hat. Sie war immer mein Lebensinhalt (seit ich 16 war). Ich habe mich immer darauf konzentriert, dass ich bei ihr sein konnte, was nicht einfach war, da sie in Süd Amerika gelebt hat. Ich war mal 3 Wochen da, sie war mal 3 Monate hier und ich war mal ein Jahr da. Nach 5 Jahren haben wir dann geheiratet und sie war immernoch mein Lebensinhalt. Aber leider ist sie mir nach etwa einem Jahr fremdgegangen und hat sich auch in diesen Mann verliebt. Ich habe damals gelitten wie ein Hund. ich habe gezittert und geheult. Ich war echt fertig, was ich gar nicht von mir kannte. Später hat es sich gelegt und wir haben es noch einmal versucht und hatten noch ein schönes Jahr zusammen. Aber irgendwie hat der andere Typ sich wieder gemeldet und ich war echt sauer und habe sie gehen lassen. Also gar nicht mehr versucht die Beziehung zu retten. Wir sind nun also twa ein halbes Jahr getrennt und haben beide eine neue Beziehung und noch guten Kontakt zueinander.
Soviel zur Vorgeschichte, die vielleicht etwas mit meiner Derealisation (?) zu tun hat.
Also wie gesagt, war die OP vor etwa 4 Wochen und die Diagnose vor etwa 3 Wochen. Alles lief eigentlich super. Ich hatte keinerlei neurologische Ausfälle und es ging mir recht schnell wieder gut.
Aber letzte Woche hat es aber mit dieser Derealisation (falls es sowas ist) angefangen.
Eine meiner Vermutungen ist folgendes: Zur selben Jahreszeit wie jetzt war der Vorfall mit meiner Frau. Durch das Wetter, die Luft und halt die ganze Atmosphäre kommt unterbewusst alles wieder hoch. Hinzu kommt noch, dass ich nun fast den ganzen Tag alleine in der Wohnung hocke, wo wir über 2 Jahre zusammen gewohnt haben und die wir zusammen renoviert haben. Vor der trennung habe ich auch immer gesagt, dass es in meinem Leben nur 2 wichtige Sachen gibt: Meine Frau und mein Sport. Wo die Frau weg war hatte ich ja immernoch meinen Sport und konnte mich darauf konzentrieren. Nun nach der OP darf ich nicht arbeiten und keinen Sport treiben und die Frau ist natürlich auch noch weg. Kann es vielleicht sein, dass es bei meiner derealisierung gar nicht um den Tumor geht, sondern eher um den Vorfall mit meiner Frau? Im Thread zur Posttraumatischen Belastungsstörung habe ich etwas davon gelesen, dass es auftreten kann, wenn man an ein traumatisches Ereignis erinnert wird, wie z.B durch einen Jahrestag. Da nun die Selbe Jahreszeit ist und ich zudem noch allein in UNSERER Wohnung rumsitze könnte es ja dadurch kommen.
Außerdem muss ich noch sagen, dass ich mich zur Zeit nur schlecht konzentrieren kann, was aber dnke ich "normal" ist wenn man neben sich steht. Erinnerungen sind aauch irgendwie komisch. Ich kann mich zwar an so ziemlich alles erinnern, aber es fühlt sich an, als ob es sich hinter einem Nebel befindet. Ich finde die Erinnerungen zwar, aber ich muss halt erst durch diesn Nebel.
Müde bin ich auch recht häufig, was ich aber auf die Inaktivität schiebe.
So jetzt habe ich wohl erstmal genug geschrieben. Kennt jemand solche Gefühle? Ist zur Zeit einfach alles zusammengekommen und es ist "nur" meine Psyche oder liegt es wohl doch an den Nachwirkungen der OP oder des Tumors. Ich habe ja schon öfters was von Wesensveränderung gelesen, aber alle die ich gefragt habe meinten ich wäre noch der selbe, nur halt leichte verständliche Änderungen wegen der Diagnose und so.
Hoffe mir kann hier jemand schonmal helfen, da mich das mehr fertig macht, als die Diagnose, die ich bekommen habe. Natürlich werde ich es auch nächste Woche mit meinen Äruten besprechen, abr bis dahin erhoffe ich mir hier Hilfe.
Der_Chris87:
So jetzt bin ich mal auf die Winterdepression gestoßen. www.psychosoziale-gesundhdepression.html
Da ich ja nun echt viel Zeit zu Hause alleine verbringe habe ich ja mehr als genug Tageslicht- und Bewegungsmangel. Also die Ursache könnte ja schonmal hinhauen.
Hinzu kommen viele Symptome, die ich ja auch habe. Appetitlosigkeit, Antriebslosigkeit, Depressionen (hauptsächlich wegen meiner Frau), Konzentrationsstörung, Müdigkeit. Hinzu kommen noch Symptome, die mir erst gar nicht so bewusst waren, wie Hitzewallungen/Kälteschauer und Herzjagen. Diese Sachen kamen zwar eher seltener vor, aber da sie bei den Symptomen dabeistanden bin ich darauf aufmerksam geworden.
Hinzu kommen zu dieser Winterdepression wohl noch die Diagnose, das Alleinsein und die Sache mit meiner Frau. Und natürlich vielleicht noch Nachwirkungen von der OP.
Was meint ihr zu meiner Theorie?
Iwana:
Hallo Chris
Bei meiner Ausbildung zur Psychiatrieschwester haben wir alle Diagnosen durchgenommen und bei jeder Diagnose erkennt man sich selber bei ein paar Symptomen. Dass du dich mit dir und deiner neuen Situation beschäftigst finde ich toll... würde aber nicht bei Krankheiten suchen sondern dir überlegen was dir gut tut. Ev. findest du dann einen Kurs oder so der dich aufbaut und auch von deiner ERkrankung ablenkt. Man kann sich nicht 24 Stunden mit seiner Erkrankung beschäftigen, so wie man auch nicht auf Dauer 24h arbeiten kann...
War gerade gestern in einem Konzert von einem Freund der Saxophon spielt. Er hat mit einer Band eine tolle Leistung gezeigt. War ganz erstaunt dass er so gut ist, obwol er noch nicht so lange spielt. Er hat mir dann erzählt dass er wegen mir angefangen hat mit spielen. Ich wurde krank und dies hat ihm bewusst gemacht dass man Träume nicht auf die lange Bank schieben sollte und so hat er seinen Traum früher in Angriff genommen und spielt jetzt nach 3 Jahren schon so gut mit freier Improvisation etc.
Es müssen nicht immer Riesen Träume sein, auch kleine Ziele zu erreichen sind sehr bedeutend... (hätte ich wohl Pfarrer werden sollen ;D)
So Predigmodus aus...
Der_Chris87:
Nun ja langsam glaube ich echt, dass die Depressionen tatsächlich hauptsächlich von meiner Trennung damals kommen. Auch fühle ich mich, wie auf einer emotionalen Zeitreise. Aber vor allem Gerüche irritieren mich. Das könnte vielleicht mit er OP zusammenhängen, weil das ja in der Nähe von dem war, was für Gerüche mitverantwortlich ist... Oder???
KaSy:
Lieber Chris,
wie Iwana habe ich auch das Gefühl, dass Du Dir zu Deinen zwei-drei oder mehr Symptomen die passende zusätzliche Krankheit heraussuchen willst. Du beschäftigst Dich sehr viel mit Dir. Ist ja auch logisch, wenn die Frau, der Sport und die Arbeit fehlen.
Eine Hirntumor-OP steckt man nicht so leicht weg!
Die körperlichen Schmerzen sind vielleicht weg und Du merkst nur noch, dass sich Dein Geruchssinn ein wenig geändert hat, aber das scheint Dich nicht sehr zu belasten.
Du denkst, dass eigentlich das alles vorbei sei und Deine Freunde sagen Dir auch, Dein Wesen habe sich nicht verändert, also suchst Du eine andere Ursache.
Du merkst Deine Wesensveränderung aber, wenn Du allein bist! Bei Deinen Freunden bist Du wie immer. Aber zu Hause fehlt Dir so viel! Und da stellst Du Dir und hier Deine vielen Fragen - das ist wirklich gut. Aber es geht immer im Kreis um die Krankheit.
Such Dir etwas, was die Löcher in Deinem Leben wenigstens etwas füllen kann. Such Dir Schönes zum Anschauen in der Natur. Schau, ob es zu Hause irgendwelche liegengebliebenen Sachen gibt, die Du ordnen, reparieren, gestalten kannst. Lies oder höre Hörbücher und Musik, die Du je nach Stimmung magst. Geh in der Sonne (!) spazieren, besuche Freunde, durchforste Baumärkte oder die Musikabteilungen.
Vielleicht schreibst Du auch für Dich all das auf, was Dich bewegt, was Du fühlst. (Kannst ja was von Deinen Berichten hier nehmen.) Und dann wird sich im Laufe der Zeit zeigen, was besser wird, was gleich bleibt. Du wirst einen Fortschritt bemerken.
Natürlich ist nicht nur der Tumor Schuld, auch die kürzer werdenden Tage, die geringere Sonnenscheindauer, der Jahrestag der Trennung von Deiner Frau, Deine Erinnerung an sie durch die gleiche Wohnung, ... Aber es hat sich eben auch Dein gesamtes Leben durch die OP am Kopf (!) gravierend geändert.
Ich würde Iwanans Beispiel folgen und mir einen Psychotherapeuten suchen, der Dir helfen kann, das Durcheinander in Dir zu ordnen.
Ich selbst habe das auch getan und es war für mich sehr gut - ist es noch.
Mit Deiner Diagnose solltest Du es dringend machen und mit einer Überweisung vom Hausarzt zu einem Psychotherapeuten gehen. (Die Krankenkasse zahlte bei mir 5 Probe- und 25 weitere Termine. Das kann aber woanders anders sein.)
Versuche, aus Dir herauszukommen, Deine Krankheit gehört nun zwar irgenwie zu Dir, aber sie hat doch keine Macht über Dich! Lass das bloß nicht zu!
Gruß
KaSy
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