Liebe maraliflo,
was ein Konvexitätsmeningeom ist, beschrieb probastel in der Antwort #3 in diesem Thread.
Du fragst, wieso man eine Reha braucht. Ja, all unsere Erfahrungen hier sagen, dass eine Reha im Anschluss (Abstand maximal 14 Tage) an die OP sehr gut ist und man ohne Reha sehr viel länger benötigt, um wieder fit zu werden und auch, um diesen Eingriff und die damit zusammenhängenden Erlebnisse und Empfindungen zu verarbeiten.
Du magst Dich nach der OP stark und belastbar fühlen und vielleicht scheinen Deine Ängste auch weg zu sein. Vielleicht bist Du wirklich ein paar Tage, nachdem Du operiert wurdest und nach Hause gehst, wieder voller Kraft und Mut, um zu Hause wie vorher den Haushalt zu meistern und Deinen Kindern gerecht zu werden.
Das habe ich hier im Forum aber nur von einem Menschen unter den über 1000 Mitgliedern gehört, und auch der - Probastel - stellte eine bedeutende Abnahme seiner sportlichen Fähigkeiten fest und es war ihm schwerer gefallen als gedacht, in seiner Arbeit die gleiche Leistung wie vor der OP ohne Erschöpfung zu erbringen.
Du bist sicher sehr stark und belastbar, wenn Du eine so große Familie zu betreuen und zu versorgen hast, jedem seine spezielle Portion Hilfe und Liebe zuteil werden lässt und Dich dabei nicht aus den Augen verlierst.
Aber eine solche OP am Kopf, nahe dem Gehirn, ist eine enorme Belastung für den gesamten Körper. Was Du jetzt locker an Einkäufen nach Hause trägst und in die Schränke verteilst, wird Dir verdammt schwer fallen, weil Deine Kräfte noch gar nicht wieder da sein werden.
Wo Du jetzt problemlos über die Hausaufgaben der Mittleren schaust und ihnen diese oder jene Hinweise gibst, wirst Du merken, dass Deine Konzentration sich erst wieder aufbauen muss.
Wenn Du jetzt die Lautstärke Deiner Kleinen als Zukunftsmusik verträgst und dabei locker und ruhig bleibst, wird Dich dieser Krach nerven und womöglich wirst Du Deine Kinder ungerecht behandeln oder sie gar anschreien, weil Du viel weniger belastbar bist.
Und wenn sich Dein Großer auf die Prüfungen vorbereiten soll und doch einmal etwas später nach Hause kommen wird, wirst Du rascher geneigt sein, ihm sein künftiges Scheitern auszumalen, weil ja auch Du unter dem Druck seines Schulabschlusses stehst.
Abends wie gewohnt die Letzte und morgens die Erste - Du wirst mehr Ruhezeit benötigen, Dein Körper wird sich den Schlaf nehmen, den Du ihm nicht gönnen kannst. Oder er wird sich auf andere Weisen "beschweren", mit Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Juckreiz, ... irgendwo sucht er sich etwas, um auf seinen Bedarf hinzuweisen.
Ganz nebenbei willst Du auch noch die OP, die Ängste, die erlebten OP-Vorbereitungen, die Schmerzen danach oder Narkosefolgen, die ersten Gangunsicherheiten, die Arztbesuche danach, die erforderlichen Kontrollen für mehrere Jahre verarbeiten.
Das ist wirklich viel!
Ich kann nur sagen, wie sehr ich darunter gelitten habe, meinen Freunden wehgetan zu haben, einfach weil ich mich bei ihnen nicht mehr so unter Kontrolle hatte, wie bei sonstigen Kollegen und anderen Personen. Ich war fix und fertig, als ich für mich so ungewohnt schnell bei meinen Kindern ausgerastet bin, weil ich empfindlicher geworden war. Es kann passieren, dass Du Monate und Jahre brauchst, um wieder so zu werden wie früher, wenn Du Dir diese drei/vier Wochen für Dich nicht nimmst.
Es muss nicht so extrem sein, aber ich lese hier immer wieder davon, wie lange die Betroffenen nach der OP mit den physischen Folgen, aber auch den Erinnerungen, dem Anderswerden durch diese Erfahrung zu tun haben, wie alles wieder hoch kommt, vor allem die Angst, wenn die Kontroll-MRT nach drei / sechs / später 12 Monaten anstehen. Das geht nicht so locker durch. Auch wenn ich es Dir von ganzem Herzen wünsche.
Nimm Dir die Zeit, in der Reha körperlich wieder aufgebaut zu werden, lass Dich mit Massagen und Bädern verwöhnen, genieße die Freude in Sportgruppen, nutze die Möglichkeit der Verarbeitung der Diagnose und der Therapie mit den angebotenen Möglichkeiten, selbst kreativ aktiv zu werden - ob mit Tanz, Musik, Malen, gestalten, ... Geh zu den abendlichen kulturellen Angeboten, saug die schönen dort veranstalteten Erlebnisse in Dich auf. Und nimm die Möglichkeit der psychischen Betreuung wahr. So viel Zeit für Dich wirst Du kaum je wieder bekommen. Du wirst den Zeitplan der Reha als anstrengend empfinden und danach zu Hause merken, wie abgeschirmt und geschützt Du dort warst. Aber Du wirst gestärkter sein als nach der OP, besser gewappnet für Deinen Alltag.
Gehst Du auch arbeiten? Wenn ja, dann fang ja nicht zu früh an.
Wenn Du nun geschrieben hast, dass all deine Verwandten so weit weg wohnen und Du keine Lösung siehst, dann frag sie doch nochmal. Schau Dich auch in Deiner Nachbarschaft oder den Familien der anderen Kinder um, die so kleine Kinder haben. Eine Mutter kann auch mal krank werden. Und wer diese Diagnose hört, wird sie Ernst nehmen und sich freuen, wenn er etwas für Dich tun kann. Denn viele den Betroffenen Nahestehende haben arge Probleme damit, mit jemandem an einem Tumor im Kopf Erkrankten und erst Recht daran Operierten umzugehen. Hättest Du es locker genommen, wenn es Deine Freundin getroffen hätte? Wie wärst Du mit einer Nachbarin umgegangen, die eine Hirntumor-OP hinter sich hat?
Und wenn Du gar nichts für Deine Kinder weißt, frag den Hausarzt nach offiziellen Möglichkeiten und professionellen Beratern.
Ich würde mich natürlich unheimlich darüber freuen, wenn Du nach der OP und auch einige Wochen danach und ein halbes Jahr danach schreiben würdest - alles ok, ging locker durch, fühle mich froh wie zuvor. Aber ich fürchte, dass es unreal wäre, Dir eine solche Aussicht einzureden. Es geht bei Dir eben nicht nur um Dich, sondern auch um fünf Deiner Kinder! Du wirst das schaffen, wenn Du Dir jetzt für Dich Zeit nimmst. Du musst jetzt mal die Nummer 1 sein!
KaSy