Lieber Ependymom-Inhaber,
da bist Du ja wieder. Ja, die Bestrahlung des ganzen Kopfes kommt selten vor, aber Du hast Dir eben etwas besonders Seltenes "ausgesucht", wo keiner hier mitreden kann.
Ich selbst bin im Abstand von 11 Jahren zweimal in einem Linearbeschleuniger je sechs Wochen lang bestrahlt worden. Das erste Mal war es das vordere Drittel des Kopfes, ausgenommen die Seiten, mit Röntgenstrahlen. Das zweite Mal war es eine knapp 5 cm große Fläche rechts mit Photonen. Beide Male mussten die Strahlen nicht sehr tief eindringen, wodurch ein dauerhafter Haarverlust resultierte. Die Strahlendosis betrug jeweils bis 60 Gy.
Während der Bestrahlungen habe ich vermehrte Müdigkeit empfunden. Die körperliche Belastbarkeit nahm ab. Schließlich war das Gehirn ja sehr aktiv am Arbeiten.
Im Nachhinein habe ich kognitive Einschränkungen gehabt: Probleme mit der Konzentration, der Aufmerksamkeit, dem Kurzzeitgedächtnis.
Es hat nach dem ersten Mal Jahre gedauert, ehe diese nicht sehr starken Einschränkungen durch Üben und mit Hilfen (Merkzettel, ...) wieder normalisiert waren. Allerdings hatte ich auch psychische Probleme entwickelt, die auch nicht besonders gravierend waren, mich aber dennoch auch einige Jahre beschäftigten.
Nach der zweiten Bestrahlung, aber auch der fünften Kopf-OP im Sommer 2011, habe ich die gleichen kognitiven Einschränkungen, allerdings scheint es mir mehr zu sein als damals. Hinzu kommen Wortfindungsstörungen. Die Psyche war diesmal weniger angegriffen, allerdings bin ich seit 2004 in psychotherapeutischer Betreuung und werde seit 2008 auch medikamentös therapiert.
Du scheinst 6 Bestrahlungswochen mit 30 Terminen hinter Dir zu haben. Wenn Du bis jetzt nicht mehr gemerkt hast als die Schlappheit und leichte Übelkeit/Schwindelgefühl, dann sollte körperlich nicht unbedingt mehr Schlimmes zu erwarten sein.
Die Dosis von 40 Gy für den ganzen Kopf und Spinalkanal ist wohl bedeutend, es sollen ja viele, aber kleinere Tumore bestrahlt und dadurch ihre wichtigsten Bestandteile unschädlich gemacht werden, so dass sie an ihrer weiteren Teilung gehindert werden.
Wenn Du das Wort "Toxizität" verwendest, scheinst Du tatsächlich Zweifel verschiedener Art zu haben. Toxisch sollen die Strahlen auf die Zellen wirken, die sich schneller teilen als die gesunden Zellen. Sie sollen während der Teilung des Zellkerns erwischt werden, wo sie besonders anfällig sind. Dazu benötigt man diesen längeren Zeitraum.
Wegen der möglichen Langzeitfolgen bist Du ja wie jeder Strahlenpatient anschließend 5 Jahre in strahlentherapeutischer Nachsorge. So kann bei stärkeren Einschränkungen oder belastenden Folgen mit dem Versuch von anderen Therapien reagiert werden.
Sieh die Strahlenbehandlung als Hilfe an.
Wer weiß, wie lange Du bei dieser Vielzahl von Tumoren noch ein lebenswertes Leben gehabt hättest. Zur Zeit geht es Dir weitgehend gut, also sieh nach vorn und zwar optimistisch!
Es ist nun mal eine schwere Erkrankung, für die niemand etwas kann.
Aber die Ärzte sind so intensiv am Forschen gerade auch in diesem Bereich, dass sie bereits viele Leben retten oder verlängern konnten, die noch vor zehn/zwanzig Jahren keine Chance gehabt hätten.
Auch die Bestrahlungen sind deutlich verträglicher geworden.
Ich wünsche Dir die Kraft, um die weiteren zehn Bestrahlungen durchzustehen, danach ausreichend Zeit zur Erholung, bis Du nach einigen Monaten sogar wieder an ein normales Leben mit Arbeit und weniger Arztterminen denken wirst.
Alles Gute
KaSy