Liebe enie_ledam,
ich versuchs mal, Dir einen vernünftigen Rat zu geben, oder zwei, drei ...
Für die Wiedereingliederung ist Dein Hausarzt zuständig, der hat auch die entsprechenden Formulare, denn er muss Dich ja weiter arbeitsunfähig schreiben und mit Dir immer absprechen, ob Du mit dem jeweiligen Stundenumfang klar kommst oder doch etwas weniger arbeiten solltest. Er muss auch entscheiden, falls die Wiedereingliederung abzubrechen ist, bzw. auf später verschoben werden soll.
All diese Möglichkeiten bestehen! Du musst Dein Stufenprogramm nicht so durchziehen, wenn es Dir zuviel wird! Und zuviel heißt, dass Du nach den geleisteten Stunden wirklich noch genug Kraft und Freude für die Freizeit hast und nicht total geschafft ins Bett fällst! Damit könntest Du Dir längerfristige Probleme bereiten.
Blödsinnigerweise spreche ich aus Erfahrung. Ich habe nach einer meiner HT-OP zu früh und zu rasch wieder in den Beruf gesollt und gewollt und die Zeit verpasst, wo ich hätte abbrechen sollen. Es hat meine Psyche sehr beeinträchtigt.
Das vom Arzt ausgefüllte Formular ist vierfach vorhanden. Eins bleibt beim Arzt, eins bekommst Du und die anderen zwei bringst/schickst Du zu Deiner Krankenkasse und zu Deinem Arbeitgeber. Mit dem musst Du natürlich die schrittweise Arbeitsaufnahme und -steigerung absprechen inklusive der Möglichkeiten, weniger schnell zu steigern.
Währenddessen bleibst Du krankgeschrieben, erhältst entweder Krankengeld oder Geld vom Arbeitgeber. Das spricht Dein Arbeitgeber mit der Krankenkasse ab.
Eine Reha solltest Du keinesfalls ablehnen!!
Du schreibst selbst, welche Einschränkungen Du noch hast. Anderen geht es nur scheinbar schlechter als Dir. Du siehst sie im Rollstuhl, an Krücken, weißt vielleicht hier aus dem Forum, welche Probleme sie durch die Hirntumore und deren Therapien haben. Öffentlich tragen HT-Patienten das alles nicht vor sich her! Ich habe Hirntumorkongresse erlebt, wo man von den 100-200 Teilnehmern nur ganz vereinzelt gesehen hat, wer Patient ist. Das ist ja unser Problem. Unsere "Leiden", Einschränkungen, Belastungsschwierigkeiten und und und ... sieht man uns nicht an, wir haben sie aber in dieser oder jener Art und Ausgeprägtheit!
Ich spreche auch hier nicht nur aus Forums-, sondern aus eigener Erfahrung. Immer wieder habe ich gedacht, mir geht es doch gut. Ich hatte Glück. Anderen geht es so viel schlechter. Ich kann immer wieder arbeiten und das gelingt mir sogar besser. Ich kann sogar mit den schwierigen Kindern (bin Lehrerin) viel besser umgehen seit diesen Operationen und den psychischen Sorgen.
Tja - fetter Denkfehler.
Ich habe nicht gemerkt, wie sehr ich an und über mein Grenzen ging. Ich habe es nicht gemerkt! Ich habe mich sogar im Urlaub wie blöd überfordert! Habe für mich abgerechnet (schön dumm), was ich alles angeguckt habe und, als wenn diese Aktivitäten nicht schon mehr als genug gewesen wären, hab ich mich abend auch noch hingesetzt, um das alles aufzuschreiben. Das waren wirklich sehr schöne Berichte, die da rausgekommen sind und ich habe es gern gemacht und sie zu Weihnachten oder Geburtstagen verschenkt. Dass ich dabei auf der Strecke blieb - da musste mich erst meine Hausärztin, zu der ich fix und foxi und völlig fertig (und heulend) ging, aus der Arbeit "rausprügeln" und das auch noch für mehrere Wochen! Häh? Wegen Überlastung? Ich doch nicht!
Den Rest erspar ich Dir, ich will ja, dass Du nicht so weit kommst.
Nimm unbedingt das Reha-Angebot an. Du nimmst niemandem einen Platz weg!! Wer ist denn wohl schlimmer dran, als jemand, dem ein Riesending aus dem Kopf geholt wurde?! Du hast jetzt Zeit zum Regenerieren gehabt, schätzt aber selbst ein, dass Du für die Arbeit noch nicht so richtig gesund bist. Das, was Du beschreibst, sagt es aus. Es gibt übrigens Leute, die wegen dauernder Arbeitsunfähigkeit zur Reha gezwungen werden, weil sie sonst keine sozialen Leistungen erhalten. Die wissen, dass die Reha sie nicht gesünder macht. Es sind diese Sozialstellen, die mit diesen nicht heilbaren Patienten die Reha-Plätze unnötig belegen, NICHT DU !!
In der Reha wirst Du körperlich UND psychisch gefordert und Dir wird damit Gelegenheit gegeben, Dich unter geschützten Bedingungen in beiden Richtungen zu erproben. Du wirst auch verwöhnt - mit Bädern, Massagen, Kultur, weil Du es brauchst. Auch wenn Du denken magst - ich brauch doch keine Massagen und Bäder. (Ich war in meiner ersten Reha mit 37 J. so naiv und der Arztneuling hat sie mir leider nicht eingeredet.) Dafür habe ich die kostenlosen Kulturangebote intensiv genutzt, auch Beschäftigungsangebote. wie Töpfern, Seidenmalen, ...
Ganz wichtig für Dich ist aber die Belastungserprobung, sportlich und psychisch. Sportlich kriegst Du viele Möglichkeiten geboten, für die Du zuhause bezahlen müsstest. (Fitnesgeräte, Schwimmhalle, Kurse zum Erlernen bestimmter Sachen.) Für Deine geschockte Psyche (Glaub es mir, die hat ganz schön was mitgemacht.) gibt es Einzel- und Gruppengespräche, die sehr viel helfen können, WENN MAN SICH DRAUF EINLÄSST. Das ist zunächst schwer, aber sei mutig und rede über Dich. Dort kannst Du es! Später müsstest Du bei dir bewusst werdendem Bedarf einen Psychotherapeuten suchen, denn UNS verstehen die Freunde und Verwandten bei ihrem besten Willen nicht so richtig. Schließlich sehen wir gesund aus. (Mein Psychotherapeut erklärt auf seinem Anrufbeantworter, dass er Neupatienten im Februar 2013 annehmen kann, und das ist leider üblich!)
Du hast aber natürlich den sehr großen Vorteil, sehr jung zu sein. (Meine drei Kinder sind etwas älter als Du.) Da hast Du viele Kräfte, viel Optimismus, viel Zukunft und damit den unbedingten Willen, das Leben zu leben und maximal zu nutzen. Geh es jetzt langsam und vernünftig an, dann liegen Jahrzehnte voller Erfüllung vor Dir!
Geld kostet eine Reha eher nicht. Du zahlst 10 Euro pro Tag. Das wars. Du hast dafür dort Vollverpflegung, die sportlichen und kulturellen Angebote gratis. Beim Freizeit-Töpfern oder solchen Sachen kostet es etwas, wenn Du für Dich etwas mit Materialien gestalten möchtest. Ich habe es getan und war noch Jahre später sehr stolz darauf, was mir dort gelungen ist. Meist hat man zu Hause derartige Möglichkeiten nicht so und schon gar nicht in dieser Vielfalt.
Die Fahrkosten bekommst Du auch erstattet!
Nun ja, für so Extras wie nen Kaffee am Nachmittag oder ´n Eis brauchst Du Geld, aber das würdest Du zu Hause auch ausgeben. Nur, in der Reha wird Dir vieles geboten, aber keine Zeit, jedenfalls nicht, um Dich in Unkosten stürzen zu können.
Und wegen der Oma-Reha - da schau mal in die Reha-Erfahrungsberichte. Ich selbst war 2 mal in einer Einrichtung, wo sich auch mehrere sehr junge Menschen aufhalten mussten, die zueinander einen besseren Kontakt hatten als mit "uns Omas". Auch wenn sie mitunter ganz gern unsere Erfahrungen und Ratschläge wahrgenommen und vielleicht sogar umgesetzt haben. Es ist durchaus möglich, in der vorgesehenen Reha-Klinik zu erfragen, ob zu der Zeit, wenn Du dort sein wirst, mehrere junge Leute dort sind. Das ist unterschiedlich und ich denke, Du wirst dort auf Verständnis stoßen, dass Dir das wichtig ist. Denn es ist nicht im Sinne Deiner "Genesung" (fand grad kein passenderes Wort), wenn Du Dich wegen der Altersstruktur ungern dort aufhältst.
Nu is aber jenuch geredet.
Entscheide vernünftig - ich weiß ja, leicht gesagt von ´ner Oma. Du willst wie meine Kids aus den eigenen Fehlern lernen. Ist auch gut so. Aber nicht in diesem Falle. Da kannste ruhig aus meinen Fehlern lernen. Ich präsentiere sie Dir gern.
Hab ich früher nie nie nie gedacht, dass ich mal meine Fehler präsentieren würde.
Liebe Grüße
KaSy