Hallo zusammen,
seit gut einem halben Jahr bin ich stille Leserin dieses Forums.
Es hat mir in dieser Zeit sehr oft weitergeholfen.Nun stelle ich die Geschichte meines Schwiegervaters vor, auch wenn diese leider nicht so positiv verlaufen ist.
Aber vielleicht können meine Erfahrungenen auch jemand anderem helfen.
Es begann Anfang März dieses Jahres. Mein Schwiegervater ( 73 Jahre ) war ein kerngesunder Mann. Es fiel uns zwar auf, dass er öfters mal Sachen suchte oder in Gesprächen häufiger nachfragte, aber wir schoben das auf das Alter. An einem Tag ging es Ihm plötzlich sehr schlecht, so dass wir den Krankenwagen riefen. Mein Schwiegervater wurde mit Verdacht auf Schlaganfall in ein Kreiskrankenhaus eingeliefert. Dort erfuhren wir ziemlich schnell, dass dort was wächst, was da nicht hingehört. Nach 2 Tagen wurde uns die Verdachtsdiagnose Glioblastom mitgeteilt. Da ich früher beruflich mit Gehirntumoren zu tun hatte, war mir die Prognose der Erkrankung direkt klar.
Er blieb 10 Tage in diesem Krankenhaus, konnte 4 Tage nach Hause und kam dann in die Uniklinik Bonn. Dort wurde er am 20. März operiert. die Operation verlief erfolgreich. Es konnten ca. 85 % des Tumors entfernt werden, mein Schwiegervater lief 2 Tage nach der OP schon auf der Station umher. Sein Kurzzeitgedächnis war zwar noch schlechter als vor der OP, und auch sein Gesichtsfeld war eingeschränkt, aber alles Einschränkungen mit denen wir und auch er leben konnten. Die pathologische Untersuchung bestätigte zwar die Diagnose Glioblastom, aber trotz allem wollten wir kämpfen.
Mein Schwiegervater war nicht sehr hoffnungsvoll, aber wir redeten ihm zu, dass sich dieser Kampf lohnen würde, auch wenn es sehr schwer sein würde.
Der Plan der Ärzte war zu schauen, ob mein Schwiegervater in die GLARIUS - Studie aufgenommen werden könnte. Sollte dies nicht gehen, bekäme er die Standardtherapie.
Mein Schwiegervater willigte dem zu.
Er wurde am 28.3 März aus der Klinik entlassen. Am Entlasstag fiel mir die gelbe Gesichtsfarbe meines Schwiegervaters auf. Den Arzt darauf angesprochen, meinte er, dass dies noch eine Reaktion auf die Medikamente sei, man solle es weiter beobachten.
Am nächsten Tag ging es meinem Schwiegervater sehr schlecht. Er war sehr matt, hatte keinen Appetit und war am ganzen Körper gelb. Der herbei gerufene Hausarzt wollte kein Risiko eingehen und wies ihn in ein Krankenhaus ein. Er kam auf die Beobachtungsstation, wo der Verdacht auf eine Bauchspeicheldrüsenentzündung gestellt wurde. Die Therapie schlug an, mein Schwiegervater erholte sich langsam, wurde auf die Innere verlegt.
Mittlerweile wußten wir, dass er geeignet für die GLARIUS - Studie sei, wenn er die Voraussetzungen einhalten könnte. Eine davon war, dass innerhalb von 5 Wochen nach OP mit der Bestrahlung begonnen werden müßte. Noch lagen wir im Zeitrahmen, und hofften , dass er sich weiter erholen würde und endlich aus dem Krankenhaus käme.
An Karfreitag ( 6. April ) war uns klar, dass es mit der Studie nichts würde, da mein Schwiegervater plötzlich anfing hoch zu fiebern. Er bekam zwar Antibiotika und die Ärzte hielten auch Rücksprache mit den Neurochirurgen, aber die Ursache für das Fieber wurde nicht gefunden. Innerhalb von 2 Tagen wurde mein Schwiegervater zum Pflegefall. Dann doch wieder Hoffnung: die Therapie schlug an, das Fieber ging runter, mein Schwiegervater wieder ansprechbarer.
Den Mittwoch nach Ostern ( 11.4. )besuchte mein Mann seinen Vater vormittags im Krankenhaus. Es ging ihm merklich besser, er aß sogar eine Scheibe Brot. Mein Mann hatte aber ein komisches Gefühl, und so fuhren wir nochmal abends in die Klinik.
Mein Schwiegervater schlief. Als wir ihn zum Essen wecken wollten, merkten wir, dass er wieder Fieber hatte. Die herbei gerufene Ärztin zögerte nicht lange und ließ ihn direkt in die Uniklinik bringen.
Wir fuhren auch dorthin. Der diensthabende Arzt schaute kurz auf die OP -Wunde, und teilte uns mit, dass mein Schwiegervater notoperiert werden müßte, da eine Wundheilungsstörung vorläge. Wir stimmten der OP mit ungutem Gefühl zu.
Die OP verlief gut. Man fand den Bakterienherd, aber es mußte ein Stück Knochen entfernt werden ( was ja nicht weiter tragisch war ).
Allerdings war mein Schwiegervater nach der OP nicht mehr richtig ansprechbar.
Er lag 9 Tage auf Intensivstation. Unser anfänglicher Optimismus war dahin.
Mein Schwiegervaterr kam dann auf die Normalstation der Neurochirurgie, aber er schlief fast den ganzen Tag. Selbstständiges essen fester Nahrung ging gar nicht mehr, wir waren froh, wenn er ein paar Löffel Joghurt oder Suppe aß.
Die Ärzte konnten sich die große Müdigkeit nicht erklären, schoben es aber auf Infekt und seine allergische Reaktion auf die Narkosemittel ( das war wohl der Grund für die Bauchspeicheldrüsenentzündung ).
Geplant wurde, dass mein Schwiegervater, wenn er wieder einigermaßen bei Kräften wäre, zur Reha sollte und dort dann auch mit der Chemo begonnen werde sollte. Eine Bestrahlung kam wegen dem Allgemeinzustandes meines Schwiegervaters nicht mehr in Frage.
Da für die Zukunft geplant wurde, hatten wir wieder ein wenig Hoffnung. Diese zerschlug sich allerdings sehr schnell .
Mein Schwiegervater wurde intravenös ernährt damit er zu Kräften kam. Dies schien auch zu funktionien, da er etwas wacher wurde. Allerdings konnte er plötzlich innerhalb eines Tages seine rechte Seite nicht mehr bewegen. Das war am 27. April. Es wurde ein MRT gemacht, das Ergebnis konnte uns aber noch nicht mitgeteilt werden. Am 28. April ging es meinem Schwiegervater erstaunlich gut. Wir erfuhren vom Pflegepersonal, dass er nun wieder Cortison bekäme. Darauf hin meinten wir, ob der Tumor wieder gewachsen sei. Das konnte uns aber keiner sagen, weil die Bilder vom MRT noch nicht ausgewertet wären.
5 Tagen nach dem MRT, erfuhren wir erst auf massivem Druck, dass der Tumor wieder gewachsen sei. Wir sollten überlegen, ob wir noch eine Chemo versuchen wollen.
Nachdem noch ein paar Untersuchungen gemacht worden waren, und wir wussten, dass im Hirnwasser noch keine Tumorzellen waren, wollten wir die Option der Chemo doch versuchen. Hätte er zu sehr unter den Nebenwirkungen zu leiden gehabt, hätte man die Chemo immer noch abbrechen können. So wurde weiter geplant. Es ging ihm den Umständen entsprechen gut. Mein Schwiegervater saß sogar mal für ein paar Minuten.
Am 7. Mai sollte er zur Reha, und dann schnellst möglich mit der Chemo beginnen.
Als ich am 6. Mai in die Klinik kam, hatte sich der Zustand dramatisch verschlechtert.
Er wurde an diesem Tag auf die Intensivstation verlegt, weil eine Niere ausgefallen war.
Einen Tag später wurden wir gefragt, ob noch weitere Maßnahmen versucht werden sollen. Wir lehnten ab. Am 8. Mai verstarb er friedlich.
Zu Beginn der Erkrankung habe ich gewußt, dass es ein schwerer Weg sein würde, den wir gehen müssen. Aber ich wußte nicht, dass er so schwer und so kurz sein würde.
Ich wünsche allen Betroffenen und Angehörigen viel Kraft bei diesem schweren Weg.