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Autor Thema: Fall 39-- Vorstellung (Betroffener)  (Gelesen 11944 mal)

Offline Fall39

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Fall 39-- Vorstellung (Betroffener)
« am: 26. September 2012, 10:26:50 »
Hallo zusammen, meine Geschichte...

im Frühjahr 2010 hatte ich oft ein "Kribbelgefühl" im linken Bein - nichts besonderes dachte ich zu Beginn aber als es nicht stoppte ging ich zu meiner Hausärztin. Ich dachte es hat evtl. etwas mit der Durchblutung zu tun. Das hat sie gleich ausgeschlossen weil ich dazu viel zu jung sei ( damals 26 ). Ich bin beruflich sehr viel unterwegs und ansonsten am Schreibtisch also war ihr Verdacht im schlimmsten Fall ein leichter Bandscheibenvorfall. Dies konnte aber nur eine Neurologin feststellen also habe ich dort einen Termin vereinbart. Da ich Kassenpatient bin musste ich 6 Wochen warten.

 So dann war ich also da und sie wollte das ich vor Ihr rumhüpfe und bestimmte Bewegungen mache. Sie meinte es könnte sich darum handeln aber wollte das ich 3 x in MRT gehe. Einmal Bein, einmal Wirbelsäule einmal Kopf. Ich wunderte mich aber nun gut. Erstes MRT nichts - zweites MRT nichts - drittes MRT.....der Tag der mein Leben verändert hat. Ich war fertig mit der Untersuchung und ging nach Hause. Eine Stunde später der Anruf....."also wir haben etwas in Ihrem Kopf entdeckt was dort nicht hingehört, es ist minimal klein also kein Grund zur Aufregung - bitte kommen Sie morgen in die Praxis. SCHOCK.

Am nächsten Tag ging ich zu Ihr um zu erfahren das ich mich an der Mainzer Uniklinik in der Neurochirurgie vorstellen soll. Termin eine Woche später. Als ich dann dort war und mit dem Professor sprach sah ich der Wahrheit ins Gesicht - zum ersten mal sah ich Bilder und sah einen weissen Fleck mit 2,6cm Durchmesser. Mir liefen sofort die Tränen runter. Aus meine Frage wann wir operieren müssen sagte der Prof. "gestern". Somit waren meine Urlaube die schon gebucht waren hinfällig. 5 Tage später wurde ich eingewiesen mit der Aussage am nächsten Tag OP aber dann begann die Tortur erst.

Ich wurde auf den Kopf gestellt - Nervenwasser, Biopsie, CT, nochmal MRT alles um zu finden was es genau ist. Nach 14 Tagen war es dann soweit. Ich bekam die Info das es ein äußerst seltener Tumor ist und ich in den medizin Unterlagen Fall 39 auf der Welt bin.
So jetzt wussten sie es und die OP stand an. Die Ängste und Sorgen könnt ihr euch alle vorstellen und nachfühlen. Am den Tag wurde ich gegen 10 Uhr abgeholt. Nach 9 Std. war ich auf der Intensiv und bin wach geworden. Ich wusste sofort noch wer ich bin etc. konnte aber nicht mehr richtig sehen. Meine Augen waren so angeschwollen und ich hatte solche Angst. Am Hinterkopf spürte ich den Verband der die Narbe bedeckte die mir heute noch ( 14 Monate später ) Probleme bereitet.

Ich dachte jetzt habe ich es überstanden doch dann wurde meiner Mutter mitgeteilt das nicht alles entfernt werden konnte weil es zu gefährlich gewesen wäre und jetzt überlegt werden muss wie es weiter geht. Ich dachte ich muss kotzen!!! Nach zwei Wochen wurde ich dann entlassen. Ich war so schwach das ich gefüttert werden musste, ein anderer Freund hat mir die Urinflasche gehalten etc. Bilder die man nicht vergisst. So jetzt war ich wieder daheim aber meine Mutter ist zu mir gezogen um mich zu unterstützen.

 Ich musste dann wieder ins MRT um sicher zu gehen, dass sich nicht etwas an der Wirbelsäule abgesetzt hat. Ich dachte mir wen dem so ist tue ich mir etwas an aber dem war nicht so. Nach 4 Woche bekam ich dann den Anruf das ich mich an der Uniklinik Köln vorstellen solle zwecks Stereotaxie. Das tat ich dann und auf dem Hinweg dachte ich schon...du lässt dich nicht nochmal am Kopf operieren, dies verstand der Prof. auch sagte mir aber das er von den 39 Fällen schon 4 mit der Methode behandelt hat und alle mit sehr guten Ergebnissen. Das hat mich überzeugt, also lies ich mich nochmals operieren. Im Vorgespräch zu der OP sagte mir sein Chefarzt "er verstehe nicht warum die mich in Mainz einer so großen OP ausgesetzt hätten da es von Beginn an klar hätte sein müssen das man nicht alles entfernen kann.

Das war ein absoluter Tiefpunkt. Am nächsten Tag war also der Eingriff bei dem mir zwei Jodseeds eingesetzt wurden die den Rest von innen wegbestrahlen. Die OP habe ich gut überstanden und am nächsten Tag kam der Arzt und meinte Sie haben es jetzt geschafft der Spuk ist vorbei. Ich habe dann zwei Tag durchgeheult.

Dann ging es direkt in die Reha nach Bayern für 6 Wochen. Die haben es geschafft das ich keine Schmerzmittel mehr nehmen musste aber Schmerzen und Einschränkungen habe ich bis heute noch weil ich durch den Schnitt am Hinterkopf über fast ein Jahr meinen Kopf nicht richtig bewegt habe und zudem durch die Sichteinschränkung auch nicht. Manchmal denke ich es hört niemals auf und bin durch die ganze Sache ein anderer Mensch geworden. Auch wenn ich alles ok überstanden habe bin ich in meinem absoluten Lebenstief. Ich wundere mich jeden Tag das ich noch aufstehe. Seit der Sache ist jedes kribbeln, ziehen, stechen etc. im Körper gleich die schlimmste Krankheit. Ich bin so sensibel dafür geworden und glaube meine Psyche spielt mit mir ein böses Spiel. Ist hier jemand der auch den Hinterkopf aufgemacht bekommen hat und ähnliche Erfahrungen? Ich bin einfach nur noch ein Wrack und denke oft mir wäre lieber es wäre etwas schief gelaufen und ich müsste das alles nicht mehr ertragen.

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« Letzte Änderung: 26. September 2012, 20:53:09 von fips2 »

Offline Igelchen

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Re:Fall 39
« Antwort #1 am: 26. September 2012, 13:35:26 »
Hallo Fall 39,

zuerst schrecklich finde ich als "Fall" betitelt zu werden dafür kannst du ja nichts aber ich bin auch sehr sensibel geworden und mich regen solchw worte betitelung irgendwie auf.
Du bist jetzt auch hier im Forum angekommen. Ich weis nichts genaues was du hattest aber ich will dir mein Erlebnisse mit meinem "Hinterköpfchen" mitteilen damit du siehst es gibt ähnliche Betroffene.
Ich bin ein Menni-OP'ler (was zu den harmloseren gezählt wird) der vor 5 Jahren OP hatte.
Seither habe ich viele ander Problemchen (Epi-Anfälle, Sensibilitätsstörung, Wadenbeinteilähmung, Aufmerksamszeftizite usw.). Die Lage des "Monsters" war etwas heikel und so wurde mir die Nackenmuskulater durchtrennt (keine vorherige Info und nach Drängen erfahren habe warum ich meinen Kopf nicht mehr halten kann....Geduld nich weiter schlimm..war dann doch nicht so). Meine Narbe am Hinterkopf ging dann von Nacken entlang der Mittellinie un in Kopfhälfte leicht sichelartig geöffnet. Ich habe heuto noch Probleme, schmerzen, plötzliche Schwellugnen auch an anderen stellen am Kopf. Es pocht, brennt drückt, zieht pocht. Ich habe direkt nach op auch doppelbilder gehabt. Ist fast gut ab und an wird mir schwindlig und es schwangt im Kopf u.dann seh ich schlechter. Oft macht es mich wahnsinnig und zu allem Anderen Schlamassel (wär lang zu berichten). Ich habe auch eine Tiefpunkt gehabt als ich nach 2 Rehas nicht mehr arbeitsfähig bin. Lange hat das Verständnis gefehlt von dem doc's (einige noch heute, aber ich habe 3Wichtige gute gefunden die mir medizinisch u.psychisch ungemein geholfen haben). Für die ausenwelt ist es schwer die Vorstellung von unserem befinden zu verstehen weil vieles noch nicht erklärbar ist. jeder ist halt anders, reagiert u.empfindet anders.
Erschwert wird mein Hinterkopfdasein weil mein ausgefräßter u.wieder eingesetzte "Guggloch" nach innen u. nach unten verschoben hat. dasurch taste ich die Kanten u. die sind druckempfindlich u. da fällt das liegen schwer. Wetterfühligkeit macht sein übirges.
Mir tuen leichte Kopflympfdrainagen gut (manchmal auch weniger dann reagiere ich total darauf..der tag ist dann gelaufen). wenn mwin hinterkopf sich gefühlsmäßig erwärmt dann schütt ich Pfeffermizöl flaschenweise drauf u. das kühlt und lenkt vom schmerz ab.
für die taubheitsgefühle die noch seit so langem da sind, und stellen nebendran schmerzen kann man schlecht was tun. Nur bei großem Juckreiz versuch ich trotz haare eine fettende crem drauf zu verteilen.
Dass man ein seelisches tief bekommt können wir hier alle nur zu gut verstehen. eine 360° wende im Leben ist kein spazeirgang. Suche trotzdem schöne dinge weil es gibt noch so viel tolles im Leben und wenns grad sch....läuft dann schimpf heul schrei wein  :'( >:( :( egal aber dann ist auch wieder gut sag ich zu mir. Ich habe das wort "Geduld" als Unwort für mich erkoren ich ertrags oft nimmer aber ich denke die ist auch ein schlüsselwort in unserem Heilungsprozess.

ich weis nicht ob dir es weiterhilft was ich geschrieben hab aber denke dran you never walk allone es gibt immer einen der einen unterstützt und wenn man es nur im forum lesen kann.

Igelchen

rechtschreibung ist nicht mehr meine Stärke ;)
entscheide dich immer für das liebevolle in dir und du wirst das richtige tun.
die lebensfreude verleiht flügel und macht wunder möglich.

fips2

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Re:Fall 39-- Vorstellung (Betroffener)
« Antwort #2 am: 26. September 2012, 16:36:35 »
hallo Fall39.
Was mich interessieren würde, wäre welche Art von Tumor bei dir vor lag, damit wir dich in den richtigen Bereich einordnen können. Du sprichst hier nur allgemein von Tumor.

Was mich noch mehr wundert ist die Aussage über Mainz.
Wie kann ein anderer Arzt, bei 39 Fällen in der Welt überhaupt, wissen was die richtige Therapie ist? Etwas vermessen einer andren Klinik einen Fehler zu unterstellen, denke ich, wenn er das auch wirklich so gesagt hat. Oder hast du für dich das so zwischen den Zeilen gelesen?
Woher weis denn dieser Arzt, dass bei deiner Art Tumor, seine Therapie der einzige Königsweg ist?
"Eine (4) Schwalben machen noch keinen Sommer"

Die Erfolgsquote ist zwar, wenn sie denn so stimmen sollte, sehr hoch. Aber als grundlegende Statistik, darf und soll man diese Quote nicht heran ziehen.

Ich hoffe und wünsche aber natürlich für dich, dass diese Therapie doch wie gewünscht anschlägt.

Gruß  Fips2
« Letzte Änderung: 26. September 2012, 21:15:52 von fips2 »

Offline Fall39

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Re:Fall 39-- Vorstellung (Betroffener)
« Antwort #3 am: 27. September 2012, 19:18:16 »
Hallo Fips2, Hallo Igelchen, vielen Dank für eure Antworten. Also es war ein papillärer Tumor in der Pinealregion. Die Therapie hat angschlagen - es ist nichts mehr da aber die Beschwerden wegen dem Schnitt sind noch da. War bis gestern arbeiten habe aber abgebrochen weil es nicht mehr ging...

fips2

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Re:Fall 39-- Vorstellung (Betroffener)
« Antwort #4 am: 27. September 2012, 20:32:27 »
Danke erst mal für die Info Fall39
Wie du siehst habe ich deinen Thread verschoben, da es sonst keine Rubrik gab zu der du passtest.
Freut mich dass die Therapie anspricht.
Zu den Nebenwirkungen des Hinterhauptschnittes gibt es folgendes zu sagen.

Die Chirurgen versuchen möglichst keine Nervenstrukturen bei ihren Schnitten zu verletzen, was aber leider nicht immer auf die gewünschte Weise gelingt. Jeder Mensch ist anders und die Nerven verlaufen nun mal individuell, in einem gewissen Rahmen, bei Jedem anders. Da kann sich ein Neurochirurg noch so anstrengen und bedacht darauf sein keine Verletzungen zu verursachen , aber einen gänzlichen Ausschluss kann dir kein Mensch garantieren. Das hast du auch bei deinem Vorgespräch zur OP sicher mit unterschrieben. Gemeint ist der Passus, oder ähnlichem Wortlaut " Missempfindungen nach der OP sind Aufgrund von unvermeidlichen Verletzungen empfindlicher Nervenstrukturen nicht gänzlich auszuschließen und können dem durchführenden Chirurgen nicht als Kunstfehler angelastet werden."

Es ist zwar nicht schön was dir passiert ist, aber im Großen und Ganzen eigentlich, mehr oder weniger, normal nach einer OP.
Die Meisten haben zeitweise Kribbeln ,kurzzeitige Lähmungen, oder Schmerzen nach der OP. Es ist leider Unvermeidbar, aber zum Großteil behandelbar. Das Meiste verschwindet mit der Zeit von selbst, aber es gibt auch Ausnahmen, bei denen es Länger dauert, oder eine Zusätzliche Behandlung notwendig wird.
Es läuft ganz nach den Spruch "Dusch mich, aber mach mich nicht nass"
Beides geht nicht.
Genau so ist es mit der OP.

Verstehe das bitte nicht falsch. Ich will deine Schmerzen nicht verharmlosen, oder dich irgendwie als Simulant oder "Heulsuse" hin stellen. Ganz und gar nicht. Schmerzen sind eine sehr starke Belastung für den Körper und ich kenn das am eigene Leibe, bzw. im Kreise meiner Angehörigen. Gerade wenn man sich nicht ernst genommen fühlt.
Keine schöne Situation------ Ach ja---- nur sychosomatisch--Gelle? Wer kennt den Spruch nicht, wenn der Arzt am Ende seines Lateins ist?

Bist du bei einem Schmerzspezialisten in Behandlung,oder hat dich ein Arzt mal da hin überwiesen?
 
Das würde ich mal in Angriff nehmen, wenn nicht schon geschehen. In den meisten Fällen haben diese Therapeuten wirksame Therapien im Ärmel um dir zu helfen.
Mit unnötigen Schmerzen muss und sollte sich kein Patient mehr herumreißen müssen.
Nur. Je länger man damit wartet, etwas dagegen zu tun, um so länger dauert die Therapie, damit die Schmerzen wieder verringert werden. Ein Schmerzgedächtnis und ein "Einbrennen" von Schmerzen im Gehirn sollte möglichst vermieden werden.

Notfalls kannst du dich noch mal melden, mit näherer Angabe, von wo du bist, ob man da vielleicht einen Anästhesisten oder Schmerztherpeuten in Erfahrung bringen kann, der dir weiter hilft.

Arbeiten unter diesen Belastungen ist nicht unbedingt sinnvoll. Wenn es gar nicht geht, dann brich die Wiedereingliederung, in Absprache mit deinem Hausarzt, wieder ab und lass dich zu erst auf deine Schmerzen behandeln. Was Andres bringt jetzt eh nichts.

Gruß und immer gute Befunde
Fips2
« Letzte Änderung: 27. September 2012, 20:39:25 von fips2 »

 



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