Hallo, SoMa,
das ist DAS Problem, mit dem wir alle in der einen oder anderen Form von Aussagen selbst der Bestmeinenden zu tun haben. Gerade deswegen, weil sich niemand, der keinen Hirntumor hat, sich wirklich vorstellen kann, wie man sich damit fühlt, vor allem auch, wenn die OP länger vorbei ist.
Man sieht uns weder vor noch einige Tage/Wochen nach der OP irgendetwas an.
Da gibt es dann so nette Menschen, die z.B. über jüngere HT-Patienten hinter dem Rücken herziehen, wieso der/die denn nicht arbeiten geht. OP ist doch vorbei, also alles gut.
Vor der OP sind die, die einen lieb haben und wirklich helfen wollen, sehr überfordert.
Sie meinen es wirklich gut, so wie Deine beste Freundin.
Und, mal ehrlich, verstehst Du wirklich, wie es Dir geht, warum es Dir so geht, was da eigentlich mit Dir los ist? Selbst wenn man versuchen wollte, das zu erklären, es ist nicht einfach. Wenn man es versucht, kommt auf die Einzelheiten der Gefühle, Ängste ...
Gern erhält man dann solche - aufmunternd klingen sollenden - Antworten wie: "Das hatte ich auch schon mal." und es wird Dir etwas Lapidares erzählt. Oder "Das wird schon wieder ...", "Ich weiß, wie Du Dich fühlst.".
Und direkt nach der OP die tolle Aussage: "Nun hast Du das Schlimmste überstanden." Ich hätte gerade nach dem letzten Satz den Leuten an die Gurgel gehen können. Vielleich war für den Neurochirurgen die OP überstanden und er konnte sich der nächsten OP zuwenden, ich aber hab doch die OP netterweise verschlafen dürfen und der Hammer - ein sehr langanhaltender - kommt danach mit der langen Wiederherstellungszeit.
Das, was Du gerade erlebst, haben wir alle irgendwie erlebt und deswegen sind viele so spontan begeistert von diesem Forum, wo man nichts erklären muss, sondern einfach so verstanden wird. Man bekommt Antworten, gründlich durchdachte, auf Erfahrungen beruhende oder auch sehr oft Aufmunterungen, gedrückte Daumen, geteilten Kummer.
Nach einer recht kurzen Zeit geben viele hier den anderen Betroffenen bereits Hinweise, eben weil sie hier merken, dass ihre Erfahrung auch wichtig ist. Von dieser Gegenseitigkeit lebt dieses Forum.
Es wird einem geholfen und man kann anderen helfen.
Das gibt auch mir immer wieder Kraft und einen Sinn in meinem Leben, in dem der Kopf schon mehrfach umgerührt wurde.
Sag denen, von denen Du weißt, dass sie Dich gern haben, dass diese Sprüche Dir nicht helfen, ja, Dich sogar verärgern. Oder versuche, sie unter "gut gemeint" zu verbuchen. Du brauchst Deine beste Freundin bestimmt, zum Schwatzen, zum Anlehnen, zum Erfahrungsaustausch, zum Ausheulen, zum wieder lachen.
Vielleicht hat sie nach Deinem raschen Beenden des Telefongesprächs gemerkt, dass sie womöglich etwas Falsches gesagt hat. Wenn sie sich nicht mehr melden sollte, lass sie nicht fallen. Egoistisch bist Du nicht. Wer braucht wohl in dieser Lage nicht viel mehr Hilfe, Zuwendung, ... als überhaupt möglich ist?!
Als unsere Schule einen neuen Schulleiter bekam, zeigte er wenig Verständnis für mich, glaubte, ich würde mich vor der Arbeit drücken, was mir zutiefst weh tat. Er hatte mich zu sich gebeten und fragte mich nach einigen Situationen, wo ich mich völlig falsch eingeschätzt fühlte und fast ins Heulen geriet. Ich habe ihm dann - gerade noch mich kontrollierend - gesagt, er könne mich immer vertreten lassen, ich aber kann mich mit dieser Krankheit nicht vertreten lassen. Da hat er´s kapiert - seitdem sah er mich mit anderen Augen und fand viel mehr Gutes. Und wurde mir ein guter Vertrauter.
Ich wünsche Dir von den Ärzten und Freunden viel Verständnis und die richtige Hilfe - und wenn es mal ganz blöd ist - hier kannst Du Dich aus"kotzen".
Gruß
KaSy