Lieber Pedro,
ich kann das alles, was Du schreibst, aus eigenen Erfahrungen sehr gut nachvollziehen.
Ich habe meine Tumore auch immer "beiseite geschoben", einem anderen ICH zugeordnet.
Mir ging es doch immer gut.
Redete ich mir zumindest ein.
Dass auch bei mir die Psyche völlig durchgeknallt war und ich immer das gleiche schaffen wollte, hat mir irgendwann die Beine weggehauen.
Wegen Psyche krank?
Ich doch nicht!
Und dann merkte ich erst in der Ruhe, wie ich mich über die Maßen überfordert hatte.
Gelernt habe ich daraus erst mal ... nichts.
Ich mag meinen Beruf so sehr!
Also weiter - ich werde gebraucht.
Stimmte ja auch, aber überfordert und seelisch kaputt wurde ich nicht gebraucht.
Und irgenwann sagte der Oberste Chef STOPP.
"Werden Sie erstmal gesund." und versetzte mich in den Ruhestand.
Ich kann - wenn ich mich dem gewachsen fühle - jederzeit zurück, denn in meinem Beruf werde ich durchaus gebraucht.
Aber werde ich das noch schaffen?
Allerdings war ich irgendwann, noch vor erforderlichen Psycho-Krankschreibungen, so einsichtig und auch mutig, tatsächlich zu einem Psychotherapeuten zu gehen.
Die "Chemie" stimmte und ich legte zunächst sachlich dar, welche Erkrankungen ich durchgemacht habe. Man will ja nicht vor dem Psychodoc sitzen und sagen: "Alles tutti-paletti und - tschüss."
Und er weiß auch, wie schwer es für den Menschen ist, der zu ihm kommt, sich ihm zu öffnen.
Meiner stellt mitunter Fragen, die einerseits so simpel sind und mich aber auch schwer zum Nachdenken bringen. Da redet man dann auf einmal nicht mehr locker vom Hocker: Ich hatte zwar ´nen Hirntumor, aber mir gehts gut.
Es ist ein Unterschied, ob man bei Kollegen, Freunden, Familie sich öffnen soll, weil dort die momentane Stimmung manchmal gar nicht passt oder man gerade nicht von Krankheiten reden will.
Aber zum Psychiater gehst Du ja gerade deswegen. Er nimmt sich eine knappe Stunde Zeit für Dich, erfasst Deine Daten und Du willst dann auch reden. (Ich hoffe, das soll kein einmaliger Termin werden, so nur zur Begutachtung, wie geschädigt Deine Psyche ist. Ein verantwortungsvoller Psychiater wird sich nicht nach einem Erstgespräch gleich eine richtige Diagnose zutrauen. Aber wer weiß ...)
Du hast ja bereits die Einsicht gewonnen, dass Du nicht nur aus psychischen, sondern auch wegen kognitiver Einschränkungen, wegen der zu hohen Belastung und der immer wieder neuen Anforderungen Deine Arbeit nicht mehr in der Qualität ausführen können wirst wie bisher. Das wäre für Dich ja auch unbefriedigend.
In Deutschland gäbe es für Dich die Möglichkeit, auch während der Pension etwas zu arbeiten. Gerade im IT-Bereich gibt es so viele Möglichkeiten, einzelnen Menschen die ersten Schritte zu erklären oder sonstige Dinge am PC zu zeigen, homepages zu basteln, ...
Nutze die Möglichkeit, wenn sie sich Dir bietet und schau in die Zukunft mit eigengewählten Tätigkeiten in Deiner Branche.
Herzl. Grüße
KaSy