Liebe Mandy6,
ich denke, es ist gut, dass Du hierher gefunden hast, auch wenn Du bereits so vieles für Deinen Mann gut und richtig getan hast. Irgendwann weiß man nicht mehr weiter.
Du hast die vielfältigen Therapien angesprochen, die Dein Mann regelmäßig erhält und zu denen er, wenn ich das richtig erfasst habe, oft oder immer durch Dich bzw. durch Deine Initiative, Anregung, Motivation gebracht werden muss oder selbst geht.
Du musst ihn immer wieder neu dazu bewegen, das alles auf sich zu nehmen, obwohl der Fortschritt für ihn kaum sichtbar ist. Er würde sich womöglich aufgeben?
Und nun sind Deine Quellen an Möglichkeiten auch scheinbar versiegt.
Es dauert alles sooo lange.
Du hast von seiner beeinträchtigten Psyche gesprochen. Ein Wunder ist das nicht. Er war vorher nie krank. Aber selbst wenn, es ist so viel Geduld nötig, sooo viel.
Das Gehirn braucht zur Gesundung zusätzlichzu den äußeren Therapien auch die innere Kraft, den Optimismus, den unbedingten Lebenswillen, die Überzeugung von einer Besserung.
Ich denke, hier sind zwei Dinge möglich:
1. Versuche, Dich mit ihm gemeinsam zurückzuerinnern, wie es direkt nach der OP war.
Was konnte er alles nicht und was gelingt ihm bereits wieder.
Womöglich reicht es ihm nicht, wenn er es "nur" von Dir hört.
Vielleicht könnt ihr die Personen ansprechen, die ihn bereits lange in seiner Krankengeschichte kennen und die Fortschritte besser benennen können, als Ihr, die Ihr im täglichen Erleben die kleinen Schritte der Besserung kaum wahrnehmt. Ich denke da an den Hausarzt und an Dr. Bertalanffy, ...
2. Ich habe zunächst überlegt, ob er nicht schon genug Therapien hat, aber in der Situation, in der Ihr jetzt beide steckt, halte ich einen Kontakt zu einem Psychotherapeuten für sehr angebracht. Ich glaube, dass all die Therapien für den Körper, die Augen, die Stimme, ... optimaler verlaufen würden, wenn eine innere Überzeugung sie unterstützt. Ein solcher Kontakt zu einer ganz anderen Person könnte Deinem Mann aus der pessimistischen Lage heraushelfen, könnte bei Euch Beiden geänderte Sichten auf die Krankheit aufzeigen, kleinere Zieletappen empfehlen, auf die verschiedenen, aber gleichermaßen hohen Belastungen für Euch Beide aufmerksam machen.
Vielleicht ist auch eine stationäre Reha für Euch gemeinsam möglich, wo die Psychotherapie ergänzend zur Fortführung der anderen Therapien begonnen werden und später zu Hause fortgesetzt werden kann.
Denn die leider nur ambulante Reha in Berlin war mehr Belastung als die zusätzlich nach einer solchen OP mit derartigen Folgen notwendige Erholung und das Besinnen auf das, was mit einem passiert ist.
Ich habe das Gefühl, dass Du Deinem Mann mit immer mehr Therapieansätzen helfen möchtest und dabei hast Du aus den Augen verloren, dass man aus "dem Alptraum" auch immer mal aufwachen kann.
In Berlin gibt es ja ohnehin so viele Möglichkeiten, Kultur, Kunst, Theater zu erleben, Parks, Wälder und die Ufer der Flüsse und Seen zum Spazierengehen zu nutzen, ... , immer mal wieder kurze gemeinsame Auszeiten zu genießen. Das braucht Ihr für immer wieder neue Kraft, neuen Optimismus. Die schönen Dinge, die Ihr früher einfach so erlebt habt, erhalten nun einen neuen Sinn. Er soll es immer wieder erleben wollen und dafür - ja, kämpfen!
Ein gemeinsamer Urlaub wäre natürlich dann ein Ziel, mal rauszukommen aus dem ewigen Kreislauf der immer gleichen Therapien, die man ruhig einmal unterbrechen darf, um sie später mit gewonnener Kraft fortzusetzen.
Unbedingt musst Du auch an Dich denken!
Du liebst Deinen Mann sehr - und er braucht Dich gesund, stark, optimistisch.
Du darfst ihn auch mal "abgeben", um mit Freundinnen ins Café oder ins Kino zu gehen.
Dabei darfst Du Dich nicht schlecht fühlen!
Vielleicht besteht der "Alptraum" für Deinen Mann auch zusätzlich darin, dass Du so viel für ihn tust und er sich dafür schämt, Dir nicht so sehr zur Last fallen möchte. Er würde es Dir vielleicht nicht eingestehen.
Aber es artet natürlich für Dich in Stress aus, nur zwischen vollem, schwerem "Job" als Krankenschwester und Deinem Mann hin- und herzupendeln, wo Du auch wieder Krankenschwester bist.
Zur Krankheit selbst kann ich Dir nichts sagen, da werden sich sicher andere melden, obwohl Du ja fachlich gut an die Sache herangegangen bist.
Ich selbst habe einige Meningeom-OP hinter mir.
Ich grüße Euch herzlich
KaSy