Liebe Jeannette,
unsere Hausärztin hat irgendwann mal, es war relativ kurz nach Bestrahlungsende, gesagt, dass viele schwerkranke Menschen "eigentlich" sehr wohl wissen, wie es um sie steht. Es gäbe aber eine Art Selbstschutzmechanismus, der dieses Wissen mehr oder weniger verdrängt. Ich habe bei meinem Mann auch das Gefühl, dass ihm nicht klar ist, dass es irgendwann ein Rezidiv geben wird. Er hat inzwischen zwar Angst vor allen möglichen Krankheiten, aber die Möglichkeit, dass sein Tumor wieder wächst, scheint er komplett auszublenden. Nicht einmal vor den MRT-Kontrollen lässt er sich seine Angst anmerken. Aber ich weiß, dass er jedesmal eine Heidenangst hat! Ich auch!
Ein Onkel von mir hatte vor gut zwei Jahren ebenfalls ein Lymphom, aber in der Nähe des Auges. Er hat Chemo bekommen, hatte sehr viele Komplikationen und hat sich aber dennoch gut erholt. Leider hatte er im Frühjahr ein Rezidiv, das bestrahlt werden sollte. Schon merkwürdig, dass ein so seltener Tumor gleich zweimal in meiner Familie auftaucht, auch wenn die beiden Männer nicht verwandt sind.
Dass es Dich jetzt besonders belastet, ständig mit Schwerstkranken zu arbeiten, kann ich sehr gut verstehen. Zusätzlich zu der Erfahrung, Deinen Vater an diese schreckliche Krankheit zu verlieren, siehst Du jetzt täglich, wie andere Menschen leiden. Das weckt die Erinnerung an Deinen Vater und macht Angst vor dem, was noch einmal auf Dich zu kommt.
Liebe Grüße,
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