HirnTumor-Forum

Autor Thema: Eigentlich wollte ich nicht schreiben, aber heute hat es mich gepackt  (Gelesen 26860 mal)

Offline BabsyO

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Re:Eigentlich wollte ich nicht schreiben, aber heute hat es mich gepackt
« Antwort #15 am: 20. Februar 2013, 21:08:29 »
Hallo Harzburg,

ich sehe beim Weg meines Vaters, dass man viel aus dem Bauch heraus entscheiden muss... nicht immer ist das Herz mit dem Verstand einer Meinung. Dann muss man abwägen. Ich finde es ganz schlimm zu sehen, dass mein Vater kein mündiger Mensch mehr ist, und wir alle Entscheidungen für ihn treffen müssen, habe aber immer im Hinterkopf, wie ich mich bei dem und dem fühlen würde.
Man kann sich nie sicher sein, alles richtig gemacht zu haben. Aber man kann sich sicher sein, IMMER bestrebt danach gewesen zu sein. Und ich glaube, genau DAS zählt, und nichts andres.
Man schafft es nicht mal im eigenen Leben alles richtig zu machen. Wie sollte man das dann für jemanden andren tun?!

Liebe Grüße
Nur wer getröstet wurde, kann wieder trösten. Nur wer durch Leid ging, versteht den Leidenden.

Offline Pem34

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Re:Eigentlich wollte ich nicht schreiben, aber heute hat es mich gepackt
« Antwort #16 am: 20. Februar 2013, 23:11:33 »
Hallo Harzburg,
ich glaube diese Frage, ob man alles im Sinne des anderen entschieden hat, stellt sich jedem Angehörigen.
Habt ihr eigentlich VOR der Erkrankung deiner Frau über ihre Wünsche im Falle
des Falles gesprochen? Für uns kann ich diese Frage mit Nein beantworten. Und das, trotzdem wir jeder eine Patientenverfügung hatten. Diese haben wir halt aufgesetzt... ohne uns letztendlich richtig damit auseinandergesetzt zu haben.
Für mich war es immer eine ganz schlimme Situation, wenn der Arzt meinen Mann gefragt hat: “Möchten Sie diese Therapie?“ und mein Mann dann zwar ja sagte, aber nicht mehr in der Lage war, den Sinn zu erfassen. Da kann ich doch nicht sagen: Nee, wollen wir nicht. So etwas hätte man zu gesunden Zeiten absprechen sollen... Doch wer macht das schon? Wer legt seine Grenzen fest? Davon abgesehen, hätte ich den Krankheits- Verlauf meines Mannes nicht in meinen schlimmsten Träumen erahnt.
Und trotz allem behaupte ich, sagen zu können, wir haben situativ immer alles richtig gemacht. Bis zum Schluss. Aber meine Zweifel hatte ich trotzdem. Ganz klar.

Hadere nicht so dolle mit dem Schicksal. Die Trauerphasen müssen wir wohl alle durchstehen.

LG
Pem

Offline HeikeD

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Re:Eigentlich wollte ich nicht schreiben, aber heute hat es mich gepackt
« Antwort #17 am: 21. Februar 2013, 08:04:21 »
Ich weiss wie ich beerdigt  werden will. Das erzähle ich seit Jahren allen die es hören oder nicht hören wollen.

Eine Patientenverfügung habe ich nicht, das wird noch diesen Monat nachgeholt.

Erst wenn es akut wird ist mn froh so etwas zu haben und weiss dann auch zu schätzen, dass mn sich früh damit beschäftigt hat.

Muss alles im l3oben einen Sinn machen? Warumwurde der Liebe Mensch so gequält, warum sie/er? Wenn es nur die Tatsache ist, dass wir nach dem Tod des geliebten Menschen die welt mit anderen Augen sehen,oberflächliche Dinge keinen Platz mehr haben, das ist mir genug undfeut mich, dass ich gewachsen bin an allen aufgaben und  Prüfungen.

LG und viel Kraft
Heike
Von Zeit zu Zeit musst du lernen zu fliegen, wie Piloten im Nebel. Vertraue blind der Führung eines anderen. Hab Geduld, hab viel Geduld auch mit dir selbst.
Phil Bosmans

Offline Phoenix

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Re:Eigentlich wollte ich nicht schreiben, aber heute hat es mich gepackt
« Antwort #18 am: 21. Februar 2013, 15:04:13 »
Hallo Harzburg

Bei uns raste dieser Express "gliomatosis cerebri" im Sommer 2006 vorbei...der Sommer fing an, mein Mann wurde krank, der Sommer ging vorbei, mein Mann  war tot.
Ich habe lange, sehr lange gebraucht bis ich damit klar gekommen bin, irgendwie. Weil es schwer ist, seinem Leben einen Sinn zu geben, wenn Sinn bis dahin den Namen Liebe hatte.

Ich wollte mich der Frage "habe ich alles richtig gemacht" nie beugen......alles , was ich tat, habe ich aus  Liebe zu meinem Mann getan, wie kann da etwas falsches dabei gewesen sein?

Mach dir das Herz nicht unnötig schwer , du wirst alles getan haben was für deine Frau wichtig gewesen ist.
Wir sind nicht die Ärzte unserer Partner, wir sind diejenigen, die sie lieben.

Lg Phoenix

Offline anderle

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Re:Eigentlich wollte ich nicht schreiben, aber heute hat es mich gepackt
« Antwort #19 am: 21. Februar 2013, 15:18:01 »
Phoenix,sehr sehr schön geschrieben,genauso  ist es!!Lg.Anderle

Offline kaja

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Re:Eigentlich wollte ich nicht schreiben, aber heute hat es mich gepackt
« Antwort #20 am: 21. Februar 2013, 18:37:24 »
Hallo Klaus,
ja - das berührt mich auch, Phoenix beschreibt das sehr gut.
Wir hatten mehr Zeit, aber das Gefühl, dass das Ende geradezu herbeiraste hatte ich auch. Und ich habe lange gebraucht, um mit diesem Tempo klarzukommen. Meine Mutter ist vor 2 Jahren nach 5 Jahren Krankheit am Glio gestorben. Sie ist 3 x operiert worden und mein Vater und ich haben Sie bis zu ihrem Tod zuhause gepflegt.
Nachdem mein Vater die letzten beiden Jahre sein Leben komplett auf die Pflege ausgerichtet hatte (er war gerade pensioniert worden) und im letzten Jahr ihrer Krankheit nicht einmal mehr ohne Sorge auf die Toilette gegehn konnte, ist er nach ihrem Tod, der trotz allem sehr plötzlich kam, in ein großes seelisches Loch gefallen.
Er kam weder mit der Zeit noch mit der Stille klar - nicht nur der Verlust seiner Frau wog schwer, er war plötzlich wie "arbeitslos" und wusste gar nicht mehr wohin mit sich, seiner Zeit und seiner Fürsorge. Er hatte 5 Jahre wirklich alles für sie getan und diese Zeit, die in den letzten 3 Jahren ihrer Krankheit sehr schwer auszuhalten war, großartig gemeistert.
Nach dem Tod meiner Mutter ist er dann verständlicherweise zusammengeklappt und konnte vor Erschöpfung und Trauer kaum noch Luft holen.
Mit meiner Mutter war er ein paar Mal bei einem Neuro-Psychiater, da sie unter schweren Persönlichkeitveränderungen litt. Am tiefsten Punkt seiner Trauer hat er sich ein Herz gefasst und diesen Arzt angerufen, um mit ihm zu sprechen.
Dieser hat ihn dann umgehend in eine Akut-Abteilung für Psychosomatik und Psychotherapie überwiesen, wo er 8 Wochen lang  600 km von zuhause entfernt eine Reha machen durfte. Diese 8 Wochen haben ihm so unglaublich gut getan, dass er heute noch Tränen in den Augen hat, wenn er davon erzählt.
Dass er sich endlich mal nur um sich kümmern durfte, dass er Essen bekam, das er nicht selbst vorher zubereiten musste, dass man ihm zugehört hat, das war soooo gut für ihn!
(Wir alle wissen, dass sich selbst so eine heftige Diagnose wie ein Hirntumor im Freundeskreis als Gesprächsthema "abnutzt" und die Bereitschaft, zuzuhören im Lauf der Zeit nicht gerade steigt....Dazu kam bei meinen Eltern die zunehmende Isolation durch die starken charakterlichen Veränderungen meiner Mutter und das starke Nachlassen ihrer sprachlichen und kognitiven Fähigkeiten in einem ehr intellektuell geprägten Bekanntenkreis.)

Diese Reha war für meinen Vater "Gold wert" und macht sich in der Verarbeitung unserer Trauer heute noch deutlich bemerkbar. Wie gerne hätte ich so eine Möglichkeit gehabt, war aber durch berufl. Selbständigkeit und Kinder nicht in der Situation, so etwas für mich anzugehen.
Vielleicht gibt es für Dich eine ähnliche Möglichkeit, ich würde es Dir so sehr wünschen, denn meinem Vater hat diese Reha den Weg zurück ins Leben geebnet. Es war für ihn eine Zeit der Trauer, der Einkehr und auch der Aussöhnung mit allen Zweifeln, da auch er an vielen ungelösten Fragen litt.
Er ist an der Situation sehr gewachsen und hat heute wieder echte Lebensfreude. Natürlich bleibt der Schmerz um den Verlust, aber er überrollt ihn nicht mehr und macht ihn nicht mehr so hilflos.

Du hast mein tiefes Mitgefühl, ich wünsche Dir viel Kraft und Lebensmut!
Diese Krankheit macht es einem schwer, mit ihr fertig zu werden. Nicht kann ich mich nicht von diersem Forum lösen, auch wenn ich nur sehr wenig geschrieben habe

Kaja


 



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