Hallo, Ihr Lieben,
Mit der Neurochirurgin, die bereits 2011 gemeinsam mit dem damaligen Chefarzt zeitgleich zwei Tumoren aus meinem Kopf entfernte, sprach ich am Donnerstag fast eine Stunde lang.
Ja, der Tumor wächst, ja, man könnte operieren und ja, das Sehen (links nach wie vor unverändert supergut) würde erhalten bleiben.
Und nein, es gibt keinen risikofreien OP-Zugang und nein, eine Wundheilungsstörung wäre mir sicher (NC: "Die Haut verzeiht nicht.") und nein, mein für mich gerade noch akzeptabler Allgemeinzustand würde nicht so erhalten bleiben und vor allem nein, man könnte wieder nur einen Teil des Tumors entfernen und sein weiteres Wachstum wäre nicht gestoppt.
Über eine Chemotherapie sprachen wir auch. Aber die, die es geben würde (Bevacizumab), würde mehr Schaden als Nutzen bringen. Sofort, weil es eine Chemotherapie ist, und auf Dauer, weil es die Chemotherapie ist, die bei Glioblastompatienten als letztes Mittel in Frage kommt, weil sie zwar für einige oder viele Monate Gutes bewirken würde, aber mit höherer Wahrscheinlichkeit Organschäden verursacht. Ich habe das so formuliert und die Ärztin nickte.
Also lassen wir der Natur ihren Lauf?
Wir verblieben ohne eine endgültige Entscheidung. Ich hatte mir das auch so vorgenommen, dass nicht eine Person das allein entscheiden soll. Die Oberärztin wollte zunächst mit dem (neuen) Chefarzt sprechen und die Tumorkonferenz sollte am Dienstag auch mein Problem besprechen. Sie würde mich anrufen ...
Ich sprach danach noch mit dem Chefarzt der Radioonkologie. Dass keine Bestrahlung in diesem Bereich und vermutlich gar nicht mehr sinnvoll ist, das war uns beiden ja klar. Dass eine Operation meinen momentan "klinisch guten" Zustand eher verschlechtern würde und mehr Risiken als Nutzen hätte, darüber waren wir uns auch einig. Ihm sagte ich, dass ich froh wäre, sehr gut sehen zu können und dass meine geistigen Fähigkeiten noch völlig in Ordnung seien. Das ist mir wichtig. Und so sah er das auch.
Irgendwie fiel nach diesen beiden Gesprächen eine Last von mir ab. Es waren ja nicht nur die Gespräche vorbei, sondern trotz noch fehlender endgültiger Entscheidung auch diese Ungewissheit oder die Gedanken an OP, Krankenhaus, was danach, lauter Einzelheiten, die ich ja zur Genüge kenne, obwohl ich dieses Krankenhaus und die Neurochirurgische Station immer als sehr "angenehm" empfand. Die sind einfach gut dort!
Ich bin an den nahen See gegangen ...
Im Nachbarort habe ich (nach Monaten) wieder in einem Restaurant draußen "gespeist" und es so sehr genossen, herrlich ...
Ich empfand es als einen guten Tag, einen Tag zum Vorwärtsschauen.
Heute rief mich meine Neurochirurgin an. Der Chefarzt hat sich alles angesehen und entschieden, dass nicht operiert wird. Das muss sich auch die Tumorkonferenz nicht mehr ansehen. Der Strahlenchefarzt sagt sowieso aus seiner Sicht, dass er nicht bestrahlen kann. Die Onkologen hatten schon 2016 Bevacizumab als Mittel erwähnt, aber klar abgelehnt. In vier bis sechs Monaten soll ich mit einem aktuellen MRT kommen und den Augenarzt regelmäßig draufschauen lassen.
Also ist es so: Wir lassen der Natur ihren Lauf.
Das geht bestimmt noch sehr sehr lange gut.
Jedem meiner drei Kinder habe ich es am Telefon erklärt. Sie hatten ja mit mir gehofft, das man noch etwas tun kann. So wie immer. Die Mama ist immer wieder da, auch wenn es schwer war oder lange dauerte. Sie war doch immer wieder da. Und nun musste ich ihnen erklären, warum es besser ist, nichts zu tun.
Drei Kinder, drei liebe Partner dazu, fünf Enkelkinder ... ich werde sie noch lange genießen und hoffentlich kann ich sie auch bald wieder in die Arme nehmen.
Als "Fortsetzung folgt" also: Ich lasse der Natur ihren Lauf ... und bleibe Euch erhalten, noch sehr lange.
Eure KaSy