Hallo, Paul2402,
Deine Freundin ist so jung, sie hat es nicht verdient, dass das Schicksal erst einen tödlichen Hirntumor, dann MS und dann die unverhoffte Verkleinerung des Tumors für sie bereithält.
Nur ein Jahr sollte sie noch leben.
Aber sie wollte und will lieben, lernen, lachen Kinder bekommen.
So viele Träume sind zerplatzt und doch wieder aufgetaucht.
Du bist da.
Du teilst ihr Schicksal.
Du tust alles für sie.
Du willst, dass sie Glücksmomente hat.
Du spürst, dass Du ihr gut tust.
Es ist völlig verständlich, dass sie bei diesem gesundheitlichen Auf-und-Ab sich ihrer Gefühle nicht mehr sicher ist. Das hat mit der Operation zu tun, aber nicht nur.
Sie sagt, sie will Dich schützen.
Das will sie wirklich.
Sie sagt, sie liebt Dich nicht mehr.
Das glaube ich nicht.
Sie will Dich vor ihrem Leiden schützen, davor, dass Du Dein Leben, in dem auch Du leben, lieben, lachen, eine Familie gründen möchtest, für sie aufgibst. Das ist ihr sehr bewusst und es ist ihr sehr wichtig, dass sie sich nicht schuldig fühlen muss, weil sie Dir Dein Leben "versaut".
Das denkt und sagt sie, weil Du ihr wichtig bist, weil sie Dich eigentlich doch liebt.
Innerlich freut sie sich, dass es Dich gibt, dass Du für sie da bist.
Vielleicht ist es ihr manchmal zu viel, was Du für sie alles tust.
Vielleicht fühlt sie sich manchmal erdrückt von Deiner Fürsorge.
Vielleicht tauchen bei ihr immer mal wieder Gedanken auf, dass Du es aus Pflichtgefühl tust.
Ist es Liebe?
Von Dir, von ihr.
Oder Mitleid?
Das wäre das Schlimmste für sie.
Ich habe einen Betroffenen kennengelernt, der Vater eines Babys war, als er die Diagnose erhielt. Er verließ die Mutter des kleinen Jungen, um ihr nicht zur Last zu fallen.
Der Kontakt zu ihr und seinem Sohn ist stets eng geblieben. Sie haben einander besucht, der Junge hat die Ferien auch bei ihm verbracht. Das ist jetzt wohl 17 Jahre her. Auch die Mutti des Jungen suchte keinen anderen Partner.
Diese Situation gleicht der Deinen.
Vielleicht ziehst Du Dich ein wenig zurück, aber sei für sie da. Sie braucht Dich, kann es Dir aber nicht sagen. Du tust ihr gut, aber sie kann sich das nicht eingestehen. Es ist gut, wenn Du Dich ab und zu blicken lässt, weil Du sie wirklich liebst. Sei einfach ganz normal, als Mann, als Freund mit der Schulter zum Anlehnen ...
Frag nicht, wie es ihr geht, Du weißt es ja.
Wenn sie Dir ihren Kummer anvertrauen möchte, dann höre zu, lass sie erzählen, weinen. Das hilft ihr. Du musst nicht antworten.
Lass sie weder Mitleid spüren noch ihre Krankheit. Nur Deine Liebe.
Wenn sie Dich braucht, kannst Du die Person sein, die sie als Helfer möchte. Es ist aber oft einfacher, sich von Fremden helfen oder sich pflegen zu lassen.
Ich hoffe, Dir helfen meine Worte.
Ich selbst hatte/habe Hirntumore, ich lebe seit sehr langem damit. Ich fühle mich am wohlsten, wenn ich mit meinen Einschränkungen akzeptiert werde, wenn ich etwas leisten darf - so viel ich kann. Die Frage "Wie geht's?" kann ich nicht ehrlich beantworten, "Gut." sage ich dann. Aber meine Leute wissen alles.
Ich wünsche Dir, dass Du einen guten Weg findest, dass Ihr beide einen guten Weg miteinander findet.
KaSy