HirnTumor-Forum

Autor Thema: Krebsfachklinik und ein guter Rat  (Gelesen 7760 mal)

Milchmann

  • Gast
Krebsfachklinik und ein guter Rat
« am: 14. Juli 2004, 09:46:30 »
Hallo,

mein Vater ist vor rund 4 Monaten an einem Glioblastom IV verstorben. Nach der Diagnose im letzten Mai/Juni haben wir natürlich auch sofort das Internet durchforstet und die ganzen erschreckenden Berichte gelesen. Von Anfang an haben wir uns Gedanken gemacht, inwieweit wir meinem Vater die ganzen Untersuchungen und Behandlungen zumuten möchten, die in den Internetberichten aufgeführt sind.

Angefangen hat dann alles in diversen Unikliniken. Der Patient ist dort leider meist nur eine Nummer; er und die Angehörigen werden von den Ärzten auf brutale und unverblümte Art über das unabwendbare Todesschicksal unterrichtet. Außerdem läuft aus unserer Erfahrung heraus leider viel schief. Mein Vater hat sich dort auf jeden Fall überhaupt nicht wohlgefühlt, zumal einem fast jeder Arzt was anderes erzählt.

Denen, die selber einen Angehörigen oder Freund haben, der an einem Glioblastom IV erkrankt ist und diese Zeilen lesen, möchte ich hier nicht allen Mut nehmen, aber es ist leider wirklich fast ausweglos von dieser Krankheit zu genesen.

Aus diesem Grund haben wir ab einem bestimmten Punkt beschlossen, meinen Vater nicht von Klinik zu Klinik zu zerren, sondern ihm die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu gestalten.

Er kam daraufhin in die Fachklinik Dr. Herzog in Bad Salzhausen (nahe Frankfurt am Main). In diese Klinik kommen Krebspatienten aus aller Welt um sich behandeln zu lassen. Vor allem mehr oder weniger unheilbare Fälle. In der Klinik wurde die persönliche Ansprache sehr groß geschrieben, die Therapien waren zumindest am Anfang sehr erfolgreich und mein Vater konnte bis zum Ende seines Lebens mit einem für die Krankheit sehr hohem Maß an Lebensqualität weiterleben und hat sich noch sehr wohl gefühlt.

Deswegen an dieser Stelle mein Rat an alle Angehörigen: quälen Sie den Kranken nicht. Genießen Sie die Zeit, die Sie miteinander verbringen können. Sie werden die Krankheit nicht aufhalten können, aber Sie können Ihrem geliebten Menschen einen würdigen Abschied von unserer Welt bereiten.

Häufig ist es für den erkrankten Menschen einfacher von der Welt zu gehen, als für uns, die übrig bleiben.


Michael

Ulrich

  • Gast
Re:Krebsfachklinik und ein guter Rat
« Antwort #1 am: 14. Juli 2004, 21:26:32 »
Gut, daß dieses Thema auch einmal angeschnitten wird. Im allgemeinen haben die Beiträge/Berichte zum Thema GBM IV doch mehr oder weniger einen ähnlichen Ablauf: Operation, Bestrahlung und/oder Chemo. Es geht dann noch um welche Chemo oder welche Bestrahlung. Oder welches Krankenhaus, welche Reha, was tun bei einem Rezidiv, etc.

Nichts zu tun oder höchstens eine palliative Behandlung zuzulassen, das wurde bisher in diesem Forum noch nicht diskutiert. Diese Option ist jedoch eine ernst zu nehmende und höchst beachtliche Entscheidung, die für den Einzelfall ganz sicher eine richtige Entscheidung sein kann. Ich habe so einen Fall bei einem Kollegen erlebt, der ein inoperables GBM IV am Hirnstamm hatte. Er zog sich zurück von der Welt und bereitete sich bewußt auf seinen Tod vor.

Ich denke, es wird auch vom Alter des/der Betroffenen abhängen, den Lebensumständen, der Lebenseinstellung insgesamt...

Ein jüngerer Mensch wird das vielleicht anders sehen. Er wird bereit sein, zu kämpfen, hat vielleicht auch noch mehr "Reserven". Ich kenne einen jungen Mann mit einem GBM IV, er hat drei kleinere Kinder. Er hat die Diagnose bis heut 4 Jahre überlebt, aber nur wegen einer Op, Bestrahlung, Chemo, Temodal, etc.

Es wird nie ein allgemeines "Rezept" geben.

"Quälen" darf man niemand, niemals. So lange der Patient seine Meinung sagen kann, muß diese immer respektiert werden.

diddi

  • Gast
Re:Krebsfachklinik und ein guter Rat
« Antwort #2 am: 15. Juli 2004, 19:11:48 »
hallo milchmann

deinen beitrag habe ich gelesen und ich möchte mich dazu äussern
als erstes mal mein herzliches beileid zu dem tot deines vaters

ich möchte dir nicht zu nahe treten und deshalb muss ich betonen
das alles was ich schreibe meine persöhliche meinung ist und nicht
im mindesten als kritik an dich gemeint ist

ich selbst bin betroffener und ich meine das ich jedem das recht absprechen muss der versucht über mich zu bestimmen
ich werde meinen stinkigen kollegen (das GBM) solange ärgern wie ich kann. das mag sich im laufe des krankheitsverlauf ändern aber solange ich so mobil bin bin ich chef im ring

am montag  werde ich zur uniklink nach kiel fahren und vorgespräche für eine studie, zu der ich angemeldet habe, führen

was ich mache wenns  mal schlimmer wird das wird entschieden wenn es soweit ist

auch wenn es so anhört als das es mich garnichts angeht so weiss ich heute schon, dass ich diesen kampf verlieren werde aber noch ist es noch nicht so weit

mit besten grüsse von diddi 8)


pady

  • Gast
Re:Krebsfachklinik und ein guter Rat
« Antwort #3 am: 15. Juli 2004, 22:04:09 »
Hey zusammen,
mein Mann hat auch gegen diesen widerlichen Tumor angekämpft, immer, solange er Herr seiner Sinne war. Das ist auch richtig!! Doch irgendwann geht es nicht mehr, dann sollte man den Pat. in Ruhe lassen, dann ist es genug. Mein Mann hatte auch OP, Bestrahlungen, chemos, Studie, wieder Chemos, doch dann war es genug. Die letzten Termine, MRT, Chemos, haben wir abgesagt und er ist friedlich gestorben, nicht in einer Klinik an Apparaten, sondern zu Hause, bei mir, friedlich und in Ruhe.
Diddi, ärgere ihn so lange und so heftig wie Du nur kannst, wünsche Dir alles Glück der Welt dazu!!!
Gruß, Monika

Norma

  • Gast
Re:Krebsfachklinik und ein guter Rat
« Antwort #4 am: 15. Juli 2004, 22:39:33 »
Hallo Michael,hallo diddi,
man kann nie so genau wissen, was richtig und was falsch ist - aber ich meine: wenn der Betroffene sich nicht den diversen Therapien aussetzen will, kann und darf man ihn nicht dazu zwingen.

Das bedeutet nicht , daß er nicht kämpft - aber auf eine andere Art!
Man kann nur begleiten und nach besten Kräften unterstützen.

Leider können wir unseren Lieben die Krankheit nicht abnehmen, wir können nur nach immer neuen Möglichkeiten forschen, aber es muß die freie Entscheidung des Betroffenen sein, ob er es versucht oder nicht.

alles Gute und viel Kraft wünscht
Marion





Milchmann

  • Gast
Re:Krebsfachklinik und ein guter Rat
« Antwort #5 am: 16. Juli 2004, 12:15:10 »
Hallo Diddi,

danke für Dein Beileid. Es stimmt, was Du sagst, man muß gegen diesen Scheißtumor ankämpfen. Wir haben das selbstverständlich auch gemacht. Mein Vater hatte die 60 Jahre auch schon überschritten und war zudem sehr gläubig, was ihm  sicherlich eine sehr geholfen hat. Er war im Gegensatz zu uns, seiner Familie sehr in sich selber ruhend und hatte vor dem Tod keine große Angst, glaube ich. Klar hätte er gerne auch länger gelebt aber er hat sich auch ab einem bestimmten Punkt an absolut geweigert noch mehr Therapien über sich ergehen zu lassen.

Ich hoffe, ganz fest, daß Du zu den wenigen gehörst, die es ja zum Glück auch  gibt, die diesen Kampf überstehen. Ich gebe Dir trotzdem den Rat, viielleicht einmal bei Dr. Herzog vorbei zu schauen. Er hat insgesamt sensationelle Erfolge im Bereich der Krebsbehandlung erzielt und kennt sich sehr gut aus. Er macht sehr viel mit alternativer Medizin und hat auch hier viele Tips parat, die die Krankheit eindämmen und erträglicher machen.

Viel Glück!

Michael

Johanna Teig

  • Gast
Re:Krebsfachklinik und ein guter Rat
« Antwort #6 am: 17. Juli 2004, 14:31:24 »
Hallo,

ich finde auch, der Tod sollte kein Tabu sein.

Als Patient erwarte ich aber, dass sich meine Angehörigen in dem Punkt nach mir richten. Wenn es mir halbwegs gutgeht, dann will ich nicht dauernd mit einem leidenden Schicksalsblick konfrontiert werden. Wenn es mir schlecht geht, dann will ich keine zwanghaftes Das-wird-schon-wieder hören.

Viel verlangt und ziemlich egoistisch, ich weiss.

Meine Meinung: Man sollte den Patienten darin unterstützen, sich zu entscheiden, ihm die Entscheidung aber nur abnehmen, wenn er das wünscht.

Gerti

  • Gast
Re:Krebsfachklinik und ein guter Rat
« Antwort #7 am: 18. September 2004, 20:37:10 »
Hallo Michael, (Milchmann)
auch von mir mein herzliches Beileid zum Tod deines Vaters.
Bei meinem Mann wurde Anfang Juli ebenfalls ein Glioblastom diagnostiziert. OP nicht möglich. Nur Bestrahlung und Chemo.
Leider wurden wir in der Uni Aachen nur unzureichend  aufgeklärt, und mein Mann glaubt bisher noch, das er wirklich geheilt werden kann. Ich selbst weiss auch nur aus dem Internet einigermaßen Bescheid, will aber trotzdem alles tun, um ihm eine möglichst schöne und hoffentlich noch recht lange Zeit zu ermöglichen.  
Mein Mann leidet seit Diagnosestellung an heftigen Depressionen, obwohl er diese ganzen Internetseiten nicht gelesen hat. Nun habe ich aber auch eine ganze Menge über alternative Methoden und Studien gelesen, traue mich aber nicht, dies mit meinem Mann zu besprechen, weil er seit 2-3 Wochen wieder lachen kann, weil es ihm z.Zt. sehr gut geht, und er glaubt, dass er den Tumor wirklich besiegen kann. Wenn nur über die Möglichkeit eines Rückfalls gesprochen wird, blockt er sofort ab. Er sagt mir immer wieder, dass er in dem Fall keine weitere Behandlung mehr will. Er will, das ich dann nur noch dafür sorge, dass er zu Hause sein kann um in Ruhe zu sterben.
Ich weiss wirklich nicht, wie ich mich verhalten soll.
Einerseits möchte ich meinen Mann auch keinen Fall hergeben, andererseits kann ich auch seinen Wunsch nach einem Würdevollen "Ende" verstehen.
Gerti

 



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