Liebe Forum-Nutzer,
vielleicht haben es einige von Euch, die bestrahlt wurden, auch erlebt, dieses bläuliche Leuchten im Verlauf der Bestrahlung.
Ich wurde ja dreimal (an nicht überlappenden Stellen) mit dem Linearbeschleuniger bestrahlt (2000; 2011; 2017) und im Jahr 2017 fiel mir an jedem der 30 Bestrahlungstage zweimal ein bläuliches Leuchten auf, das zu bestimmten Zeiten je 20 s und je 30 s dauerte.
Da man wegen der Bestrahlungsmaske die Auge gar nicht öffnen kann, wunderte ich mich darüber, dass ich dieses Leuchten "sehen" kann und fragte nach, was das denn sei.
Die Physiker des dem Krankenhaus angeschlossenen Klinikums für Strahlenheilkunde, die die Berechnungen für jeden einzelnen Patienten durchführen, hatten diese Frage bereits häufiger gehört und ein Informationsblatt zusammengestellt:
"Schneller als das Licht ... Der Tscherenkow-Effekt"
Diese besondere Strahlung entsteht immer dann, wenn geladene Teilchen eine höhere Geschwindigkeit haben als die Lichtgeschwindigkeit in dem Medium, in dem sie sich bewegen. Das klingt zunächst paradox, wird aber verständlich, wenn man weiß, dass die Lichtgeschwindigkeit kein absoluter sondern ein relativer Wert ist.
So ist die Lichtgeschwindigkeit im Vakuum zwar die höchste erreichbare Geschwindigkeit überhaupt. In einem Medium hingegen, wie beispielsweise Luft oder Wasser, ist die Lichtgeschwindigkeit geringer. Die geladenen Teilchen in den kosmischen Schauern haben beinahe die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit inne und bewegen sich daher mit einer Geschwindigkeit, die größer ist als die Lichtgeschwindigkeit in Luft und Wasser.
Beim Vorbeiflug eines geladenen Teilchens an einem Atom wird dessen Elektronenhülle kurzzeitig polarisiert und strahlt durch die Induktion eines zeitlich veränderlichen elektrischen Dipolmoments elektromagnetische Wellen ab. Wenn die Geschwindigkeit des vorbeifliegenden Teilchens größer als die Lichtgeschwindigkeit in diesem Medium ist, so überlagern sich die elektromagnetischen Wellen aller Atome unter einem bestimmten Winkel konstruktiv - eine intensive Lichtstrahlung entsteht.
Auch Kosmonauten/Astronauten kennen diesen Effekt. So berichteten Raumfahrer über Lichtblitze, die sie trotz geschlossener Augen gesehen haben wollen. Das Rätsel ist auch hier mit Tscherenkow zu lösen: Geladene Teilchen dringen in Wasser ein - in diesem Fall in das Zellwasser des Augapfels der Kosmonauten/Astronauten.
Das Tscherenkow-Licht ist in seinem Mechanismus das Analogon zum Überschallknall, wenn Flugzeuge oder andere Körper sich schneller als der Schall fortbewegen."
Während der Strahlentherapie fliegen schließlich Röntgenstrahlen als Photonen, Protonen, Schwerionen, Gamma-Strahlen durch unseren Kopf. Diese Strahlen bestehen aus geladenen Teilchen. Sie können sich durch unser Gehirn schneller bewegen als sich das Licht normalerweise dort hindurch bewegt. In bestimmten Situationen, also bei bestimmten Einstrahlwinkeln und Strahlenintensitäten, kann dann dieser Tscherenkow-Lichteffekt für unser geschlossenes Auge sichtbar werden.
Ich finde das faszinierend.
Eure KaSy