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Astrozytom / 16 Jahre Astro I bis III (Ermutigendes)
« am: 03. Juli 2014, 18:30:36 »
Hallo,
ich möchte es kurz machen: unsere Geschichten ähneln sich ja meistens
doch mehr oder weniger; meine allerdings ist, glaube ich, ebenso seltsam wie
(vielleicht) ermutigend, auf jeden Fall aber ausgefallen:
Also: 1999 - Erstdiagnose nach GM (anhand eines MRTs -
ausgedehntes Astro I bis II fronto parietal rechts verbunden mit jahrelangen
z. T. schweren epileptischen Anfällen), schließlich erfolgreich behandelt mit damals neuartigen Medikamenten:
aus verschiedenen Gründen Verzicht auf OP des Tumors, Bestrahlung, Chemo, etc ...
Wachstum regelmäßig kontrolliert (MRT).
2012: Verdacht auf Astro III bestätigt (Biopsie). Weitere "Behandlung" wie
zuvor; es würde mich nicht wundern, wenn daraus inzwischen ein GLIO IV
entstanden wäre. Auf weitere MRTs habe ich verzichtet, weil ich auch bei einem GLIO IV nichts machen würde.
2013 (?) endogene oder exogene Psychose, ausgelöst durch eine scheinbar belanglose PM des Mitglieds XY (die mich dazu trieb, dieses Forum panikartig zu verlassen, anschließend erfolgreiche Behandlung der Psychose durch Medikamente).
Warum ich mit dieser Art, mich durchzuschlagen (die andere an eine Vogel - Strauß - Politik erinnern dürfte) so weit gekommen bin, ist mir wie auch auch meinen Ärzten - unklar. Vielleicht liegt es u. a. an folg.:
exzessive Physiotherapie und Psychotherapie,
Erlernen von Entspannungstechniken unterschiedlicher Art,
das Wissen, jederzeit Hilfe Dritter in Anspruch nehmen zu können (z. B. durch
ambulante Mitarbeiter eines Hospizes, Einrichtung eines Hausnotrufsystems, Taxifahrer, Nachbarn),
Begleitung durch Ärzte, die mich gut verstehen und mutig genug sind, auf die
Ausschöpfung aller medizinischen Möglichkeiten zu verzichten,
ein gut ausgeprägtes Körpergefühl, auf das ich mich verlassen kann,
die mehr oder weniger intensive Auseinandersetzung mit dem Tod (dem man so oder so nicht entkommt),
Akzeptanz der Realität, aber verbunden mit dem Versuch, immer wieder neu seine Grenzen auszuloten,
das wichtige Wissen darum, das schlechte Phasen von wieder besseren abgelöst
werden (z. Zt. hinke ich ziemlich stark; dieses Problem hatte ich schon
einmal vor ca. 10/15 Jahren und besserte sich nach langer Zeit infolge der Physiotherapie; ähnliches gilt für meine linke Hand (Lähmungstendenzen), hinzu kommen immer wieder neu aufflackernde Anfälle, die ich jedoch auch wieder
in den "Griff" bekommen werde (da bin ich mir sicher), Schwindelanfälle jeglicher
Art (wohl ausschließlich psychisch bedingt, meint mein Neurologe)
Bei einigen Begleiterscheinungen bin ich mir unsicher, ob sie hirntumorspezifisch bedingt sind oder bei allen schweren Krankheiten, von denen man über viele Jahre hinweg gepiesackt wird, auftreten bzw. altersbedingt/persönlichkeitsbedingt sein könnten. Ich tendiere im Prinzip dazu, mehr oder weniger gut erträgliche "Befindlichkeitsstörungen" auf den Tumor zu schieben, obwohl möglicherweise überhaupt kein Zusammenhang besteht); dazu gehören insbesondere eine deutlich erhöhte Stressanfälligkeit, ein großes Ruhebedürfnis, ein sich erkennbar verschlechterndes Kurzzeitgedächtnis, ein nachlassendes Auffassungsvermögen etc.
Völlig unterschätzt habe ich zunächst die Auswirkungen meiner Erkrankung auf meine Angehörigen (Gefühl der Überforderung). Inzwischen habe ich gelernt, darauf soweit wie möglich, d. h. soweit es nicht über meine Kräfte geht, Rücksicht zu nehmen, was mir manchmal ganz gut gelingt. Wichtig ist für uns, den Tumor ab und zu bewusst "links liegen" zu lassen und gemeinsam etwas Schönes, Außergewöhnliches zu unternehmen .
Mein nicht wirklich reflektiertes, sondern eher instinktiv entworfenes Konzept, mit der Erkrankung fertig zu werden, ist der komplette Gegenentwurf etwa zu dem von W. Herrndorf beschriebenen in seinem vollständig entmutigenden, depressiven Buch "Arbeit und Struktur", auf dessen Lektüre man gut verzichten kann.
Es ist vollständig klar, dass meine Art und Weise, mit diesem Mist umzugehen, für viele andere ganz falsch wäre und nur Schaden anrichten würde. Ich kann es nur beschreiben, mehr nicht.
So, nun verschwinde ich erst wieder einmal aus dem Forum - in der Hoffnung,
in ein paar Jahren (2018?) an dieser Geschichte (die kein Sommermärchen ist)
weiterschreiben zu können.
Aber einen Gedanken möchte ich zuvor noch anfügen: Es könnte sein, dass es mehr Hirntumorgeschädigte gibt als gedacht, denen es viel besser geht als anderen hier, die sich in diesem Forum aber nicht "outen", z. B. weil einfach ihr Leidensdruck nicht groß genug ist, um sich hier zu beteiligen, oder die aus welchen Gründen auch immer statistisch nicht erfasst sind. Vielleicht aber habe ich auch nur einfach Glück im Unglück gehabt. Wer kann das schon wissen? Und wer kann ausschließen, dass ich mit den Mitteln der Schulmedizin nicht ebenso weit oder noch weiter kommen würde?
Viele Grüße
Klatschmohn (der im Garten ist leider schon verblüht)
ich möchte es kurz machen: unsere Geschichten ähneln sich ja meistens
doch mehr oder weniger; meine allerdings ist, glaube ich, ebenso seltsam wie
(vielleicht) ermutigend, auf jeden Fall aber ausgefallen:
Also: 1999 - Erstdiagnose nach GM (anhand eines MRTs -
ausgedehntes Astro I bis II fronto parietal rechts verbunden mit jahrelangen
z. T. schweren epileptischen Anfällen), schließlich erfolgreich behandelt mit damals neuartigen Medikamenten:
aus verschiedenen Gründen Verzicht auf OP des Tumors, Bestrahlung, Chemo, etc ...
Wachstum regelmäßig kontrolliert (MRT).
2012: Verdacht auf Astro III bestätigt (Biopsie). Weitere "Behandlung" wie
zuvor; es würde mich nicht wundern, wenn daraus inzwischen ein GLIO IV
entstanden wäre. Auf weitere MRTs habe ich verzichtet, weil ich auch bei einem GLIO IV nichts machen würde.
2013 (?) endogene oder exogene Psychose, ausgelöst durch eine scheinbar belanglose PM des Mitglieds XY (die mich dazu trieb, dieses Forum panikartig zu verlassen, anschließend erfolgreiche Behandlung der Psychose durch Medikamente).
Warum ich mit dieser Art, mich durchzuschlagen (die andere an eine Vogel - Strauß - Politik erinnern dürfte) so weit gekommen bin, ist mir wie auch auch meinen Ärzten - unklar. Vielleicht liegt es u. a. an folg.:
exzessive Physiotherapie und Psychotherapie,
Erlernen von Entspannungstechniken unterschiedlicher Art,
das Wissen, jederzeit Hilfe Dritter in Anspruch nehmen zu können (z. B. durch
ambulante Mitarbeiter eines Hospizes, Einrichtung eines Hausnotrufsystems, Taxifahrer, Nachbarn),
Begleitung durch Ärzte, die mich gut verstehen und mutig genug sind, auf die
Ausschöpfung aller medizinischen Möglichkeiten zu verzichten,
ein gut ausgeprägtes Körpergefühl, auf das ich mich verlassen kann,
die mehr oder weniger intensive Auseinandersetzung mit dem Tod (dem man so oder so nicht entkommt),
Akzeptanz der Realität, aber verbunden mit dem Versuch, immer wieder neu seine Grenzen auszuloten,
das wichtige Wissen darum, das schlechte Phasen von wieder besseren abgelöst
werden (z. Zt. hinke ich ziemlich stark; dieses Problem hatte ich schon
einmal vor ca. 10/15 Jahren und besserte sich nach langer Zeit infolge der Physiotherapie; ähnliches gilt für meine linke Hand (Lähmungstendenzen), hinzu kommen immer wieder neu aufflackernde Anfälle, die ich jedoch auch wieder
in den "Griff" bekommen werde (da bin ich mir sicher), Schwindelanfälle jeglicher
Art (wohl ausschließlich psychisch bedingt, meint mein Neurologe)
Bei einigen Begleiterscheinungen bin ich mir unsicher, ob sie hirntumorspezifisch bedingt sind oder bei allen schweren Krankheiten, von denen man über viele Jahre hinweg gepiesackt wird, auftreten bzw. altersbedingt/persönlichkeitsbedingt sein könnten. Ich tendiere im Prinzip dazu, mehr oder weniger gut erträgliche "Befindlichkeitsstörungen" auf den Tumor zu schieben, obwohl möglicherweise überhaupt kein Zusammenhang besteht); dazu gehören insbesondere eine deutlich erhöhte Stressanfälligkeit, ein großes Ruhebedürfnis, ein sich erkennbar verschlechterndes Kurzzeitgedächtnis, ein nachlassendes Auffassungsvermögen etc.
Völlig unterschätzt habe ich zunächst die Auswirkungen meiner Erkrankung auf meine Angehörigen (Gefühl der Überforderung). Inzwischen habe ich gelernt, darauf soweit wie möglich, d. h. soweit es nicht über meine Kräfte geht, Rücksicht zu nehmen, was mir manchmal ganz gut gelingt. Wichtig ist für uns, den Tumor ab und zu bewusst "links liegen" zu lassen und gemeinsam etwas Schönes, Außergewöhnliches zu unternehmen .
Mein nicht wirklich reflektiertes, sondern eher instinktiv entworfenes Konzept, mit der Erkrankung fertig zu werden, ist der komplette Gegenentwurf etwa zu dem von W. Herrndorf beschriebenen in seinem vollständig entmutigenden, depressiven Buch "Arbeit und Struktur", auf dessen Lektüre man gut verzichten kann.
Es ist vollständig klar, dass meine Art und Weise, mit diesem Mist umzugehen, für viele andere ganz falsch wäre und nur Schaden anrichten würde. Ich kann es nur beschreiben, mehr nicht.
So, nun verschwinde ich erst wieder einmal aus dem Forum - in der Hoffnung,
in ein paar Jahren (2018?) an dieser Geschichte (die kein Sommermärchen ist)
weiterschreiben zu können.
Aber einen Gedanken möchte ich zuvor noch anfügen: Es könnte sein, dass es mehr Hirntumorgeschädigte gibt als gedacht, denen es viel besser geht als anderen hier, die sich in diesem Forum aber nicht "outen", z. B. weil einfach ihr Leidensdruck nicht groß genug ist, um sich hier zu beteiligen, oder die aus welchen Gründen auch immer statistisch nicht erfasst sind. Vielleicht aber habe ich auch nur einfach Glück im Unglück gehabt. Wer kann das schon wissen? Und wer kann ausschließen, dass ich mit den Mitteln der Schulmedizin nicht ebenso weit oder noch weiter kommen würde?
Viele Grüße
Klatschmohn (der im Garten ist leider schon verblüht)