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« am: 28. März 2009, 19:00:28 »
Hallo, liebe Sina,
du hast mich nach meinen Erfahrungen getragt, die will ich dir gerne mitteilen. Insgesamt war die Sache bei mir zwar angstbesetzt, aber ich würde jederzeit wieder zur Bestahlung gehen.
Wobei ich das Gefühl habe, dass die Frage, ob man Gamma Knife, Steretoaktisches Dingens oder Cyber Knife bevorzugt, auch ein wenig eine Glaubensfrage ist.
Zum Einen kann ich gut verstehen, dass du Angst hast. Bei mir zog sich die Zeit bis zum ersten Vorstellungstermin, weil ich nicht früh einen MRT-Termin bekommen habe.
Mit ist von einem Neurochirurgen in Bochum das Gamma Knife Aachen genannt worden (und Krefeld und Hannover), dann habe ich Aachen gewählt, weil es einem Krankenhaus angeschlossen ist. Ich dachte, wenn was schief geht, dann werde ich zumindest vor Ort schnell versorgt.
Ich habe irgendwann voller Panik die leitende Ärztin angerufen, Frau Dr. Huffmann, die hat mir schon viel Druck genommen, indem sie sich Zeit genommen hat und mir alle Fragen beantwortet hat. Das Telefonat dauerte etwa 25 min.
Dann kam einen Monat später das Vorstellungsgespräch (hört sich seltsam an). Das war immerhin schon 2 Monate nach der Diagnose und 7 Wochen nach dem Beschluss, mich zum Gamma Knife zu schicken.
Auch dort war ich ein Nervenbündel, hatte Todesängste, hatte mir vorher die schlimmsten Szenarien vorgestellt und konnte die Lage überhaupt nicht einschätzen. Ich bin über eine Stunde beraten worden, alle Fragen zu Nebenwirkungen sind ehrlich beantwortet worden.
Zu der Zeit war auch ein Hirntumortag (oder Tumortag?). Ich habe mit Frau Dr. Huffmann besprochen, welche Alternativen ich habe, ob meine Teilnahme an dieser Veranstaltung vielleicht erkenntniserweiternd sei. Ich bin nie zu Gamma Knife gedrängt worden, das tat mir auch gut. Bin dann auch nicht zu dem Tag gefahren.
Dann durfte ich mir noch in Aachen den Bestrahlungsapparat anschauen, habe die Mitarbeiterinnen kennen gelernt, alle waren sehr auskunftsfreudig und überhaupt nicht genervt.
Es gibt jemand in diesem Forum (ich weiß den Nick nicht auswendig), die hat ein Meningeom an der gleichen Stelle gehabt, hat sich operieren lassen und ist davon überzeugt.
Für mich war die Entscheidung für das Gamma Knife einfach, weil zwei Ärzte der selben Meinung waren, dass Gamma Knife die Behandlungsart der Wahl sei.
Das Meningeom war noch gewachsen bis zur Bestrahlung, es war auf über 5 cm Größe gekommen, aber man hat trotzdem gewagt zu bestrahlen. Mir war es wichtig, dass mein Hören und Sehen nicht zu sehr in Mitleidenschaft gezogen würde, darum hatte ich zu Gamma Knife mehr Zutrauen (der Untermieter wohnte 1-2 mm entfernt vom Chiasma opticum). Und ich wollte nach der Behandlung schnell wieder auf die Beine kommen, was aus heutiger Sicht albern ist. Ich dachte, das sei bei einer Bestrahlung gegeben.
Interessanterweise sagten mir drei Ärzte: Man muss auch gesund werden WOLLEN. Ich hatte das Selbstbild, dass ich um meine Gesundheit kämpfte, aber offensichtlich sahen es die Ärzte anders. Also habe ich mich entschlossen, gesund werden zu wollen.
Und dann lief es. Der Bestrahlungstag selbst war anstrengend. Mit 37 Bestrahlungen in 5 Stunden hätte ich fast den Gamma Knife-Rekord in Aachen gebrochen, ich bin aber mit einem guten 2. Platz zufrieden.
Das Team dort war wirklich spitze, wir haben alle zusammen gekämpft (um Geschwindigkeit, um gute Stimmung, ...). So habe ich nur das Frühstück gebrochen.
In irgendeiner Weise war ich auch beruhigt, als man am Behandlungstag über eine Stunde zur Planung der Bestrahlung brauchte, ich hatte das Gefühl, man arbeitet sehr gewissenhaft.
Die beiden Ärzte, die dort mit Gamma Knife arbeiten, sind schon seit etwa 10 Jahren im Geschäft und beherrschen ihr Handwerk.
Als es nachher um Nebenwirkungen ging (ich hatte mal später Dauerkopfschmerzen, dass ich dachte, mir zerspringt der Schädel), hat sich mein Hausarzt sofort an den Arzt in Aachen gewandt, weil der auch in diesen Fällen sofort und kompetent Rede und Antwort steht. Herr Dr. van Oosterhout hat mich sogar bei der Arbeit angerufen, um mir seine Einschätzung der Situation mitzuteilen.
Eine andere Frage von dir war ja auch, wie schnell ich es überwunden hatte. Der Tag nach der Bestrahlung war nicht gut, ich hatte den Strahlenkater. Die nächsten Tage gingen schon gut, ich habe mich in der Wohnung aufgehalten, war noch aufgewühlt, aber es war ok. Ich war schon irgendwie geschwächt, brauchte in der Zeit nach der Bestrahlung mehr Zeit zum Erholen, es gab auch Phasen mit mehr Kopfschmerzen, aber alles im Toleranzbereich.
Man hatte mir vorher gesagt, durch die eingedrehten Schrauben würde eventuell ein Kopfhautnerv getroffen. Dies war dann auch der Fall, aber die Kopfhaut war bei mir nicht nur taub (ist komisch, aber nicht schlimm), sondern auch schmerzempfindlich. Das war etwa 2-3 Monate lang.
Nach einer Woche habe ich wieder im Beruf gearbeitet. Aus meiner Umgebung wissen wenig Menschen von meinem Turmor und wer es nicht weiß, der hätte es bei mir nicht geahnt.
Du siehst, bei allen Beschreibungen und Beschwerden klage ich auf hohem Niveau. Im Forum gibt es viele, die es deutlich härter getroffen hat. Es war nicht wirklich schlimm.
Mein Tumor ist geschrumpft, ich war kurz vor der ersten Nachsorgeuntersuchung nicht mehr überzeugt davon. Aber er ist um mehr als einen Zentimeter geschrumpft, darum bin ich umso mehr beruhigt.
Ich habe im Dezember bei der Kontrolluntersuchung auch die Frage der Nebenwirkungen und Spätfolgen angesprochen. Ich meine, das Folgende auch im Forum irgenwo mal abgesondert gehabt zu haben. Wenn ich es richtig verstanden habe (ich bin seit 2001 schwerhörig), steigt in der Tat durch die Bestrahlung das Epilepsie-Risiko und auch das Risiko, dass die mit bestrahlte Vene porös wird und irgenwann ... na ja, ich sage das mal in meinen Worten: undicht wid. Aber das kündigt sich dann wohl körperintern an und die anderen Venen übernehmen auch vorher schon die Arbeit.
Ich meine außerdem, dass im Forum darüber diskutiert wird, imwieweit die Bestrahlung ein Zellwachstum beim umliegenden bestrahlten Gewebe auslösen kann. Aber darüber weiß ich zu wenig.
Ich hoffe, ich habe dich nicht zu sehr zugetextet und wünsche dir eine gute Entscheidung.
Wir können auch gerne telefonieren, wenn du magst.
Liebe Grüße
Junock