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« am: 04. Dezember 2017, 23:42:03 »
Hallo Harleyfreak,
Mitte Februar 2011 bekam mein Mann die Diagnose Hirntumor und ich hatte das Gefühl, den Boden unter den Füßen zu verlieren.
Einige Zeit später dann die Op. Der Tumor war ein Meningeom WHO I, rechtsseitig im Frontalhirn gelegen und es hatte eine ähnliche Größe wie der Tumor bei deiner Frau. Die Op dauerte 13 1/2 Std. und es gab Komplikationen wie sehr starken Blutverlust und er bekam während der Op einen heftigen epileptischen Anfall. Kurz danach kam ein Schlaganfall mit kompletter Lähmung dazu. Nach 3 Tagen künstlichem Koma wurde er geweckt. Ein paar Stunden später fiel er für ca 3 Wochen ins Koma. Nach insgesamt 6 Wochen Intensiv- und Wachstation wurde er in die Früh-Reha verlegt, konnte sich nicht selbsttätig im Bett umdrehen, nicht sitzen, weder selbständig essen und trinken. Die Reha war zu Anfang wenig effektiv, er konnte zu dem Zeitpunkt überhaupt nicht realisieren, was die Therapeuten von ihm wollten. Mitte Mai bekam ich dann die Mitteilung, Entlassung zum Ende des Monats in ein Pflegeheim, da austherapiert.
Aber dann geschah das Unfassbare, als ob er plötzlich aus seiner Lethargie erwacht war begann er, in den Therapien mitzuarbeiten. Er ließ sich in den Rollstuhl setzen und begann, sich mit einem Bein abzuschubzen. Er meinte zu mir, sonst würde er ja nie aus seinem Zimmer rauskommen. Nach einem Gespräch meinerseits mit der KK wurde die Reha für weitere 6 Wochen genehmigt, obwohl er die eigentlichen Kriterien nicht erfüllen könnte. Einige Tage später bekam ich einen Anruf aus der Reha, ob man ihn im Rollstuhl mit einer sogenannten Sitzhose fixieren könne, er würde immer aufstehen wollen. Ich stimmte natürlich zu, Sicherheit hatte oberste Priorität. Aber ich hab gedacht, er wird wohl im Rollstuhl eingeschlafen, vornüber gekippt und daher hingefallen sein. Am Nachmittag haben wir ihn ja dann besucht. Er nestelte an der Sitzhose herum, meinte, er müsse nochmal auf's Klo und ich solle ihn doch abschnallen. Und dann standen wir wie gelähmt da und wußten nicht, ob wir lachen oder weinen sollten: er stand auf, ging ins Bad, wusch sich die Hände, kam zurück, zog sich ne Jacke an, schloß den Reißverschluss und setzte sich in den Rolli, jetzt kann's losgehen. Es war Ostern und Weihnachten gleichzeitig an einem Tag für uns.
Und danach ging es mit riesengroßen Schritten vorwärts.
Nach insgesamt knapp 5 Monaten kam er wieder nach Hause, ohne Rolli, ohne jeglichen anderen Gehhilfen.
Sein Kurzzeitgedächtnis war und ist stark in Mitleidenschaft gezogen. Er ist im Alltag stark eingeschränkt, kann aber alles wieder allein, braucht nur ständige Anleitung und Beaufsichtigung.
Mit all dem können wir bzw ich aber gut umgehen, wir führen ein weitgehend normales Leben, fahren und fliegen in den Urlaub. Und wir können unheimlich viel zusammen lachen.
Gleich zu Anfang wurde uns gesagt, es könne bis zu einem Jahr dauern, bis sich das Gehirn regeneriert hat. Was sich allerdings in dieser Zeit nicht verändert hat, das bliebe auch so. Das allerdings stimmte in unserem Fälle Gott sei Dank nicht. Selbst nach 3 bis 4 Jahren und bis jetzt gibt es immer noch positive Veränderungen.
Daß so eine große Op nicht spurlos am Betroffenen und auch deren Angehörigen vorbei geht, kann man sich ja denken. Man braucht Zeit und G e d u l d , das alles zu verarbeiten. Und das Gehirn ist beleidigt nach so einer Op und braucht Zeit zur Erholung.
Es gibt hier im Forum im Bereich Meningeom die unterschiedlichsten Verläufe.
Auch unsere zu Anfang schier aussichtslose Situation hat sich zum Guten gewandt.
Ich hoffe, du hast ein wenig Mut schöpfen können und kannst die "Kämpferin" an deiner Seite tatkräftig unterstützen.
Wir wünschen dir und deiner Frau alles Gute
LG Gabi und Manfred