Hallo liebe Forumler,
auch ich möchte mich bei euch einreihen. Mir drückt der Schuh und ich weiß nicht wohin damit. Selbst mein Neurologe begegnet mir mehr oder weniger mit Unverständnis, allerdings folgte ich auch nie dem überall erteilten Rat, Zweitmeinungen einzuholen, bin froh, so wenig wie möglich mit Ärzten konfrontiert zu werden. Schön, dieses Forum gefunden zu haben, bietet sich doch hier die Möglichkeit, Sachen loszuwerden bzw. zu fragen, die ich sonst nicht unbedingt an den Mann bringen wöllte.
Also: 2007 nach einem anstrengenden Arbeitstag ein einmaliger Grand Mal - Krankenhaus - Diagnose Astro II im Frontalhirn - OP mit fast vollständiger Entfernung (ähm, des Astros, nicht des Frontalhirnes). Soweit, so gut. Einstellung mit Keppra – hurra, bei einer der häufigsten bekannten Nebenwirkungen voll zugelangt: Depressionen. Da durch die Anamnese im Krankenhaus auch mein Borderline (was bin ich über die Anonymität hier im Forum froh…
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) bekannt war, hätte das Medikament nicht unbedingt das Mittel der Wahl sein müssen. Nach bzw. während eines Totalabsturzes ein halbes Jahr später nahm ich in Alles-egal- und suizidaler Stimmung dann auch das Keppra nicht mehr, schleppte mich noch irgendwie zu einem Termin in die Neuroonkologie und erhielt Lamictal. „Prima“, dachte ich mit meinem ergoogelten Halbwissen, zwei Fliegen mit einer Klappe, da der Wirkstoff Lamotrigin ja auch außer als Antikonvulsivum in der Psychotherapie als Stimmungsstabilisator Verwendung findet.
Seither nehme ich dies mehr oder weniger regelmäßig, das „Weniger“ heißt in diesem Falle, dass ich ab und an in den letzten zwei Jahren Versuche unternahm, dies auf eigene Faust auszuschleichen – ja, steinigt mich ruhig! – und jedes Mal voller Panik und reuig wieder aufdosierte. Muss ich denn mein Leben lang wegen eines einzigen Anfalles das Zeug nehmen? Der Neurologe will nicht ran da, allerdings scheint mir sein Vorgehen da generell sehr schematisch, um auf der sicheren Seite zu sein (ansonsten komm ich primstens mit ihm klar). Ich vermisse mein altes Leben! Und jetzt komme ich endlich auf den eigentlichen Punkt dieses Threads, vielleicht hat ja wer anders auch Erfahrungen damit und kann mir weiterhelfen. Der Leidensdruck ist enorm.
Ich weiß nicht, seit wann ich das bewusst wahrgenommen habe nach der ganzen Aufregung und Verarbeitung des Geschehens damals. Auf jeden Fall finde ich mich total verändert vor, total abgeflachte Emotionen und wenn, dann eher in die negative Richtung. Mich bringt nix wirklich aus der Ruhe und ich hasse diesen Zustand. Wie weiter oben erwähnt, bin ich mit Borderline „gesegnet“, das heißt unter anderem ein Leben zwischen Hochs und Tiefs und das alles oft extrem. Nicht unbedingt immer schön, aber das war eben ICH. Und jetzt plätschert mein Leben irgendwie auf einer Nulllinie vor sich hin und ich komme mir vor, als stünde ich daneben und guck zu, weil das bin nicht ich. *räusper* ich hab nicht mal mehr Lust auf und an Sex, vorher führte ich ein sehr promiskuitives Leben und Lustlosigkeit war undenkbar. (nochmals Danke der Anonymität des Internets...) Der Tausch der relativen Stimmungsstabilität gegen diese irrsinnigen Freuden, Begeisterungsfähigkeit, naja und eben auch mitunter die unschönen Dinge als Gegenpart, ist auf Dauer kein guter.
Jetzt stellt sich die Frage, liegt das tatsächlich an der Wirkung des Lamictals? Kann jemand ähnliches berichten? Oder liegt es an der Verletzung des Frontalhirns, welches ja u.a. als Sitz der Emotionen, der Persönlichkeit fungiert? Kürzlich las ich, dass Kriegsverletzte mit Trauma des Frontalhirnes Gefühlsleichen sind. Naja, war jetzt etwas deftig ausgedrückt, aber trifft den Kern der Sache
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. Findet sich außer mir noch jemand, der am Lobus frontalis operiert wurde, so verändert vor?
Meinen Neurologen frag ich nicht mehr, ich hab immer den Eindruck, dass er mich in dieser Richtung nicht ernst nimmt. Klage ich über Verlust kognitiver Fähigkeiten, insbesondere meiner Merkfähigkeit, oder die neu hinzugewonnenen Begabung, völlig falsche Wörter in einen Satz einbauen zu können, schickt er mich zum Hirnleistungstest, dessen Ergebnisse jedes Mal überdurchschnittlich oder sehr überdurchschnittlich sind und damit hat sich das für ihn. Klage ich darüber, dass die Tests nichtssagend für mein Problem sind, weil, wenn ich mich darauf konzentriere, dann kann ich mir natürlich Dinge für drei oder weniger Minuten merken, Zahlenreihen vor- und rückwärts aufzusagen, Deutsch-, Mathekenntnisse, Allgemeinwissen, das Kinderspiel, mit Bleistift einen Weg aus dem Labyrinth zu malen oder ähnliches finde ich an dieser Stelle auch ziemlich sinnfrei, dann kommt die nicht in Frage zu stellende ärztliche Autorität und die Tests hätten schon einen Sinn und basta! Ups - sowas nennt man einen Schachtelsatz
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Vielen Dank fürs Lesen an diejenigen, die sich bis hier hin durchgekämpft haben. Und wow – tat das gut, den ganzen Mist mal auszukotzen…
die Chaostante