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Autor Thema: Wissen Eure Angehörigen über den Umfang ihrer Krankheit Bescheid?  (Gelesen 7572 mal)

Angie

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Hallo,

wir durchleben momentan gerade diesen Wahnsinn der Glioblastomerkrankung bei meiner 64jährigen Mutter.
Unter anderem beschäftigt mich eine Sache momentan sehr stark: Wie geht ihr/ wie gehen eure Ärzte mit dieser Diagnose um. Klärt ihr eure Angehörigen in vollem Umfang auf? Wissen sie wie schlimm ihre Krankheit ist und wie schlecht die Prognosen kurz wissen sie genauwie es um sie steht? Sollte man das als Betroffener Patient wissen oder wird einem damit aller Lebensmut genommen? Wie gehe ich als Angehörige damit um? Die Ärzte haben bei uns nur sehr verklausuliert und  vage gesprochen.....die wesentlichen Informationen habe ich von hier.

Meine Mutter weiß, dass sie einen bösartigen aggressiven Tumor hat(te), aber nach der Aussage der Ärzte (ihr gegenüber!) wird jetzt bestrahlt, damit "alles weg ist und nichts wieder kommen kann"....sie hat natürlich Angst, aber auch die vage Hoffnung wieder ganz gesund werden zu können. Aber auch irgendwie eine Unsicherheit und diffuse Ängste (is ja klar.....) und ich sitze ganz oft da und denke.....wäre es nicht besser, offen mit ihr zu sprechen? Wie handhabt ihr das? Wie sehen das die Betroffenen selber? Was ist schlimmer: Den quasi sicheren Tod in absehbarer Zeit vor Augen zu haben oder ein diffuses Gefühl von "großer Angst, denn  ich weiß nicht genau was mit mir geschieht...."

Das klingt vielleicht blöde, aber ich bin mir wirklich unsicher.

LG Angie  ???


Offline elu

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Re:Wissen Eure Angehörigen über den Umfang ihrer Krankheit Bescheid?
« Antwort #2 am: 03. Oktober 2007, 21:41:16 »
Hallo Angi,also mein onkel der seit nov.06 an einem glioblastom grad 4 erkrankt ist,hat von seinem arzt die traurige warheit gesagt bekommen.ich persönlich durchlebe seine krankheit seit febuar07 mit ihm.ich würde das nie wieder wollen das es der kranke mensch erfährt.im nov06 wurde meinem onkel gesagt das er höchstens noch drei monate zu leben hätte.diese drei mon.sind schon lange vorbei.mein onkel hat jeden tag mit der angst gelebt am nächsten tag nicht mehr wach zu werden.bis vor kurzen hat er sogar noch gedacht das er die krankheit vieleicht überlebt.mittlerweile ist er von dem cortison so aufgeschwemmt das er kaum noch laufen kann.hinzukommt jetzt das er viel zu hohen zucker(durch das cortison)bekommen hat.vor ein paar tagen hat er seine frau die ihn wirklich liebevoll pflegt,gefragt wer sie denn wäre.es lässt also jetzt langsam nach das er uns alle erkennen wird.ich für meinen teil bete jeden tag das der liebe gott ihn zu sich holt da es nur noch eine qual für ihn ist.er ist 55 jahre hat bis letzte jahr 12 stunden am tag gearbeitet und wenn man ihn heute sieht würde man nicht meinen das er letztes jahr noch der gestandene mann war der er heute nicht mehr ist.ich bin sehr traurig da ich nicht verstehen kann warum gerade er so krank geworden ist.es tut einem im herzen weh wenn man sieht wie schnell der mensch der letztes jahr noch motorad gefahren ist,arbeiten war wie ein tier,noch urlaub gemacht hat heute nur noch ein wrack ist.dieser tumor ist der bösartigste und agresivste den es gibt.hoffe und bete das mein onkel nicht mehr lange leiden muss.aber wie oben schon mal gesagt ich würde es nicht sagen ,ich würde alles geschehn lassen.ich wünsche euch viel kraft und hoffe das ihr die richtige entscheidung für euch trefft.lg elu

Offline sonnenlicht

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Re:Wissen Eure Angehörigen über den Umfang ihrer Krankheit Bescheid?
« Antwort #3 am: 16. November 2007, 18:49:49 »
Hallo Angie,

Die Mutter meines damaligen Lebensgefährten weiss es zwar aber genau wie ihr Mann wissen beide nicht den genauen Umfang der Erkrankung, und die dazu gehörigen Prognosen bei einem Glioblastom.
Ich stehe zwar nach wie vor in guten Kontakt mit Ihnen und auch weiterhin bin ich mit meinem Ex sehr gut Befreundet, doch zu 100% weiss selbst mein Ex erst seit einigen Tagen wie ein Glioblastom verläuft obwohl seine Mutter vor 3 jahren Operiert wurde und vorgestern 09 stündig erneut.
Er, seine Geschwister und seine Eltern hielten folgendermaßen:

Ok, sie hat einen Glioblastom das ist schlimm aber sie wurde operiert bekommt Bestrahlung 34x kobald und nun ist es gut"  <--- Und da war das Thema beendet bzw. verdrängt.

Gestern als sie erneut Operiert werden musste war es doch anders, ich erfreute mich darüber das mein Ex es endlich nach 3 Jahren doch geschafft hatte sich mit dem Thema richtig auseinander zu setzen, er war Fassungslos wie Lechtsinnig er damit umging und was man doch alles hätte noch Erleben können mit seiner Mutter.
Er machte sich Vorwürfe da er sich nicht richtig aufklären lassen hat, ich hatte es allerdings damals oftmals versucht aber wenn man wie ich vor eine Wand redet und nichts bei der Person ankommt waren auch mir die Hände gebunden, Traurig aber wahr.
Nun geht er damit Bewusster um und das freut mich.
Und wer weiss wozu es gut war das er sich damit bisher nicht richtig auseinander gesetzt hatte, denn so wie ich Ihn kenne, hätte er es eh nicht richtig Verkraften können und hätte fortan über sensibel reagiert.

Allerdings ist die Schwester seiner Mutter Heilpraktikerin und weiss sehr wohl was los ist und das beruhigt mich ungemein.


So schaut es aus liebe Angie

Lg

Christa

  • Gast
Re:Wissen Eure Angehörigen über den Umfang ihrer Krankheit Bescheid?
« Antwort #4 am: 17. November 2007, 02:10:42 »
Liebe Angie,

in dem Thread 'Glioblastom' kam kürzlich eine ähnliche Frage auf.
Ich kopiere dir hier mal meine Antwort hin (passt nicht in allen Punkten auf deine Frage, aber doch recht gut.):
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Ich bin Betroffene, - Glioblastom IV, bekannt seit August 2006, operiert  und z.Zt. ohne Symptome.
Eine Prognose über meine mögliche restliche Lebensdauer hat mir mein Arzt nicht gegeben, aber eine genaue Aufklärung über meine Krankheit .
Ich habe, wie du es von deiner Mutter befürchtest, nach der Rückkehr aus dem Krankenhaus ausgiebig im Internet gesurft. Die Krankheitsverläufe haben mich betroffen gemacht, aber nicht verängstigt. Es folgte für mich eine intensive Beschäftigung mit meinem möglichen baldigen Sterben und Auseinandersetzung mit dem, was ich zu regeln habe.
Meinen Sohn und mich hat das Wissen um meine Krankheit sehr nahe gebracht, die nötigen Verfügungen (Patientenverfügung, Vollmachten) usw. sind erfolgt, manches geklärt, was ich in meinem Leben noch klären möchte, die Phase der Auseinandersetzung mit dem Tod ist vorerst  gestoppt, hat aber nun keinen Schrecken mehr, wenn es soweit ist.

Hätte man mir diese Abläufe vorenthalten, indem man mir die Schwere und Unheilbarkeit der Krankheit verschwiegen hätte, so würden viele, viele gute Gespräche mit Angehörigen und Freunden fehlen sowie Erfahrungen mit Freunden und Bekannten (überwiegend schlechte und dadurch nicht minder wichtige) und ich wäre eines Tages sicher sehr böse, wenn man mir diese wichitge Zeit genommen hätte, indem man mich belogen hätte.

Überleg doch auch mal unter diesem Gesichtspunkt! Es ist für Euch leichter, mit deiner Mutter so umzugehen, als werde sie wieder gesund. Es ist aber für deine Mutter und ihren Lebensweg wichtig, sich mit ihrer Krankheit auseinanderzusetzen. Und es geht hier um deine Mutter.
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Ich möchte noch etwas ergänzen.
Meine Mutter starb 1965 an Krebs. In der Zeit war es üblich, den Patienten zu verschweigen, welche Krankheit sie hatten und dass sie nur noch eine kurze Lebenszeit hatten.
Ich leide sehr darunter, dass wir meiner Mutter nicht ermöglicht haben, sich mit uns über ihr Sterben und ihre Ängste auseinanderzusetzen, sondern sie, genau wie die Ärzte, belogen haben und ihr versuchten zu vermitteln, dass sie wieder gesund werden wird.
Wir haben ihr die wichtige Möglichkeit genommen, mit uns zu reden.
M.E. weiß oder spürt jeder Kranke, was mit ihm los ist.
Wenn die Angehörigen ihm nicht die Wahrheit sagen, dann wird der Kranke auch versuchen, sie zu schonen und nicht mit seinen Ängsten zu belasten. Und das ist quälend, weil er allein mit seinen Ängsten ist.

Angie

  • Gast
Re:Wissen Eure Angehörigen über den Umfang ihrer Krankheit Bescheid?
« Antwort #5 am: 19. November 2007, 17:07:19 »
Hallo Christa und alle anderen,

danke für Eure Antworten, besonders die letzte (aus dem anderen thread) bringt einem die mögliche Perspektive der Betroffenen selber vor Augen....ich bin zwar hin und her gerissen, aber letztlich auch der Meinung, dass meine Mutter ein Recht auf die - wenn auch schwere- Wahrheit hat.

Aber meine Angehörigen sehen das anders und die Psychologin hat es uns richtiggehend "verboten", über ein mögliches Sterben mit ihr zu sprechen.

Ich kann das nicht eigenmächtig entscheiden, aber ich sehe mich ständig mit "Halblügen" konfrontiert und ads gefällt mir auch ganz und gar nicht. Es ist sehr schwer, das Richtige zu tun und auch hier im internet werden beide Wege (sprechen oder nicht) etwa gleich häufig und gleich vehement propagiert.  

Ich denke ich werde mich an einenweiteren Psychoogen und einen Seelsorger wenden, um zu erfahren, wie man es machen kan, die wahrheit zu sagen und den Lebensmut nicht zu nehmen.

Meine Geschwister und mein Vater meinen, wenn meine Mutter wüsste, dass die Krankheit unheilbar ist, würde sie jeglichen Lebesmut verlieren. Meine Schwester meinte sogar letztens ihr wäre es lieber, wenn sie es selber auch nicht wüsste, denn so hat sie den drohenden Verlust der Mutter ständig vor Augen und as findet sie ganz schlimm.

Es interessiert mich sehr, wie ihr alle damit umgeht. Und letztlich ist ja die Tatsache, dass auch Betroffene selber hier aktiv schreiben, irgendwie der Beweis, dass man auch in vollem Bewusstsein um die Tragweite dieser Krankheit "weiter leben kann" vielleicht sogar bewusster....was ich außerordentlich bewundernswert finde.

Ich bin sehr dankbar, dass es meiner Mutter nach einer sehr schweren Zeit wieder etwas besser geht, aber natürlich habe ich Angst, dass es nicht so bleibt, eben weil ich die typischen Krankheitsverläufe kenne....aber natürlich gehe ich nun auch bewusst mit der Zeit um, die ich noch mit meiner Mutter verbringen kann.

LG und Auch allen ganz viel Kraft
Angie    

Ulrich

  • Gast
Re:Wissen Eure Angehörigen über den Umfang ihrer Krankheit Bescheid?
« Antwort #6 am: 19. November 2007, 17:33:14 »
die Psychologin hat es uns richtiggehend "verboten", über ein mögliches Sterben mit ihr zu sprechen.

Das finde ich eigenartig. Vielleicht hat die Psychologin selbst Angst vor dem Sterben? "Verbieten" wäre eigentlich - meine ich - nur dann "angemessen" oder "angebracht", wenn akute Suizidgefahr bestünde.

Man kann den Erkrankten ja nicht wirklich "schonen", er / sie merkt schon, was los ist. Ich lag mal in der Intensivstation neben einem Querschnittsgelähmten (die Abteile nur durch Tücher getrennt), da kam Besuch, lärmend, überdreht, sie meinten: "Mensch, Willi, in 14 Tagen spielst du wieder Tennis" und brachten ihm einen "Playboy" mit. Das wär' dann das Extrem.

Ich würde mich noch mit einem weiteren Psychologen beraten. Im direkten Gespräch in einer "geschützten" Gesprächsatmosphäre kann man die Situation sicher differenzierter "evaluieren" als in einem für alle lesbaren Internet-Forum.

Sarabande

  • Gast
Re:Wissen Eure Angehörigen über den Umfang ihrer Krankheit Bescheid?
« Antwort #7 am: 19. November 2007, 21:58:39 »
Hi Angie!

Wie Ulrich, finde ich den Verhalten des Psychologins etwas merkwürdig. Wie Ulrich auch andeutet, kann nicht jeder Psychologe mit dem Tod gut umgehen.  Das haben wir auch aus „erste Hand“ erfahren.  Wenn du doch einen neuen suchst, schau möglichst in den Palliativen Bereich, bzw. frag in eine onkologische Beratungsstelle nach.  

Ich finde, man kann direkt reden, ohne brutal zu sein. Unser Neurologe hat öfters mal darüber mit mir gesprochen.  Er ist fest der Überzeugung, dass Patienten nur das erzählt bekommen sollen, was die wissen wollen.  Fragen wie „wollen sie die Wahrheit wissen?“ sind nicht angebracht. In privaten Gespräche hat er mir erklärt, das er die Meinung ist, das man von niemand erwarten kann, das die ganz ohne Hoffnung leben können, und das Patienten auch den Recht haben, nicht wissen zu müssen.  Er richtet sich sehr danach, was die Patienten fragen.  Nicht, das er lügt. Mein Mann hat er immer gesagt, dieser Tumor kommt bestimmt wieder, und wir werden dann schauen müssen, was wir machen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie an was anderes sterben, ist klein.

Ich habe meinem Mann nie geschont, und wohl von der Prognose erzählt. Er hat sich aber trotzdem etwas beschützt, in dem das er der Neurologe immer nur begrenzt gefragt hat, wie er die Lage einschätzt.  Nach und nach habe ich gemerkt, dass der Neurologe Recht hat. Um leben zu können, braucht man ein wenig Hoffnung, egal wie unrealistisch.  Und gleichzeitig braucht man so viel Zeit wie möglich, um sich mit dem Tod auseinander zu setzen.  Es ist eine Gradwanderung. Ich bin 100% für die Wahrheit, und absolut dagegen, das man Angehörigen belügt.  Aber Platz für Lebensfreude muss noch bleiben. Auf was kann man hoffen?  Hoffnung auf eine überdurchschnittlich lange rezidivfreie Zeit fände ich z.B. absolut legitim.  Hoffnung, später, auf wertvollem Tage trotz Einschränkungen.  Hoffnung auf ein möglichst schmerzfrei und würdevollen Ende – das hat unsere Neurologe meinem Mann versprochen, im Rahmen eines Gespräches, wo er erklärt hat, das die Zeit kommen würde, wo man der Tumor nicht mehr im Griff kriegen könnte.  Die Wahrheit kann so oder so formuliert werden.  Und es gibt Leute, die das können.  Ich hoffe sehr, dass du mindestens eine davon demnächst findest.

LG,

S.

 



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