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Autor Thema: Fehlschlag der Gentherapie-Studie wird verschwiegen  (Gelesen 6760 mal)

Offline Mike

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Fehlschlag der Gentherapie-Studie wird verschwiegen
« am: 13. Juli 2002, 00:04:29 »
Der Fehlschlag einer Gentherapie-Studie wird verschwiegen

Ausgabe vom 05. Januar 2000 !!!!

Forscher brechen die weltgrößte Untersuchung zur Gentherapie wegen Unwirksamkeit ab. Hirntumor-Patienten hatten keinerlei Vorteile

von Michael Simm

Die weltweit größte Studie zur Gentherapie ist erfolglos verlaufen. Rund 300 Patienten, die in 45 Kliniken Europas und Nordamerikas wegen besonders bösartiger Hirntumoren (Glioblastome) behandelt worden waren, hätten "keinerlei Vorteile" von der Methode gehabt, bestätigte Christian Ostertag von der Universitätsklinik Freiburg auf Anfrage. Obwohl der Fehlschlag in Fachkreisen schon seit Monaten für Gesprächsstoff sorgt, sind die Ergebnisse der Studie noch immer unveröffentlicht, kritisierte Ostertag.

"Wegen erwiesener Unwirksamkeit" sei die Studie mit der Nummer 117 offiziell ausgesetzt worden, bestätigte Manfred Westphal, kommissarischer Leiter der Neurochirurgie des Universitätskrankenhauses Hamburg-Eppendorf. Westphal, der im Gegensatz zu Ostertag als Prüfarzt an Studie 117 beteiligt war, verteidigte dennoch das Vorgehen des Pharmakonzerns Novartis, der das Unternehmen finanziert und koordiniert hatte. Der Druck der Öffentlichkeit habe zum raschen Beginn der Studie im Jahr 1996 geführt. Zuvor hatte man drei Jahrzehnte lang fast keine Fortschritte bei der Bekämpfung des äußerst aggressiven Tumors gemacht. Im Durchschnitt überleben Glioblastom-Patienten ihre Diagnose trotz aller ärztlichen Bemühungen nur etwa ein Jahr. Wie viele seiner Kollegen hatte auch Westphal hunderte Anrufe von verzweifelten Patienten und Angehörigen erhalten. "Unter diesen Umständen war es gerechtfertigt, die Gentherapie auszuprobieren", betonte der Mediziner.

Patienten lebten nicht länger

Ziel des Verfahrens war es, mit Hilfe bestimmter Viren "Selbstmordgene" in den Tumor einzuschleusen. Die fremde Erbinformation führt dort zunächst zur Bildung des Eiweißes Thymidinkinase. Anschließend erhalten die Patienten eine Infusion der Arznei Ganciclovir, die von der Thymidinkinase im Tumor in ein starkes Zellgift umgewandelt wird. Bei Ratten und Mäusen war es mit dieser Methode schon 1992 gelungen, Glioblastome vollständig zu heilen. Bei vielen Studienteilnehmern schrumpften die Tumoren zwar kurzfristig, dann aber wuchsen sie um so schneller, so dass die Überlebenszeit nicht verlängert wurde.

Die für die Versuche an Krebskranken benötigten Reagenzien, Viren und Zellen waren von der ehemaligen Novartis-Tochtergesellschaft Genetic Therapy Incorporated (GTI) im amerikanischen Gaithersburg produziert und tiefgekühlt in flüssigem Stickstoff an die beteiligten Kliniken verschickt worden. Letztlich scheiterte der Versuch daran, dass die heilsamen Gene nur einen Bruchteil der Tumorzellen erreichten. Die von GTI bereitgestellten Viren waren zu groß und nicht hoch genug dosiert. Mittlerweile hat Novartis das Unternehmen verkauft.

Trotz des Rückschlags hoffen die beteiligten Forscher weiterhin, mit ihren Versuchen die Chancen von Glioblastompatienten zu verbessern. Sowohl in Deutschland als auch in den Vereinigten Staaten arbeiten Wissenschaftler derzeit an gentechnisch veränderten Lentiviren und Herpesviren, von denen man sich bessere Resultate erhofft.

Neue Studien laufen

Ostertag wird im April auf einer Fachtagung in San Francisco die Daten von fünfzehn Kranken präsentieren, die er in einer eigenen Studie gentherapeutisch behandelt hat. Das Fazit des Neurochirurgen: Bei sorgfältiger Auswahl der Patienten könnten diese durchaus einen - vorübergehenden - Nutzen von der Methode haben. Außerdem gebe es vermutlich bald neue Verfahren, die ohne gentechnisch veränderte Viren auskommen und trotzdem eine Schrumpfung von Hirntumoren auslösen können.

Westphal ist ebenfalls optimistisch. Er hat bereits eine neue Studie mit 240 Patienten begonnen, denen noch während der Operation so genannte Gliadel Wafer in die verbleibende Tumormasse eingesetzt werden. Die Gliadel Wafer bestehen aus einem biologisch abbaubaren Grundgerüst, aus dem sehr langsam die wachstumshemmende Substanz BCNU (Carmustin) abgegeben wird. Diese spezielle Art der Chemotherapie ist schmerzfrei und verursacht auch nicht die üblichen Nebenwirkungen dieser Behandlungsform wie Schwäche, Übelkeit und Haarausfall. "Die bislang verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die Überlebenszeiten verlängert werden könnten", so Westphal. Ob die Studie tatsächlich erfolgreich ist, werde sich erst in einigen Monaten herausstellen.
(BZ)
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