Im deutschen Sprachraum ist mir bisher keine Publikation darüber begegnet. Ich habe jetzt einmal eine ältere amerikanische Publikation dazu übersetzt. Es geht um den Einsatz von RU 486 bei Meningeomen.
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Übersetzung eines Teils der Publikation:
Oncology, Vol 10, No 5 (May 1996)
Management of Benign and Aggressive Intracranial MeningiomasEdward W. Akeyson, MD, PhD and Ian E. Mccutcheon, MD, FRCS(C)
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[Die Anmerkungen in spitzen Klammern stammen vom Moderator]
(In runden Klammern stehen die entsprechenden Literaturstellen der Originalarbeit, sie sind unten angehängt)
Den ganzen Artikel können Sie finden unter dem Titel: "Behandlung von gutartigen und aggressiven Meningeomen", wegen seiner Länge ist er aufgeteilt in zwei Teile.
http://www.mc600.de/forum/index.php?board=39;action=display;threadid=159Die Übersetzung ist nicht unbedingt wortgetreu, aber sinngemäß. Es wird jedoch keine Garantie für die Übersetzung übernommen.
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Hormon-TherapieObwohl Operation und Bestrahlung die übliche Behandlungsweise für Meningeome sind, könnte eine zusätzliche endokrinologische Beeinflussung dieser Tumoren hilfreich sein, und zwar sowohl bei ihrem ersten Auftreten als auch beim Auftreten eines Rezidivs, dort wo eine chirurgische Resektion nicht möglich ist, entweder wegen des fortgeschrittenen Alters des Patienten oder wegen der Lage des Tumors. Außerdem könnte die Hormontherapie einen weiteren Weg darstellen, die Zahl der Rezidive zu senken, die auf die konventionelle Chirurgie und die Bestrahlung folgen [können].
Epidemiologische und physiologische Anzeichen [im Original: evidence, auch: Beweise, Hinweise]
Es gibt drei Argumentationslinien, die darauf hinweisen, dass Geschlechtshormone Wachstumsfaktoren für Meningeome sind. Erstens treten intrakranielle Meningeome zweimal häufiger bei Frauen auf als bei Männern, und dieses Überwiegen von Frauen ist noch einmal stärker bei Meningeomen der Rückenmarkshäute. (39, 63). Dieses 2:1-Verhältnis ist besonders auffällig im Altersbereich zwischen den 40ern und den 70ern, wahrscheinlich wegen der speziellen hormonellen Situation von Frauen dieses Altersbereichs [gemeint sind Klimakterium und Menopause] (64).
Zweitens ist bekannt, dass Frauen mit Meningeomen in der Schwangerschaft eine Verschlimmerung ihrer neurologischen Symptome erleben und einen Rückgang derselben nach der Niederkunft berichten. Im Jahre 1991 wurde über 223 Fälle von Meningeomen in der Literatur berichtet, die während der Schwangerschaft gewachsen sind (65). Dieses Phänomen [also das Wachstum eines Meningeoms] wird am häufigsten gesehen im letzten Drittel einer Schwangerschaft, wo der Progesteron-Spiegel am höchsten ist, ausserdem in Fällen, wo der Tumor verbunden ist mit Gefässen oder Hirnnerven der Schädelbasis (64).
Drittens sind Meningeome assoziiert [verbunden] mit Brustkrebs, einem Tumor, dessen Abhängigkeit von Steroidhormonen bekannt ist. Frauen mit Brustkrebs haben im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ein mehr als doppelt so hohes Risiko, Meningeome zu entwickeln (66), und die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen Keilbeinflügelmeningeomen [sphenoid wing meningiomas, ein Meningeom des Schläfenlappens, das vom inneren oder äußeren Anteil des Keilbeinflügels ausgeht] und entweder Brustkrebs oder einem Karzinom der Geschlechtsteile ist besonders hoch (67).
Gestützt auf die Ergebnisse epidemiologischer Studien wurden Untersuchungen durchgeführt über die Reaktion / Empfänglichkeit [responsiveness] von Meningeomen auf Steroidhormone, wobei Brustkrebs als Vorbild / Modell benutzt wurde. Der erste Bericht von Donnell et al. unterstützte die Behauptung, dass Steroide eine Rolle in der Physiologie von Meningeomen spielen, indem er eine beträchtliche Östrogen-Bindungs-Fähigkeit bei vier von sechs untersuchten Meningeomen nachwies [68]. Seit dieser ersten Publikation haben viele Forscher das Vorhandensein von Steroid-Rezeptoren in Meningeomen angesprochen und fanden in der Regel das Vorherrschen von Progesteron-bindenden Proteinen gegenüber solchen, die durch Östrogen aktiviert wurden (im Schnitt 70% verglichen mit 17,5%) (68-73). Zusätzlich hat die Progesteron-bindende Stelle Eigenschaften, die sie als spezifischen Rezeptor im klassischen Sinn qualifizieren, während die Östrogen-bindende Stelle wesentlich weniger spezifisch ist und auch biologisch inaktiv sein kann. Androgen-Rezeptoren wurden ebenfalls in einer grossen Zahl von Meningeomen gefunden, in einer Studie wurde der Gehalt [die Anzahl] von Androgen-Rezeptoren in ein lineares Verhältnis gesetzt zu den Progesteron-Rezeptoren (74, 75).
Es gibt nach wie vor Meinungsverschiedenheiten darüber, ob diese Steroid-bindenden Proteine tatsächlich Rezeptoren darstellen mit einer funktionellen Rolle in der Physiologie von Meningeomen [die Physiologie ist die Lehre von den Stoffwechselvorgängen, so gesehen könnte man den Satz auch so übersetzen: ... Meinungsverschiedenheiten darüber, ob die Rezeptoren für den Stoffwechsel von Meningeomen {damit auch das Wachstum?} eine Rolle spielen]. Eine vollständige Diskussion dieses biologischen Themas wird in diesem Artikel nicht angestrebt. Dazu kommt, dass der Spezialfall von aggressiven Meningeomen in diesen experimentellen Studien keine Rolle gespielt hat.
Klinische Versuche mit einer HormonbehandlungEs wurden klinische Versuche durchgeführt, bei denen Östrogen-Antagonisten benützt wurden, es wurde die Progesteron-Konzentration erhöht bzw. erniedrigt [supplementation or depletion], ausserdem wurden Progesteron-Antagonisten verwendet. Indem sie Brustkrebs als Modell heranzogen, haben einige Arbeitsgruppen die Verwendung von Tamoxifen (einem Antiöstrogen) bei Patienten mit Meningeomen untersucht, die nicht operierbar waren [76, 77 ]. Die Ergebnisse dieser Untersuchungen waren enttäuschend, nur eine geringe Zahl von Patienten zeigten eine positive Reaktion. Ähnlich enttäuschende Ergebnisse wurden erhalten bei Versuchen mit der Gabe [supplementation] von Progesteron in Form von medroxyprogesterone acetate ( 78 ) oder megestrol acetate (79). Ein Einzelfall wurde berichtet, bei dem sich die Symptome gebessert haben, nachdem die Progesteron-Konzentration gesenkt [depletion] wurde (80).
MifepristoneInzwischen sind Ergebnisse von Studien vorhanden, in denen die Progesteron-Rezeptoren blockiert wurden mit dem Progesteron-Antagonist mifepristone (RU 486) [bei uns eher bekannt als " Die-Pille-danach " ]. In einem Versuch mit mifepristone (200 mg/Tag) im University of Southern California Comprehensive Cancer Center zeigten 8 von 28 Patienten eine objektive Verbesserung, entweder eine Verkleinerung des Tumors in bildgebenden Verfahren oder die Verbesserung von Sehfeld-Defiziten (81, 82). Dies wurde begleitet durch die Verbesserung des subjektiven Empfindens bei fünf Patienten.
In einer ähnlichen Versuchanordnung mit mifepristone [RU 486] haben Lamberts et al. eine Abnahme der Tumorgrösse bei 3 von 10 Patienten mit inoperablen Meningeomen beobachtet (83). Bei fünf Patienten in dieser Studie wurden die Kopfschmerzen vermindert. Eine von zwei Frauen in der Postmenopause mit einem inoperablen Meningeom erfuhr eine Abnahme der Tumorgrösse in der mifepristone-Studie von Haak et al. (84). Interessanterweise zeigte sich, dass sich die Sehfähigkeit bei beiden Patienten nach dem Absetzen der Therapie verschlechterte, sich jedoch wieder verbesserte nach der Wiederaufnahme der Therapie.
Eine Behandlung mit mifepristone, wie sie oben beschrieben wurde, [das bezieht sich wohl auf die 200 mg/Tag] wird von den Patienten in der Regel gut vertragen. Nebenwirkungen sind schwere Müdigkeit, Schwindel, Erbrechen und Appetitlosigkeit. Sie lassen sich aber leicht in den Griff bekommen durh die Gabe von Cortison [corticosteroid administration] (82, 83). Eine große, randomisierte, placebo-kontrollierte Doppelblindstudie Phase III von mifepristone zur Behandlung von inoperablen Meningeomen wird derzeit durchgeführt (81).
Literatur:
39. Kepes JJ: Meningiomas; Biology, Pathology, and Differential Diagnosis, pp 112-123. New York, Masson, 1982.
63. Sutherland GR, Florell R, Louw D, et al: Epidemiology of primary intracranial neoplasms in Manitoba, Canada. Can J Neurol Sci 14:586-1987.
64. Olson JJ: Laboratory evidence for the hormonal dependency of meningiomas. Hum Reprod 9(suppl 1):195-201, 1994.
65. McCormick PW, Coccia C: Coagulopathy, cerebrovascular disease, and other conditions associated with meningiomas, in Schmidek HH (ed): Meningiomas and Their Surgical Management, pp 22-33. Philadelphia, WB Saunders, 1991.
66. Schoenberg BS, Christine BW, Wisnant JP: Nervous system neoplasms and primary malignancies of other sites: The unique association between meningiomas and breast cancer. Neurology 25:705-712, 1975.
67. Jacobs DH, MacFarlane MJ, Holmes FF: Female patients with meningiomas of the sphenoid wing and additional neoplasms of the breast and genital tract. Cancer 60:3080-1987.
68. Donnell MS, Meyer GA, Donegan WL: Oestrogen-receptor proteins in intracranial meningiomas. J Neurosurg 50:499-502, 1979.
69. Cahill DW, Bashirelahi N, Solomon LW, et al: Oestrogen and progesterone receptors in meningiomas. J Neurosurg 60:985-993, 1984.
70. Lesch KP, Fahlbusch R: Simultaneous estradiol and progesterone receptor analysis in meningiomas. Surg Neurol 26:257-263, 1985.
71. Markwalder TM, Zava DT, Goldhirsch A, et al: Oestrogen and progesterone receptors in meningiomas in relation to clinical and pathologic features. Surg Neurol 20:42-47, 1983.
72. Schnegg JF, Gomez F, Lemarchand-Bauraud T, et al: Presence of sex steroid receptors in meningioma tissue. Surg Neurol 15:415-418, 1981.
73. Tilzer LL, Plapp FV, Evans JP, et al: Steroid receptor proteins in human meningiomas. Cancer 49:633-636, 1982.
74. Lesch KP, Engl HG, Gross S: Androgen receptor binding activity in meningiomas. Surg Neurol 28:176-180, 1987.
75. Olson JJ, Beck DW, MacIndoe JW, et al: Androgen receptors in meningiomas. Cancer 61:952-955, 1988.
76. Markwalder TM, Seiler RW, Zava DT: Antiestrogenic therapy of meningiomas: A pilot study. Surg Neurol 24:245-249, 1985.
77. Goodwin JW, Crowley J, Eyre JH, et al: A phase II evaluation of tamoxifen in unresectable or refractory meningiomas: A Southwest Oncology Group study. J Neuro Oncol 15:75-77, 1993.
78. Jääskeläinen J, Laasonen E, Karkkainen J, et al: Hormone treatment of meningiomas: Lack of response to medroxyprogesterone acetate (MPA): A pilot study of five cases. Acta Neurochir 80:35-41, 1986.
79. Grunberg SM, Weiss MH: Lack of efficacy of megestrol acetate in the treatment of unresectable meningioma. J Neuro-Oncol 8:61-65, 1990.
80. van Seters AP, van Dulken H, de Keizer RJW, et al: Symptomatic relief of meningioma by buserelin maintenance therapy. Lancet 1:564-565, 1989.
81. Grunberg SM: Role of antiprogestational therapy for meningiomas. Hum Reprod 9 (suppl 1):202-207, 1994.
82. Grunberg SM, Weiss MH, Spitz IM, et al: Treatment of unresectable meningiomas with the antiprogesterone agent mifepristone. J Neurosurg 74:861-866, 1991.
83. Lamberts SW, Tanghe HL, Avezaat CJ et al: Mifepristone (RU 486) treatment of meningiomas. J Neurol Neurosurg Psychiatry 55:486-490, 1992.
84. Haak HR, de Keizer RJ, Hagenouw-Taal JC, et al: Successful mifepristone treatment of recurrent, inoperable meningioma. Lancet 336:124-125, 1990.