Hallo Zusammen,
ich nenne mich hier Medea, bin 31 Jahre alt und komme aus NRW.
Ich lese schon seit einiger Zeit hier in diesem Forum und habe beschlossen, mich doch endlich mal hier anzumelden. Anlass ist folgender:
Mein Freund, ebenfalls 31 Jahre, hat am 29.02.08 die Diagnose Hirntumor mitgeteilt bekommen. Das war ein großer Schock.
Er hatte bereits seit Monaten Augenflimmern und konnte besonders abends nicht mehr richtig sehen, weshalb er dann auch abends kein Auto mehr fuhr. Meiner Meinung nach war er auch etwas "verpeilt" und orientierungslos geworden und ich hab öfters gesagt, er solle mal zum Arzt gehen. Naja, Männer eben
Da er sowieso einen Keratokonus der Augen hat, machte er sich darüber nicht so viele Gedanken.
Bei einer Routineuntersuchung bei seinem Hausarzt, erzählte mein Freund diesem von dem Augenflimmern und er wurde zum Augenarzt überwiesen. Dieser stellte eine massive Stauungspapille fest und schickte ihn noch am selben Tag ins Krankenhaus.
Das CT zeigte leider eine sehr große, schon riesige cerebrale Raumforderung auf und mein Freund mußte im Krankenhaus bleiben.
Es fiel schnell der Verdacht eines Oligodendroglioms. Dieser Befund wurde durch ein MRT und eine Angiographie noch erhärtet.
Tumorgröße: Umfang von ca. 6cm, stark infiltriert und teilweise verkalkt.
Lage: tempo-parietal
Das ungewöhnliche an der ganzen Sache ist, dass mein Freund bis auf das Augenflimmern keine Beschwerden hatte. Da er schon seit langen auch mit Migräne zu tun hat, kann er nicht sagen, ob Kopfschmerzen ggf. auf den Tumor zurückzuführen sind. Er hat wohl in den letzten 2 Jahren deutlich abgenommen, was nach heutigem Stand damit zusammenhängen könnte.
Epileptische Anfälle hatte bis dahin auch nicht. Nur vor ca. 4 Jahren hatte er einmal einen Anfall. Es wird heute vermutet, dass der Tumor zu diesem Zeitpunkt entstanden ist, wobei jedoch beim damaligen EEG keine Auffälligkeiten festgestellt wurden.
Jeder Arzt, der die Bilder vom Tumor gesehen hat, ohne meinen Freund gesehen zu haben, ging davon aus, dass er schon längst komatös sein müßte. Jedoch lief mein Freund bis zur OP munter umher und war voll dabei. Das machte die Situation für ihn natürlich umso schwieriger. Man merkt nichts, fühlt sich ganz gut und dann sagt ein Arzt "Sie müssen sich operieren lassen, ansonsten werden Sie sterben". Das ist sowas von unglaublich, das kann man sich einfach nicht vorstellen.
Am 11.03.08 wurde in einer 12stündigen Operation eine Teilresektion des Tumors vorgenommen, da eine Vollresektion nicht möglich war. Die Operation hat er glücklicherweise prima überstanden, keinerlei neurologische Ausfälle und somit kein Reha-Bedarf. Am 2. Tag nach der OP wurden bereits die Drainagen gezogen. Am 3. Tag nach der OP wurde der ZVK (=zentraler Venenkatheter) entfernt und konnte er sogar wieder aufstehen und laufen, am 4. Tag war er wieder richtig munter. Das ging so rasend schnell, da kamen wir gar nicht mit
Auch die Ärzte waren recht Stolz. Mein Freund war Gesprächsthema Nr. 1 auf der Station, da so ein besonderer Fall zuvor nicht erlebt wurde. Vor der OP haben wir uns sicherheitshalber eine 2.Meinung eingeholt, die aber genauso ausfiel wie die 1. Meinung, also konnte schnell entschieden werden.
Die Pathologie ergab, dass der Tumor größtenteils aus einem Oligodendrogliom II bestand. Dieser Teil konnte auch entfernt werden. Leider hat sich der Tumor aber stellenweise schon in ein anaplastisches Oligodendrogliom III verändert und genau dieser Teil ist noch im Hirn verblieben und konnte nicht entfernt werden.
Die Ärzte sagen, dass es ein Wunder sei, dass mein Freund noch lebt, besonders bei der Tumorgröße. Sie können es sich nur so erklären, dass sich das Gehirn an den Tumor gewöhnt haben muß und es bisher dadurch nicht zu größeren Komplikationen gekommen sei. Es kann also durchaus sein, dass er diesen Tumor schon seit einigen Jahren hat. Erst vor Monaten hat er sich dann durch das Augenflimmern bemerkbar gemacht und es wurde nun wirklich höchste Zeit, etwas zu unternehmen.
Nach 3 Wochen wurde mein Freund dann aus der Klinik nach Hause entlassen. Wir sind so Froh, dass sich unsere Befürchtungen hinsichtlich der OP nicht bestätigt haben und er immer noch unser "Schatz" ist.
Das sollte all denjenigen Mut machen, denen sowas noch bevorsteht!!!
Sein größter Vorteil ist, dass er jung und ohne Begleiterkrankungen ist. Die Tatsache, dass eher Kinder und ältere Menschen diese Art Tumor bekommen macht ihn jedoch zu einen Sonderfall.
Derzeit läuft die Vorbereitung zur Bestrahlung. Und eine gleichzeitige Chemo ist auch in Vorbereitung. Zur Chemo liegt allerdings noch kein genauer Therapieplan vor. Bisher ist die Rede von Temodal.
Seit dem 29.02.08 recherchiere ich schon, was das Zeug hält und ich muß sagen, dass es ziemlich ernüchternt ist, was man so liest
Die psychische Belastung ist enorm, besonders wenn man mehr weiß, als der Betroffene selber, der sich nicht gerne mit dem Thema beschäftigen mag.
Fakt ist, es gibt keine Heilung. Wir können nur hoffen, dass durch die weitere Behandlung das Wachstum der restlichen Krebszellen verhindert wird und er noch lange bei uns bleiben kann.
Es erstaunt mich, dass in der heutigen Zeit das Thema "Hirntumor" immer noch im Verhältnis so wenig erforscht ist.
Auch wenn der Anlaß, hier zu sein ein traurig ist, dennoch freue ich mich über die Möglichkeit, mich mit Gleichgesinnten auszutauschen.
Viele Grüße
Medea