Hallo Ihr Lieben,
schon seit ein paar Monaten lese ich mich durch dieses Forum durch. Lese viele gute und schlechte Geschichten der Angehörigen, viele ermunternde und traurige Kommentare. Habe lange überlegt, ob ich meine bzw. unsere auch hier rein schreibe. Ich denke jetzt ist der richtige Zeitpunkt gekommen, da wir nicht mehr weiter wissen und langsam wirklich verzweifelt sind. Ich hoffe Ihr habt viel Zeit mitgebracht.
Ich heiße Jana und bin 22 Jahre alt. Im September diesen Jahres hat unsere Familie erfahren, dass mein Vater einen Glioblastom WHO IV hat.
Vorher hat natürlich keiner von uns gemerkt, dass mit meinem Vater etwas nicht stimmt. Erst als er sich seit ca. 2-3 Tagen so schwach gefüllt hat und so früh schlafen ging, was für ihn sehr untypisch war, hat ihn meine Mutter drauf angesprochen, ob er doch nicht mal zu einem Arzt gehen will.
Das Problem ist wir haben uns da noch nicht sehr viel gedacht. Was mir eigentlich sehr peinlich ist und ich hier zugeben muss, mein Vater war schon seit ca 20 Jahren ein Trinker gewesen. Die ganzen Jahre hat er am Wochenende, meist am Freitag nachmittag beginnend bis Sonntag Alkohol getrunken und das ohne Ende. Er hat meine Mutter so wie meinen 7 Jahre jüngeren Bruder und mich psychisch sehr stark belastet bzw. kaputt gemacht. Es gab auch Zeiten wo er mal nichts getrunken hat, da war unsere Familie ganz normal, wir hatten keine Probleme, dies war jedoch alles von kurzer dauer. Eigentlich ist unser Vater ein guter Mensch, er hat alles Beste für uns Kinder getan. Als jedoch er dann nur ein kleines Gläschen Alkohol zu sich genommen hat, war er gleich ein anderer, als ob er zwei Persönlichkeiten hätte. Ab da konnte er nicht mehr aufhören, er hat immer mehr getrunken, hat vor meiner Mutter Flaschen versteckt, hat sie beleidigt und erniedrigt.
Wir haben sehr oft versucht, dagegen anzukämpfen. Haben versucht mit ihm zu reden, meine Mutter und meine Oma habens mit verschiedensten Tabletten und Mitteln versucht, aber es hat nie geholfen. Wir haben uns aber nie an eine Hilfseinrichtung gewendet oder an einen Arzt. Meine Mutter hatte immer Angst davor. Immer hin haben wir auch schon mal viele Aktionen von meinem Vater mitbekommen, als er sich besoffen ins Auto setzte und weggefahren war oder das eine mal wollte er von einem unserer Balkone aus dem 3ten Stock springen, wovon ihn meine Mutter noch mit viel Glück hindern konnte. Es ist hier auf jeden Fall wie ein Teufelskreis. Der Vater meiner Mutter hat getrunken, der Vater meines Vaters, im Grunde genommen sag ich mal so wie fast alle russischen Männer. Meine Mutter wollte sich schon mehr mals von ihm trennen, aber es kam nie dazu, da sie zu viel Angst hatte und sie keinen hatte an den sie sich wenden konnte. Wir haben keine Verwandten in der nähe, die uns Hilfe leisten würden.
Bevor es ihm dann im September so schlecht ging,hatte er natürlich am Wochenende davor wieder so viel getrunken. Wir haben gedacht es wären die Folgen danach gewesen. Die nächsten zwei Tage ist mein Vater noch zur Arbeit gegangen, hat sich nicht getraut an einen Arzt zu wenden. Er war es noch nie gewohnt sich krank zu melden, er war eigentlich immer ein Arbeitstier gewesen. Am dritten Arbeitstag ist ihm bei der Arbeit sehr schlecht geworden, er hat irgendwie ausgesetzt, als er mit dem Gabelstapler durch die Halle unterwegs war. Die Arbeitskollegen meinten, dass er kurze Zeit nicht ansprechbar war! Nach einem ganzen hin und her wurde er von seinen Kollegen, in die Notaufnahme gebracht. Nach den ganzen Untersuchungen hat sich die Diagnose Hirntumor ergeben. Wir waren natürlich sehr schockiert gewesen!
Ein paar Tage später hat mein Vater Cortison bekommen und wir haben auf einen OP Termin gewartet. Er wurde sogar übers Wochenende nach Hause entlassen, wovor meine Mutter und ich sehr viel Angst hatten, da wir gedacht haben, dass er wieder an zu trinken anfängt. Wir hatten uns aber in diesem Moment getäuscht. Es war alles gut ergangen. Wir haben die ganze Zeit versucht ihn zu unterstützen mit ihm zu reden, um ihm die Angst zu nehmen, ihm zu sagen, dass wir für ihn da sind, dass wir das alles zusammen durchstehen werden. Paar Tage später war dann die OP, es war alles gut verlaufen, der Tumor wurde komplett entfern, so die Ärzte. Einige Tage später durfte Mein Vater auch schon nach Hause. Zuerst hatte er kleine Probleme mit der linken Körperhälfte, dies hat sich aber nach paar Wochen sehr gebessert. Seit dem er zu Hause war, standen Spaziergänge und gesundere Ernährung an der Tagesspitze. Normaler Weise bin ich nur am Wochenende zu Hause gewesen, da ich bei der Bundeswehr bin und mein Standort 80 km von zu Hause ist. Die Entfernung habe ich in Kauf genommen, seit dem fahre ich jeden Tag nach Hause, um ihm und meiner Mutter an der Seite zu stehen. Das ganze Spritt-Geld ist mir egal, hauptsache es geht meinen Eltern und meinem Bruder gut. Das die ganzen Familienangehörigen um meinen Vater waren, hat ihn selbst sehr gefreut. In dieser Zeit nahm er kein Tropfen Alkohol zu sich.
Mittlerweile hat mein Vater eine 6 Wöchige Strahlentherapie und Chemo durch. Er hat beides sehr gut vertragen. Nur die Haare hat er leider verloren und trägt deswegen seit ein Paar Wochen eine Glatze.
Letzte Woche waren wir bei dem MRT gewesen. Der Arzt hat nicht besonders glücklich ausgesehen, als er an der Stelle wo der Tumor entfernt wurde, eine kleine weiße Linie gesehen hatte. Der Arzt sagte, dass es noch zu früh ist etwas zu behaupten. Er will noch nicht sagen, dass der Tumor wieder anzuwachsen anfängt. Wir machen uns da natürlich sehr viel Sorgen. Nach Silvester soll es mit Chemotherapie weiter gehen (5 Tage Temodal; 23 Tage Pause). Beim Gespräch kam, dann auch die Frage wegen dem Alkohol. Da es ja Weihnachten ist, hat mein Vater gefragt ob er nicht mal in geringen Mengen Alkohol "genießen" könnte. Meine Mutter und ich wussten da irgendwie schon im Unterbewusstsein wohin das ganze führen könnte. Der Arzt hat es im Grunde genommen erlaubt.
Es ist kein weiterer Tag vergangen, da hat mein Vater zu der Flasche gegriffen. Er hat letzte Woche zwei Tage durch getrunken. Diese Woche : Gestern angefangen bis heute Abend. Es sind auch keine kleinen Mengen! Da sind schon 3 Falschen Sekt drin gewesen (damit die Ausmaße klar wird).
Bald ist Silvester!
Es bringt nichts, wenn wir mit ihm sprechen. Er grenzt sich komplett von uns ab. Wir sind traurig und sauer zu gleich, da wir für ihn so viel Zeit und Mühe investieren. Wir erkundigen uns so viel wie Möglich, waren sogar im November in Berlin auf dem Informationstag gewesen. Meine Mutter ist sehr überfordert mit der Situation. Uns ist ständig nach Heulen zu Mute. Wir sind langsam wie ausgesaugt.
Wenn wir ihn auf eine Therapie ansprechen, denn es ist anscheinend SUCHT bei ihm, wird er sauer, wir haben Angst, dass er sich was antut. Meine Idee wäre mit seinem Neurochirurgen bzw. seinem zuständigen Arzt zu sprechen. Ihm das alles zu erklären, vielleicht hätte er eine Idee.
Wie es ausschaut, machen wir uns um de Gesundheit meines Vaters mehr Sorgen als er das selbst tut.
Jetzt habe ich mich hier etwas ausgesprochen. Das hat gut getan.
Danke euch für das "Zuhören"!!!
LG
Jana
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