HirnTumor-Forum

Autor Thema: Glioblastom IV - nach der OP versagten Bestrahlung und Chemo - und nun?  (Gelesen 198930 mal)

Mädel

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Hallo zusammen! Das sind ja wirklich tolle Neuigkeiten von Euch... - womit haben unsere Liebsten das verdient?
Bei meinem Vater gibt es auch nichts Positives zu berichten. Er hat letzte Woche 5 Tage Temodal bekommen. Am Anfang ging es noch ganz gut. Von der OP hatte er sich super erholt, hatte einen Wahnsinns-Appetit (und das ohne Kortison), war geistig so gut drauf wie lange nicht mehr. Nach zwei Tagen Temodal fing es langsam an, bergab zu gehen. Nach den fünf Tagen waren wir körperlich wieder da, wo er nach seiner Lungenentzündung Ende Januar gestanden hatte. Ein einziges Häufchen Elend, kann kaum ein paar Schritte gehen, isst kaum noch was und am schlimmsten war dieser Husten, den er tagelang hatte. Er und meine Mutter haben auch nächtelang kein Auge zugetan. Ist mittlerweile aber besser geworden.
Die Geschichte von Deinem Vater, Britta, kommt mir übrigens sehr bekannt vor. Mein Vater ist nach der Lungenentzündung auch gaaanz langsam wieder auf die Beine gekommen - also, nicht den Mut verlieren!
- Naja, jedenfalls finde ich es sehr komisch, dass mein Vater in den letzten Tagen auch charakterlich ganz komisch geworden ist. Abweisend, z.T. unverschämt uns gegenüber (wo wir doch nur sein Bestes wollen!) und vor allem so stur! Was er nicht essen will,isst er nicht, was er nicht tun will, macht er nicht. Völlig egal, ob das ihm schadet oder nicht. Da kann man schon mal nah an die Verzweiflung geraten. Aber er macht einfach nicht mit - zum Mäuse melken. Wie ein kleines Kind! -  Ich wusste nicht, dass eine Chemo auch solche charakterlichen Veränderungsschübe auslösen kann. Hinzu kommt eben der körperliche Abbau innerhalb weniger Tage! Er hat auch wieder diese komischen Zuckungen in den Armen und Händen. Sind das etwas epileptische Anfälle? Es ist nur so ein leichtes Zucken, das ihn aber sonst nicht beeinträchtigt.
Gestern war er psychisch ganz schlimm drauf. Da hat er selber gesagt, dass er keine Lust mehr hat und nicht mehr will. - Morgen wird ein Bluttest gemacht - mal schauen, was dabei rauskommt. Ich weiss wirklich nicht, ob er Temodal weiternehmen sollte. Aber was soll man tun? Man hat die Wahl zwischen Pest und Cholera, oder?
Ihr merkt schon, ich bin auch ziemlich verzweifelt. Hab momentan auch keine Kraft mehr. Und schotte mich von meiner Umwelt ab, obwohl ich weiss, dass das falsch ist. Man kann nur auf bessere Zeiten hoffen, glaube ich. Und von seinem Umfeld nicht zu viel erwarten, sonst geht es einem noch schlechter. Jetzt hör ich besser auf, depressiv sein bringt Euch ja auch nicht weiter.
Alles Gute und bis bald!
Mädel

Offline Britta

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Hallo Mädel,
ja du hast recht die Geschichte unserer Väter ähnelt sich tatsächlich.
Mein Paps liegt nun seit fast einer Woche im Krankenhaus und statt besser wird es immer schlimmer. Er hat wieder Fieber bekommen und die Ärzte sind sich nicht sicher woher die Lungenentzündung kommt (ob Bakterien oder Pilze). Um eine Lungenbiopsie zu machen ist er zu schwach und zum MRT auch. Mittlerweile kann er nicht mehr aufstehen und sich auch nicht mehr allein hinstellen. Jeden Tag kommt eine Physiotherapeutin die ihn ein bischen beturnt was ihn total anstrengt. Außerdem sind seine Blutwerte total schlecht und seine Leber ist wohl auch angegriffen. Es ist zum verzweifeln in so kurzer Zeit solch einen massiven Abbau. Die Ärztin im Krankenhaus hat meine Mutter gebeten seine Patientenverfügung mitzubringen. Ist das nicht der Hammer??? Ich hab mich so erschrocken. Im Kopf ist er wieder recht klar nur nach absolut kurzer Zeit völlig erschöpft. So dass unsere Besuche im Moment zwar täglich aber sehr unterschiedlich lang sind.
Meine Mutter geht ja nun zur Psychotherapie und hat schwere Depressionen. Da versuche ich sie auch etwas rauszuholen. Was auch nicht wirklich einfach ist und dann noch das eigene Befinden  und Familie. Ich bräuchte im Moment Tage mit mindestens 48 Stunden um allem gerecht zu werden.
Aber ich freue mich über jeden Besuch im KH bei dem ich mich mit meinem Pa etwas unterhalten kann und wenn er beim Abendbrot kleine Späße macht. (denn böse ist er im Moment nicht mehr, ein Glück!!!)
Also dann viel Kraft uns allen bis die Tage
Britta

Ingo H.

  • Gast
Hallo an alle,
ich habe immer im Forum gelesen und dann durchlebe ich immer wieder die Zeit mit Ingos letzten Tagen. Steht alles unter Ingo. Ihr habt viele Fragen und Ängste. Die Ängste gehören dazu und werden euch auch nicht mehr loslassen. Ich wünsche euch allen viel Kraft und Mut. Sollte der Tumor auch bei euren Lieben gewinnen, dann seht es als Erlösung. Was den Betroffenen abverlangt wird ist schon heftig, man tut es gern, aber die Patienten halten viel mehr aus als wir uns vorstellen können.

Chiquita, du hast gefragt ob man spürt was kommt.!
Man spürt es und man hält es auch nicht auf. Ich konnte meiner Familie und Freunden sagen was Ingo fühlt und das sie sich verabschieden sollen. Natürlich jeder für sich selbst ohne Ingo das spüren zu lassen. Es waren die schlimmsten Tage.
Auch wenn ich weiß er ist jetzt frei von Schmerzen,er fehlt.
Ich melde mich wieder im Moment bin ich wieder sehr traurig.
Liebe Grüsse, Mut und viel Kraft
Anett

jaehn

  • Gast
Hallo Mädel, hallo auch an alle!

Keine Sorge, es ist nicht der Charakter des Patienten, der sich bei diesem Krankheitsverlauf ändert.  Diesen Menschen fällt einfach buchstäblich das Ruder aus der Hand. Sie spüren, dass Ihre "Befehle" nicht mehr greifen, was dann natürlich traurig und auch wütend macht. Sie spüren Ihren eigenen Verfall.  Der Vergleich mit dem trotzigen Kind hinkt. Sehr einfühlsam ist dies auch nachzulesen bei Johannes Roth "Ich weiß doch gar nicht, wie sterben geht".
Das hat uns sehr geholfen, die wir auch eine "gelähmte" Familie eines gelähmten Glio-Patienten sind.  Wir schaffen es!  


chiquita0405

  • Gast
Ja, ich denke man spürt es tatsächlich, wenn es zuende geht.

Danke für all  eure Antworten. Ich brauche dieses Forum momentan mehr als alles andere.

Wir gehen in die Endphase.
Mein Vater hat sich von all den Komplikationen nicht erholt, bekommt wieder Antibiotikum, hat nach wie vor eine dicke Thrombose.
Er bekommt nun mittlerweile alle 2 Tage einen epileptischen Anfall, kann nicht mehr aufstehen und liegt nur im Bett. Endlich schläft er auch viel. Ansonsten spricht er kaum und starrt an die Decke.
Er wird von meiner Mutter gefüttert.
Kann, wie er gestern am Telefon (verwirrt) meinte, nicht mehr richtig denken, es sei alles "wie im Nebel".
Ich werde nicht mehr lange mit ihm telefonieren können, die Pausen am Telefon werden immer länger.
Es ist so furchtbar.
Ab jetzt können wir nur noch warten und hoffen...

Eine so große Traurigkeit, gepaart mit ganz viel Angst erfüllt mich.

Euch weiterhin alles Gute, hört nicht auf, zu schreiben!

Liebe Grüße,
chiquita
« Letzte Änderung: 06. Juni 2005, 10:19:04 von chiquita0405 »

jolina

  • Gast
Hallo Chiquita,
ich wollte schon vor ein paar Tegen schreiben, habe mich aber zurückgehalten, weil ich nicht entmutigen wollte. Meine Mutter hat sich ein paar Tage hier bei uns erholt und ich habe ihr erzählt und beide haben wir gesagt. Mein Gott, das hört sich nicht so an, als ob es noch lange dauert. Sie war aber auch der Meinung, das amn alle eigentlich nur ermutigen kann mit dem Patientien iregendwiedarüber zu sprechen. Bei uns ist das nicht so geschehen, weil wir das Gefühl hatten mein Vater denkt gar nicht so ans sterben. Uns tut dies heute sher leid, dass wir nicht 'richtig' aufwiedersehen gesagt haben. Wir wissen auch nicht, ob es an seiner Veränderung lag, dass es nicht ging, aber ich denke immer wieder: ich hätte es versuchen sollen.

Ein anderes Gefühl was mich auch begleitet, wenn ich immer wieder die traurugen Verläufe hier lese: Mein Gott wir haben es geschafft und vor allem er hat es geschafft, was Euch noch bevorsteht dann denke ich wieder: die haben es gut, die haben ihren Vater noch: irgendwie zumindest. Es also sehr zwiegespalten alles. Man braucht wirklich seine Zeit, alles zu begreifen da waren die 2 1/2Monaten einfach zu kurz bei uns.#

Also: haltet die Ohren steif und viel Kraft. Mein Onkel (der Priester ist) hat am Anfang der DIagnose zu uns gesagt: Wir müßten ihn jetzt begleiten aber auch loslassen. Erst dacht ich: wie kann er nur, wir müssen kämpfen. Aber man muß wirklich loslassen.

Liebe Grüße jolina

Offline Britta

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Liebe Chiquita,
auch ich will nicht aufhören zu schreiben. Hier zu lesen und zu schreiben bringt mir auch immer sehr viel Ablenkung und vor allem zeigt es mir, dass ich nicht allein bin. Es ist für jeden einzelnen von uns sehr schwer aber zu lesen, wie anderen mit solchen Schicksalen umgehen und es meistern baut mich etwas auf und macht mir Mut in jedem neuen Tag einen geschenkten Tag zu sehen. Auch wenn nichts mehr so ist wie es mal war.
Habe heute auch auf meiner "Seite" (Krankengeschichte: Ostern die ich nie vergesse) mal wieder die Krankengeschichte vervollständigt. Hatte lange nichts dort geschrieben. Und es tut gut sich ein wenig den Kummer vom Herzen zu schreiben.
Chiquita wir haben eine Woche nichts von dir gehört. Ich hoffe und bin in Gedanken bei dir.
Melde dich wenn du kannst, es hörte sich ja vorige Woche alles alles anders als gut an. Bleib stark und verliere nie den Mut und die Kraft.
Viele Grüße
Britta

Mädel

  • Gast
Hallo an alle! Ich wollte mich auch mal wieder melden. - Meinem Vater geht es nicht besonders gut momentan. Er hat immer noch absolut keinen Appetit und isst kaum was. Wenn das während der nächsten Zyklen Temodal so weiter geht, weiss ich nicht wo das hinführen soll. Er kaut und kaut und kriegt das Essen nicht runter. Es liegt aber nicht daran, dass er nicht schlucken kann (so wie während der Lungenentzündung). Hat einer von Euch vieleicht einen Tip, was man hier machen kann? Unser Onkologe ist leider keine grosse Hilfe.
Mein Vater ist mittlerweile sehr ruhig geworden, schläft sehr sehr viel. Abends schläft er mittlerweile schon zwischen 18 und 19 Uhr und tagsüber auch sehr viel. Außerdem ist er sehr depressiv und das ist am schlimmsten. Chiquita - hast Du nicht mal geschrieben, dass Dein Vater auch Antidepressiva bekommt? Mein Vater hat noch nie welche genommen. Helfen die denn? Dann würde ich den Onkologen mal drauf ansprechen.
- Naja, meine grösste Angst ist momentan, wie er die nächste "Runde" Temodal verkraften wird. Meine Mutter hat sogar panische Angst davor - kein Wunder bei dem "Absturz" bei der ersten Runde. Komischerweise waren die Blutwerte aber völlig in Ordnung. Ich verstehe das alles nicht. Und am schlimmsten ist, ihn immer so da liegen zu sehen, fast apatisch und so resigniert. Damit kann ich nicht umgehen. Ich versuche immer noch, ihm ständig Mut zuzusprechen, aber man hat den Eindruck, man redet mit einer Wand. Und ich weiss oft auch nicht mehr, wie ich ihm Mut machen soll. Man muss ja so einen Mittelweg finden, denn falsche Hoffnungen wecken bringt ja auch nichts.
Danke, Aprilgit, für den Lesetip.
Manchmal frage ich mich auch, ob es besser wäre, wenn es schneller ginge. Es dauert ja auch schon ein 3/4 Jahr mittlerweile und vor allem meine Mutter ist fix und fertig. Aber ich will erst loslassen, wenn er auch überhaupt nicht mehr will. Und vielleicht wird es ja wieder besser, vielleicht schlägt Temodal ja wenigstens an! So dass nicht alles auch noch umsonst ist.
Haltet alle die Ohren steiff! Wir schaffen das schon!
Mädel

Doris

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Bei meiner Mutter wurde nach einem völlig unerwarteten Zusammenbruch im März d.J. ein glioblastom diagnostiziert.
Da der Tumor so sitzt, daß nicht operiert werden konnte, wurden lediglich Bestrahlungen gemacht. Sie nimmt diesbezüglich an einer randomisierten Studie teil und hatte nur 10 Sitzungen.

Ca 1 Woche nach Abschluß der Betsrahlungen hatte sie neuerlich einen Zusammenbruch und mußte wieder ins KH einegliefert werden.

ich gebe ihr seit ca April asiatische Heilpilze udn wurde anläßlich einer neuen MR am 31.05.2005 festgestellt, daß der Tumor zumindets nicht gewachsen ist.

Weihrauch nimmt sie jetzt seit ca zwei Wochen udn zwar zunächst 3x3, dann 3x4 und seit zwei tagen, nachdem ich im Internet die Nummer von Prof Simmet herausgefunden habe und mit diesem persönlich Kontakt hatte, 4x4. Ob der Weihrauch etwas nutzt, werden wir am 15. Juli wissen. Jedenfalls glaube ich an die Heilpilze, da meine mUtter bis auf die Verlangsamung relativ gut beisammen ist.

Nach allem, was ich gelesen habe, bin ich von den Heilpilzen immer überzeugter. Weiters versuche ich Mitte Juli eine Behandlugn mit einem neuen gerät namens Rehatron, das angeblich auch den Tumor schrumpfen kann.

Falls jemand genauere Auskünfte über die Therapie mit Heilpilzen möchte, kann ich die Gesellscjaft für Heilpilze empfehlen, die umfassend Auskunft geben.

Vielleicht kann der eine oder andere mit meinen Informationen etwas anfangen.

Lbe Gr, doris

Offline Britta

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Hallo an alle,
ich bin im Moment auch mal wieder ganz schön am Boden. Nachdem mein Vater nun wieder mit einer Lungenentzündung im KH liegt und nach zwei Wochen Behandlung und ständiger Verschlechterung seines Allgemeinzustandes und einer totalen Gewichtsabnahme es zu einer leichten Besserung kam, geht es nun scheinbar wieder bergab.
Gestern noch bekamen wir die Nachricht, dass er keine Tbc hat (sie hatten darauf getippt, weil er so massiv abgebaut hatte). Und seit heute nacht ist er wieder so durch den Wind und kann keinen klaren Gedanken formulieren. Die Stationsärztin hat heute nun einen Neurologen angefordert, offentsichtlich weiß sie sich auch so langsam keinen Rat mehr. Ich aber auch nicht. Er hat keinerlei nachweisbare Entzündung mehr im Körper und wird aber einfach nicht stabiler. Zwei Tage ging es mal ohne Sauerstoffgaben und mit gutem klaren Kopf und nun wieder nur mit Sauerstoff und völlig wirr. Obwohl er weder Bestrahlung noch Chemo im Moment bekommt. (Wir hatten die Verwirrtheit auf die starken Belastungen durch die Therapien geschoben!) Kann jemand etwas dazu sagen?? Ich weiß mir keinen Reim mehr darauf zu machen. Und keiner kann das erklären. Auch die Ärzte scheinen im Moment etwas ratlos was da vor geht!!! ???
Ich bin in Gedanken bei euch und drücke uns die Daumen, dass es wieder bessere Tage geben wird
Liebe Grüße Britta

chiquita0405

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Hallo ihr Lieben,

ich habe mich einige Zeit nicht gemeldet, weil ich nicht mehr wußte, was ich schreiben oder euch raten soll.

Mein Kopf ist so voll, dass ich glaube, bald durchzudrehen.
Zu dem ganzen schrecklichen Zustand zu Hause mit meinem kranken Vater kommen momentan berufliche Probleme hinzu (Job steht auf der Kippe), und mit meinem Lebenspartner kommt es auch zunehmend zu Streitereien, da die Toleranzgrenze wohl allmählich erreicht ist.

Es ist alles gerade viel zu viel für mich, und ich habe wirklich Angst, ich schaffe es alles nicht mehr ohne komplett auszurasten oder durchzudrehen.

Die Tatsache, dass mein Vater jetzt tatsächlich im Sterben liegt, wäre an sich so furchtbar, dass ich allein damit überfordert wäre und am liebsten 3 Wochen Urlaub nehmen würde, um die letzten Wochen mit ihm zu verbringen.

Das geht alles nicht, da ich hier im Job jeden Tag von Neuem in stundenlangen Marathon-Meetings meine Position innerhalb der Firma verteidigen muss, um nicht abgesägt zu werden, wie einige Kollegen im Moment auch.

Ich komme weinend nach Hause und auch mein Freund ist am Ende seiner (seit nun 10 Monaten andauernden Zurückstellung SEINER Bedürfnisse) Kräfte, so dass es dann noch zu unnötigen Streitereien kommt.

Es ist der blanke Horror.

Nun zu meinem Vater:
Er baut täglich mehr ab, ich habe ihn seit knapp 3 Wochen nicht gesehen (ich ziehe zu allem Überfluss nämlich auch gerade noch um in eine andere Wohnung; zu meinem Freund), aber meine Mutter hält mich ja auf dem Laufenden.
Und am Telefon merke ich, dass es mittlerweile fast unmöglich ist, mit ihm zu sprechen. Nach einer Minute schläft er einfach am Telefon ein. Sein Kurzzeitgedächtnis liegt komplett brach, die Unterhaltung verläuft nun wie mit einem Fünfjährigen.

Ansonsten hat meine Mutter wohl nun eine Pflegerin für nachts engagiert, die sich dann um meinen Vater kümmert, damit meine Ma mal schlafen kann.

Laufen kann er wohl endgültig nicht mehr, nur mit dem Toilettenstuhl wird er wohl ab und zu rumgerollt, damit er nicht den ganzen Tag liegt.
Für nachts bekommt er jetzt häufig Levomepromazin (ein Neuroleptikum), damit er ruhig ist und mal schläft. Mit dem Effekt, dass er den ganzen Tag danach auch nur pennt.

Im Gegensatz zu all euren Berichten, wird er immer dicker (er bekommt nach wie vor sehr viel Cortison), was die Pflege nicht gerade vereinfacht, denn es ist sehr schwer ihn zu heben.

Ich werde nächstes Wochenende endlich zu ihm fahren, und mich persönlich von seinem Zustand zu überzeugen. Aber wer weiß, was in einer Woche schon wieder ist, man kann jetzt wirklich stündlich zugucken, wie es abwärts geht.
Eins sage ich euch: dies ist mit Abstand die schlimmste Phase meines gesamten Lebens, da es wirklich von allen Seite auf mich einprasselt.
Gestern lief ich tatsächlich heulend aus einem Gespräch mit meiner Vorgesetzten und sagte nur : "Ich muss nach Hause, ich schaffe es nicht mehr" und fuhr einfach.
@jolina:
ja Du hast recht damit, dass es nicht mehr lange dauert, und ich danke Dir für Deine mutigen Worte.
Genau das ist ja meine Angst: sich nicht mehr Zeit genommen zu haben für die letzten Augenblicke, über alles geredet zu haben, sich richtig verabschiedet zu haben.
Ihn zu begleiten und gleichzeitig loslassen zu können, damit er von seinem Leiden erlöst wird.  Darum würde ich auch gern noch einmal eine zeitlang am Stück bei ihm sein, nicht immer nur 2 Tage.
Ich werde es versuchen.

@mädel:
Ja mein Vater hat mal so Stimmungsaufheller/ Antidepressiva von seiner Neurologin bekommen, mittlerweile aber auch nicht mehr, glaube ich. Ich weiß auch nicht, ob das nicht gefährlich ist. Geholfen haben sie jedenfalls nicht besonders.  Mein Vater bekommt ja, wie gesagt jetzt ab und an Neuroleptika, um seine Nerven zu beruhigen.
Sprich aber lieber mit einem Neurologen darüber, ob er es für angemessen hält!
Dass dein Vater so schlapp ist im Moment, ist glaube ich ganz normal! Mein vater hatte auch diese "Fatigue" während und nach der Chemo, da konnt man nichts mit ihm anfangen! Warte mal ab, wie er drauf ist, wenn der Zyklus Temodal vorbei ist!

@britta:
Dass es bei Deinem Vater auch so schlecht ist, tut mir leid, aber vielleicht kommt es von der Lungenentzündung on top. Mein Vater hatte ja "nur eine lapidare Blasenentzündung", kombiniert mit Thrombose. Aber wenn der Körper von dem Tumor eh schon so angegriffen und geschwächt ist (inkl. all der Medikamente), dann kann das schon mal dauern, bis man sich von so einer zusätzlichen Entzündung wieder erholt!
Ich hoffe er schafft es und kommt wieder zu Kräften!
Die Ärzte sind immer ratlos, das kenne ich schon....

Haltet durch, dies ist eine schwere Prüfung für uns alle, doch sie macht uns nur stärker, und wir werden das alles durchstehen!!!

LG,
Chiquita




Offline Britta

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Hallo an alle, hallo chiquita,
wie gut von dir wieder was zu hören. Ich habe schon das Schlimmste befürchtet.
Das das ganze Leben aus dem Ruder läuft ist wahrscheinlich in solchen harten Zeiten oft der Fall. Ich muss auch oft aufpassen, dass aus Gesprächen mit meinem Mann nicht Streitereien werden. Da er sieht wie ich leide und nicht weiß wie er helfen kann. Bzw. ohnmächtig ist da er nicht helfen kann. Und wenn er dann Vorschläge macht oder ich meine Gedanken äußere es zu Diskussionen kommt weil jeder anders mit der Situation umgeht. Sicher wir Frauen sind noch ein Stück emotionaler als Männer. Ab einem bestimmten Punkt kriegen wir dann aber die Kurve und machen uns klar, dass wir nicht gegeneinander sonder miteinander stark sein müssen um diese Situation zu überstehen.
Auf Arbeit habe ich Gott sein dank solche Probleme nicht. Als ob es so nicht schon schlimm genug ist auch noch Existenzängste. Ich drücke dir ganz fest die Daumen das mit deinem Job alles wieder in Ordnung wird.

Bei meinem Vater geht es auch zur Zeit immer weiter Bergab. Seit Vorgestern bekommt er (nach 2 1/2 Wochen kein Antibiotika) mehr gegen die Lungenentzündung. Ist aber nach wie vor sehr sehr schlapp. Und seit zwei Tagen wieder total verwirrt und hat panische Angst. Wie sich laut EEG und CCT rausstellte ist das Gehirn wieder massiv am krampfen. Nach einem Krampf tun ihm immer sehr die Beine weh und er ist nicht in der Lage einen klaren Gedanken zu fassen. Er liegt nun nur noch mehr oder weniger im Dämmerzustand mit panischer Angst und will sterben. Es ist so furchtbar. Ich bin nur am Weinen . Gestern war es so schlimm, dass meine ma nicht mal meinen Sohn mehr mit ins Krankenzimmer nehmen wollte weil es ihm so schlecht. (Mein Sohn, 19, fährt sie im Wechsel mit uns immer ins Krankenhaus und hat seinen Opa so auch immer besucht).
Die Ärzte sind nach wie vor etwas ratlos und meinen sie müssen erst die "alten" CCT Aufnahmen haben um vergleichen zu können. Aber das finde ich komisch. Das erste Mal haben sie auch gleich gesehen, dass da was ist was nicht hingehört. Und solche Krämpfe nur vom Narbengewebe??? So plötzlich und sie anhandelt????
Übrigens auf unser Verlangen bekommt er jetzt auch "Aufheller", da er nur am weinen und Hilfe rufen ist und ständig Angst hat wir kommen nicht und und und. Und so psychisch quälen muss er sich nicht auch noch.
Meine Mutter ist übrigens der Überzeugung, dass wenn er ein Rezidiv hat oder der Tumor so schnell nachgewachsen ist sie ihn nicht operieren läßt. Außerdem will sie auch nicht dass er wieder bestrahlt wird und Chemo bekommt. Da er es so schlecht vertragen hat. Sie will nicht, das er so leidet. Es ist nur schlimm.
Haltet weiter durch und seit stark
bis dann Britta

Mädel

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Hallo Ihr alle, hallo CHiquita! Oh Mann, Deine Situation ist aber wirklich besch... - auch ich drücke Dir die Daumen, dass mit Deinem Job alles gut geht. Das Gefühl durchzudrehen, kommt mir auch bekannt vor. Bei meinem Mann und mir ist es so, dass er vor allem wegen dieser Ohnmacht auch oft am Durchdrehen ist und gereizt. Es macht ihn verrückt, wenn er mich so traurig sieht, hinzu kommt, dass er auch meinen Vater mittlerweile so lieb hat wie seinen eigenen. Wir versuchen mittlerweile aber krampfhaft, wieder halbwegs normal zu leben. Das funktioniert in den letzten Wochen ganz gut. Wir treffen uns wieder mit Freunden und versuchen uns mit Plänen (Haus kaufen, Urlaubspläne) etwas abzulenken. So eine Art Scheinwelt aufzubauen. - Vor allem gibt es mit meiner Schwester momentan Probleme. Wir hatten nie eine besonders enge Beziehung, aber durch die Krankheit meines Vaters ist das Fass nun übergelaufen. Das tut mir sehr weh, da ich merke, dass meine Schwester mich als Konkurrentin sieht - ständig stichelt sie und ist wohl eifersüchtig auf mich, da mein Vater und ich uns immer schon sehr nahe waren. Jetzt bricht irgendwie alles auf - als hätte man nicht schon genug Probleme mit dieser Krankheit. Britta, Du hast Recht, dass man jetzt nicht gegeneinander sondern miteinander stark sein muss. Leicht gesagt, denn da gehören immer zwei Seiten dazu.

Gerade bekommt mein Vati den zweiten Zyklus Temodal - und das bei dieser Hitze momentan. Geht ihm ziemlich dreckig. Ich fahre heute nachmittag hin - habe Gott sei Dank nur eine 3/4-Stelle und sehe ihn 3-4 mal die Woche. Dann kann Mutti auch mal raus.
Seine Depressionen haben etwas nachgelassen. Das schlimmste ist, dass er eben fast nichts isst. Wir versuchen, ihn halbwegs mit Astronauten-Nahrung aus der Apotheke auszupeppeln. Hoffentlich bringt das was.

Ich wünsche Euch viel Kraft - da müssen wir nun durch. Solche Phasen gibt es wohl im Leben. Vielleicht sollte man das als Prüfung sehen, ich weiss es nicht. Alles Gute!
Mädel


chiquita0405

  • Gast
Hallo ihr alle,
danke euch für eure Antworten.

Momentan bin ich zum Glück wieder einigermaßen stabil. Aber diese permanente negative und traurige Anspannung seit 10 Monaten auf der einen Seite und das tägliche "Funktionieren müssen" im Job und mit der Umwelt auf der anderen Seite können doch sehr anstrengend werden. Ab und zu bricht man dann mal zusammen.

Ich träume nachts häufig von meinem Vater und schlafe sehr unruhig. Heute nacht bin ich aufgewacht und habe gedacht:"Es ist alles nur ein böser Traum". Ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt. Und das, wo es bei anderen im Forum sehr viel schneller ging und es bereits nach 2-3 Monaten zuende war.

Die Frage ist, was ist besser?

Wir können alle morgen vom Bus überfahren werden. Wir WISSEN nicht, wann wir woran sterben. Ist das nicht gut so?

Das einzig Positive, was ich immer wieder daraus zu ziehen versuche ist:
Du hast Zeit, Dich zu verabschieden. Du kannst Dich langsam darauf einstellen, dass es bald zuende geht. Er war nicht ganz plötzlich einfach tot.

Aber dann ist es andererseits so grausam, zuzuschauen, wie ein geliebter Mensch so nach und nach zerfällt. Von dem Tumor vernichtet wird. Genau wissend, dass er sterben wird. Darauf wartend, dass er stirbt.

Seit 10 Monaten lebe ich mit der Gewissheit, dass mein Vater an einer unheilbaren Krankheit leidet und bald daran zugrunde gehen wird.

Und dann überlege ich oft: Wie werde ich ihn in Erinnerung behalten? Ich zwinge mich dazu, immer wieder die Erinnerungen an einen gesunden und aktiven Vater, der mit 60 Jahren in der Blüte seines Lebens stand, hervorzuholen.

Ich möchte ihn nicht in Erinnerung behalten, so wie er jetzt ist.
Traurig und hilflos im Bett liegend. Nicht mehr in der Lage aufzustehen, nicht mehr fähig allein zu essen, Schwierigkeiten habend überhaupt zu reden.
Nicht mehr klar denken könnend.
Er schläft den ganzen Tag und kann mittlerweile schlecht sehen. Er wird gefüttert. Er wird gewaschen. Er braucht Menschen, die das alles für ihn machen.

Vor einem Jahr hat er zu dieser Zeit einen Segeltörn gemacht und auch am Steuer des Bootes gestanden und es über das Meer gesteuert. Im Sturm, im Regen.

Wie fern waren wir da noch von solchen Krankheiten. Das Wort Glioblastom multiforme hatten wir noch nie gehört. Und das Ding ruhte schon in seinem Kopf und hatte sich vorbereitet für den großen Tag, an dem es entdeckt wurde.

Er wollte seinen mühsam erarbeiteten Vorruhestand genießen. Wollte Klavierspielen lernen. Wollte am Kap Hoorn segeln. Wollte durch Tibet mit dem Rucksack. Wollte noch so viel.
Sollte mich doch zum Traualtar führen.

Ich habe jetzt gelernt, nichts aufzuschieben. Ich lebe jetzt viel intensiver. Ich schätze meine Gesundheit über alles. Ich bin jeden Tag dankbar für meine glückliche Beziehung und weiß, dass wir diese schwere Zeit gemeinsam meistern werden.

-Der eigentliche Sinn unseres Lebens besteht im Streben nach Glück-
Dalai Lama


In diesem Sinne,
liebe Grüße von chiquita






« Letzte Änderung: 22. Juni 2005, 11:45:42 von chiquita0405 »

chiquita0405

  • Gast
Hallo zusammen,
ich habe mich lange nicht gemeldet.
Ich hoffe, ihr meldet euch wieder...?

Bei meinem Vater geht es jetzt dem Ende entgegen, ich bin gerade wieder hier zu Hause. Er liegt nur noch in seinem Bett und schläft. Spricht nicht mehr, reagiert nicht mehr.

Ist das eigentlich schon das sogenannte "Koma"?

Er schlägt aber ab und an die Aufen auf und starrt ins Leere. Die einzige Reaktion ist seine rechte Hand, mit der er einen ganz fest hält.
Er bekommt den Tropf mit Flüssigkeit und weiterhin alle Medikamente.
An alle da draußen, die diesen Zustand kennen: bitte sagt mir, wie lange es jetzt noch dauert...
Ich weiss, dass es von Patient zu Patient verschieden ist, aber ich habe in euren Berichten gelesen, dass das "Koma" (wenn es das jetzt ist??) 1-3 Wochen anhält, dann ist alles vorbei...Ist das so?
Und noch eine Frage: Woran sterben Glio Patienten letztendlich? Versagt die Atmung (Hirnstamm?)?
Ist es bei allen gleich oder je nachdem verschieden?

Über Antworten freue ich mich...
liebe Grüße an alle, die mit den Kranken kämpfen und alle, die es bereits hinter sich haben,

eure chiquita


 



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