Seit meinem letzten Beitrag in der Kummerecke ist viel Zeit vergangen...rückblickend eine Zeit voller Kummer und Leid... und auch großer Wut.
Mein Mann wurde am 20. Dezember 2005 im Vivantes Klinikum Neukölln Berlin an einem Tumor links fronto-temporal operiert, der Tumor hatte Kirschgröße und konnte "restlos" entfernt werden.
Bereits 3 Tage später, am 23. Dezember wurde er entlassen ( keineswegs auf eigenen Wunsch !). In der Nacht zuvor wurde die Drainage entfernt, ohne Desinfektion und ohne dass die Wunde vernäht wurde. Ein locker sitzendes Pflaster wurde platziert.
Am 27. Dezember 2005 wieder Vorstellung im Vivantes Klinikum Neukölln und Übermittlung der niederschmetternden Diagnose: Glioblastom IV.
Anschließend wurde das Pflaster, das die Hauptwunde bedeckte entfernt, und die Fäden gezogen...und er wurde endgültig entlassen.
Der Vorschlag der Klinik lautete: Radio-Chemotherapie nach abgeschlossener Wundheilung.
Im Krankenhaus hatte mein Mann sich durch die zugigen Fenster des Krankenhauses ( es herrschten tiefe Minustemperaturen) eine starke Erkältung zugezogen, womit er mich ebenfalls ansteckte, so dass wir 5 Wochen mit Fieber und starken Schweißausbrüchen im Bett lagen.
Während dieser Zeit recherchierte ich im Internet, ließ die MRT-Bilder vervielfältigen und schickte sie nach München zu Prof. Dr. Tonn und nach Köln zu Prof. Dr. Sturm zwecks Zweit-, und Drittmeinung bezüglich Radio-Chemotherapie (Temodal). Beide Professoren empfahlen eben diese Therapieform.
Am 28. Januar begann dann die postoperative kombinierte Radio-Chemotherapie für das Tumorbett mit Sicherheitssaum mit ED von täglich 2 Gy, 5x wöchentlich bis zu einer GD von 60 Gy. Simultan wurde eine Chemotherapie mit 75/mg/qm/KOF Temodal über die gesamte Bestrahlungsserie gegeben.
Am 10. Februar begann die OP-Narbe, die eigentlich gut verheilt war, zu eitern.
Da man uns wiederholt sagte, dass eine Unterbrechung der Radio-Chemo fatale Folgen haben könnte, stimmten wir einer Weiterbestrahlung zu.
Die Radio-Chemo endete am 08. März, gleich im Anschluß an die letzte Bestrahlung wurde mein Mann in die neurochirurgische Abteilung aufgenommen und am 09. März operiert.
Bei dieser OP stellte man eine Fistel im Bereich der OP Narbe fest. Bei nachgewiesener Osteomyelitis kam es zu einer Entfernung des Knochendeckels.
Der Abstrich zeigte einen Staphylococcus aureus, der mit antibiotischer Behandlung ( Staphylex) unter Kontrolle gebracht werden sollte. Die Entlassung fand eine Woche nach der OP statt.
Leider zeigte die antibiotische Behandlung keinen Erfolg. Die Wunde eiterte weiter und wurde von mir, wie in der Vergangenheit, täglich versorgt.
Durch diese Wundinfektion war natürlich an eine weitergehende Chemotherapie nicht zu denken. Wir waren in größter Sorge, wußten wir doch, dass UNBEDINGT mit einer Therapie begonnen werden mußte.
Im März erlitt mein Mann 5 mittelschere epileptische Anfälle.
Aufgrund unserer insgesamt schlechten Erfahrungen mit dem Klinikum Neukölln, und der immer noch vorhandenen Wundheilungsstörung, wurden wir in der Sprechstunde von Herrn Prof. Vogel / Gertrauden-Krankenhaus vorstellig.
Aufnahme 10.04 – 20.05. im Gertrauden-Krankenhaus Berlin
Dort wurde er am 11.04. an der weiterhin bestehenden Fistelung mit Eiteraustritt aus dem mittleren Bereich der Narbe operiert. Die Empyemhöhle wurde täglich über eine eingebrachte Drainage mit Braunol für eine Stunde gespült. Der präoperativ entnommende Wundabstrich zeigte eine Infektion mit Staphylococcus aureus, worauf er über den gesamten Zeitpunkt der Spülung auch antibiotisch mit Gentamycin i.v. ( 20 Tage) abgedeckt wurde. Ein am 09.05. erneut angefertigter Wundabstrich zeigte weiterhin eine bakterielle Besiedlung mit Staphylococcus aureus, woraufhin seit dem 08.05. 2006 CoTrimoxazol forte 1-0-1 gegeben wurde.
Im Rahmen der Grunderkrankung – Glioblastom IV wurde ab dem 29.04. die Gabe von Laif 600 (4-4-4) als Monotherapie etabliert.
Ein am 02.05.2006 durchgeführtes Schädel-MRT zeigte keine Indikation für eine chirurgische als auch onkologische Intervention, da weiterhin eine Wundheilungsstörung vorlag. Mit dieser Wundheilungsstörung wurde mein Mann am 20.05. entlassen um durch die ambulante Onkologin weiter versorgt zu werden. Weiterhin wurde CoTrim forte 1-0-1 für weitere 6 Wochen nach Entlassung empfohlen.
3 Wochen später, am 09.06. wurde ein weiteres MRT des Kopfes gemacht, das am gleichen Tag von Herrn Prof. Vogel begutachtet wurde.
Am 15.06. – 07.07.2006 Aufnahme ins Gertrauden-Krankenhaus.
Das MRT hatte ergeben, dass aufgrund der Infiltration der Duraplastik und dem möglichen epiduralen Tumorwachstum eine weitere OP dringend nötig wurde. Neben der Tumorrezidiv-Resektion wurde die weiterhin mit Staphylococcus aureus infizierte Duraplastik, die schon beim letzten Aufenthalt bestehende Empyemhöhle und die daran angeschlossene Fistel revidiert. Zur Deckung des Defektes wurde ein Verschiebelappen transpositioniert. Anschließend wurde eine intravenöse Ceftriaxon-Behandlung durchgeführt.
Laif 600 wurde weiter als Monotherapie empfohlen und genommen.
Am 17.07.2006 – 26.07.2006 Aufnahme ins Gertrauden-Krankenhaus.
Wieder war die Wunde aufgebrochen und es zeigte sich eine gelbliche Hypersekretation im Bereich des Wundpols fronto-termporal links vor. Ein KM-CT zeigte kein Anhalt für ein Empyem/Abzeß. Ein Abstrich zeigte kein Wachstum. Prophylaktisch wurde CoTrim etabliert, welches die Wundsekretion reduzierte bzw. zur Stagnation ( 21.07.2006) führte. Bei Entlassung reizlose Wundränder.
Laif 600 wurde am 25.07.2006 abgesetzt, um die Wundheilung nicht weiter zu gefährden.
Das hieß, dass nun überhaupt keine Therapie mehr statt fand !
Am 11.08.2006 – 01.11.2006 Aufnahme ins Gertrauden-Krankenhaus.
Am 12.08. erlitt mein Mann am frühen Nachmittag einen epileptischen Anfall, wovon er sich jedoch schnell wieder erholte. Eine Stunde später erfolgte innerhalb weniger Minuten eine komplette Lähmung der rechten Seite.
Am 16.08. wurde eine weitere OP nötig. Die Wundheilungsstörung wurde debridiert und eine Drainage in die Zyste eingelegt. Postoperativ zeigte sich weiterhin eine Sekretion der Wunde. Ein bei der Aufnahme als auch intraoperativ entnommener Wundabstrich zeigte keine bakterielle Besiedlung der Wunde.
Am 28.08. wurde aufgrund der weiterhin bestehenden Sekretion der Wunde und der erneut nekrotisch veränderten Wundverhältnissen eine Deckung mittels einer Lappenplastik durchgeführt. Postoperativ war mein Mann stabil, die Wunde wurde täglich gereinigt bzw. fand ein Verbandswechsel statt. Primär zeigte sich die Wundheilung als suffiziet, jedoch zeigte sich im Verlauf wiederum eine Wundheilungsstörung.
Am 07.10. fand eine erneute Revision statt. Perioperativ resezierte Cutis-Subcutis-Resektate zeigten eine floride eitrig abszendierende und partiell granulierende ischämisch bedingte Entzündung bei stenosierender Arteriosklerose, welche als Folge der stattgehabten cerebralen Radiatio zu werten ist !
Seither verläuft sich die Wundheilung wie erwünscht und die Wundränder sind adaptiert, so dass am 31.10. der letzte Faden entfernt werden konnte.
Am 01.11.06 wurde mein Mann aus dem Gertrauden-Krankenhaus entlassen.
Ein während des stationären Aufenthaltes durchgeführtes Verlauf-MRT zeigte im Vergleich mit Vorbefunden eine mäßige Progredienz des Tumors.
Aber: Nach der großen Zahl an Operationen, die in der Hauptsache ja nur die Wundheilung aufgrund der völlig verstrahlten Haut und des Infektes betrafen, ist an eine weitere Tumoroperation nicht mehr zu denken.
Das heißt: Wir, die Ärzte und das Pflegepersonal des Gertrauden-Krankenhauses haben über Monate nicht gegen das Glioblastom gekämpft, sondern gegen eine Wundheilungsstörung, hervorgerufen durch Verstrahlung der Kopfhaut.
Nach einstimmiger Meinung mehrerer Neurochirurgen hätte eine Weiterbestrahlung nach Eiteraustritt aus der OP-Narbe am 10. Februar 2006 keinesfalls stattfinden dürfen !!!
Seit dem 01.11. ist mein geliebter Mann nun wieder daheim. Die Wunde ist bis auf einen kleinen Rest abgeheilt...aber eben noch nicht restlos.
Pflegebett, Rollstuhl, Toilettenstuhl usw. sind vorhanden. Ein Pflegedienst wurde beauftragt und ein Arzt von Home-Care kümmert sich um die medizinische Versorgung.
Mein hochintelligenter, sportlicher, überaus liebenswürdiger Mann ist nur noch ein Schatten seiner selbst.
Wir haben uns bezüglich der Heilungschancen eines Glioblastoms keinerlei Illusionen hingegeben.
Aber es verbittert mich zutiefst, dass von all den Therapiemöglichkeiten, Studien usw., die ich im Laufe der Monate gesammelt habe, und die 2 dicke Ordner füllen, NICHTS realisiert werden konnte.
Mein Mann bekam einfach keine Chance.
Elisabeth