HirnTumor-Forum

Autor Thema: Wir fühlen uns angelogen  (Gelesen 8898 mal)

Seether

  • Gast
Wir fühlen uns angelogen
« am: 22. Februar 2006, 21:30:45 »
Hallo zusammen!

Um meine Geschichte kurz vorzustellen:

Bei meinem Vater wurde vor ca. 2 Wochen ein großer Tumor an der rechten Schläfenlappe festgestellt und eine Woche danach Operativ entfernt. Die Op hatt er ohne bleibende Schäden überstanden und ist jetzt schon wieder zuhause und top fit. Soweit so gut.

Dann kahm der pathologische Befund. Zuerst habe ich den Zettel nicht gesehen und meine Mutter meinte nur es sei alles gut verlaufen und der Tumor konnte komplett entfernt werden. Die Ärzte sagten auch Papa hatt eine "gute" Chance auf Heilung und wir hätten echt Glück gehabt.

Bis hier hin hört sich alles nach einer wunderbaren Geschichte an mit Viel Glück und all dem Zeugs.

Dann las ich den Bericht der uns mitgegeben wurde mal durch und musste mit Erschrecken feststellen:


DIAGNOSE: GLIOBLASTOM IV

Jetzt gehts mir nicht gerade gut weil ich mich natürlich über diesen Tumor Informiert habe. Ich weiss nicht weiter was ich machen soll. Alarm schlagen und meine Mutter informieren eventuell meinen Vater? Stillschweigen? Oder ist alles doch nicht so schlimm?

Bitte gibt mir Rat! Wieso lügen die uns so an? Wenigstens mir und meiner Mutter hätte diese Information doch nicht vorenthalten werdens sollen?!?!
Meine Mutter weis anscheint nichts davon wie schelcht es um meinen Vater steht und bald soll chemo udn strahlen beginnen! Das schlimme ist das mein Vater sich große hoffnungen macht! Ich mein Hoffnung ist ja super aber er weiss nichts von seinem Schicksal!

BITTE HELFT MIR!
« Letzte Änderung: 07. Februar 2007, 12:23:40 von Seether »

zwoschbele

  • Gast
Re:Wir fühlen uns angelogen
« Antwort #1 am: 22. Februar 2006, 21:59:42 »
Hallo Seether,

ich hab soeben deinen Eintrag gelesen, der in mir wieder Erinnerungen wachgerufen hat. Bei uns haben sich die Ärzte genauso verhalten, und niemand hat jemals klar ausgesprochen was Sache war. Die lügen einem beinhart ins Gesicht, sicherlich aus Unsicherheit wie sie mit der Situation umgehen sollen. Uns wurde im ersten KH gesagt, sie wüssten nicht was das sei, wir sollten in ein neurologisches KH fahren für den Befund. Und hinterher haben wir dann erfahren, dass denen schon ganz genau klar war, worum es sich handelte ... danach zogen sie angeblich eine Behandlungsmöglichkeit in Frage, wo wir 2 Wochen lang auf eine Rückmeldung warten mussten, da angeblich Informationen nicht angekommen sind ... alles erstunken und erlogen wenn du mich fragst, heutzutage wo alles innerhalb von Stunden überall auf der Welt versandt werden kann ...

Uns gegenüber wurde behauptet, das sei eine Taktik, um die Angehörigen langsam auf die Situation vorzubereiten. Ich finde es nur unmenschlich, und kann mir gut vorstellen, wie es dir jetzt gehen muss. Man hat Riesenangst, und denkt gleichzeitig irgendwie, das kann doch nicht wahr sein, das hätten die uns doch gesagt !!

Wie du vielleicht hier im Forum schon gelesen hast, gibt es aber relativ unterschiedliche Verläufe der Diagnose Hirntumor, selbst bei Glioblastomen. Daher würde ich an deiner Stelle versuchen, die Diagnose nicht in den Vordergrund zu stellen, sondern eher die Tatsache, dass es deinem Vater so gut geht. Das kann ja auch noch lang so bleiben. Ob du mit deiner Mutter darüber sprichst bleibt dir überlassen - ich denke, es wird schwierig sein, die Diagnose allein zu verarbeiten, vielleicht hilft euch der Austausch.

Ich glaube, es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass ein Hirntumor keine Kleinigkeit ist. Aber davon mal abgesehen würde ich so gut als möglich weiterleben, nicht in Panik verfallen, was in 5 Jahren sein wird o.ä. - alles kommt auf einen zu und dann wird man sehen, wie es kommt. Vorhersagen kann man sowieso nichts.

Ich weiß das klingt alles ganz einfach ... mir ist sehr wohl bewusst, dass das so leicht nicht ist, und dass eure Welt wahrscheinlich kopf steht. Aber wenn ich durch diese grausame Krankheit eins gelernt habe, dann ist es, dass es nichts hilft, alles vorher sehen zu wollen und voraus zu planen. Im Moment auf sein Gefühl hören, das ist das Wichtigste - und danach handeln. Dann macht man auch sicher nichts falsch.

Alles Gute an euch alle
ninette
« Letzte Änderung: 27. Februar 2006, 20:24:53 von Ciconia »

claus4711

  • Gast
Re:Wir fühlen uns angelogen
« Antwort #2 am: 22. Februar 2006, 23:26:33 »
'Lügen':

'Kiwi-Größe' sagt nichts über den (alleinentscheidenden) Zustand des Patienten und dessen Befindlichkeit.

Das und alles weiter wichtige (über Glios Grad IV) wißt Ihr wahrscheinlich  inzwischen aus dem Internet).

Wie sich verhalten:
Die Mutter dann informieren, sofern sie es 'verkraften' kann. Gleiches gilt für den Vater, beide nicht und nie überlasten.
Ja, leider ist es schwer+schwierig+schlimm!.

Warum 'sie' Euch "anlügen":
Beruht auf ärztlicher Einschätzung, was die Ärzte Dir und der Mutter an Info 'zumuten' können, was denen (von Euch) 'verkraftbar' erscheint.

Es gehört zum Prozess der Auseinandersetzung mit dieser Erkrankung, daß der Patient über das Erlebnis von Hoffnungen sein Schicksal erfährt (und akzeptiert) sofern er die Kraft dazu haben wird).
Du bist dabei, wie schlimm auch immer dies sein und werden mag.

Man muß alles mit allerbester Intention unternehmen!
Jetzt steht die Strahlentherapie an!

Immer gibt es Chanchen!
Den Mut nicht verlieren!

Der Patient ist der 'Master' (allein), auf ihn nicht aber auf Dich kommt es an!


Sei klug,
sei gut.

Alles Gute,
Claus




« Letzte Änderung: 27. Februar 2006, 20:26:33 von Ciconia »

Anmari

  • Gast
Re:Wir fühlen uns angelogen
« Antwort #3 am: 23. Februar 2006, 10:06:10 »
Hallo Seether,

ich kann mich Ninette und Claus nur voll und ganz anschliessen. Überstürz nichts, komm erst mal ein wenig zur Ruhe, versuch selbst, die Nachricht zu verabeiten. Alles weitere wird sich ergeben, auch, ob und wie du es deiner Mutter sagst oder ob sie es von ganz alleine merken oder auf andere Weise erfahren wird.

Man kann nichts planen, es kommt immer alles anders. Hör auf deinen Bauch, aber denk noch einmal nach, bevor du irgendwas unternimmst.

Es ist sehr wichtig, dass du stark bist und deinen Eltern eine Stütze bist. Ja, die Situation ist sehr sehr schlimm, aber du wirst sehen, du wirst Kräfte entwickeln, die du im Moment nicht für möglich hältst. Vor allem dürft ihr alle die Hoffnung nicht aufgeben. Geniesst die Zeit, in der es deinem Vater gut geht.  

Alles Gute!
Anmari
« Letzte Änderung: 27. Februar 2006, 20:28:08 von Ciconia »

Seether

  • Gast
Re:Wir fühlen uns angelogen
« Antwort #4 am: 23. Februar 2006, 12:22:28 »
Danke für die Nachrichten! Ich kann es nur nicht verstehen das die Ärzte sagen es gäbe "gute" heilungschancen. Das is so fies gegenüber meinem Vater!

So muss jetzt wieder zur Arbeit. Das ist auch die Hölle. Jeden Tag mit dem Gefühl leben! Zum Glück bin ich nicht alleine!

Danke

Andre
« Letzte Änderung: 27. Februar 2006, 20:29:18 von Ciconia »

maren194

  • Gast
Re:Wir fühlen uns angelogen
« Antwort #5 am: 23. Februar 2006, 17:01:34 »
Hallo seether!
Genauso war es bei meinem Vater, der im Nov. 05 operiert wurde. Die Ärzte haben sich auch zunächst unwissend gestellt (könnte eine Zyste, Entzündung usw. sein), aber ich hatte von Anfang das Gefühl, dass sie genau wissen, was da los ist. Sie haben auch gleich - ohne den Befund zu kennen-  von Bestrahkungen und Chemo gesprochen. Meinem Vater haben sie glauben gemacht, dass "wir das schon wieder hinkriegen" und "Sie wieder fit werden". Ich habe anfangs auch sehr mit dieser Situation gehadert und fabd es unverantwortlich, dass mein Vater nicht richtig informiert und damit uns der schwarze Peter zugeschoben wurde. Inzwischen denke ich, dass es so ganz gut war, denn was hätte es gebracht, meinem Vater die Zuversicht und die Hoffnung zu nehmen?! Außerdem hätte er sich - wie dein Vater! - selbst informieren können. Früher hat er alles im Internet recherchiert, aber bei seiner Krankheit hat er es nicht gewollt. Ich glaube, wir müssen uns da raushalten und unsere Lieben ihren Weg gehen lassen. Die Einsaicht, dass es doch nicht wieder gut wird, kommt schon noch, aber eben langsam. Diese Erfahrung müssem wir gerade machen, da es meinem Vater immer schlechter geht. Er realiseirt jetzt, dass er nicht mehr geheilt werden kann, scheint das aber anzunehmen. Ich glaube, dass es ihm jetzt viel einfacher fällt, weil er sich so schwach fühlt. Was nützt es, einem Menschen, der sich gut fühlt, zu sagen, dass er voraussichtlich in absehbarer Zeit sterben wird.
Nichts überstürzen und alles auf sich zukommen lassen!
Liebe Grüße  maren
« Letzte Änderung: 27. Februar 2006, 20:32:37 von Ciconia »

Offline Ciconia

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Re:Wir fühlen uns angelogen
« Antwort #6 am: 24. Februar 2006, 11:17:26 »
Zitat
Was nützt es, einem Menschen, der sich gut fühlt, zu sagen, dass er voraussichtlich in absehbarer Zeit sterben wird.

Ich persönlich würde es wissen wollen. Zumindest den Angehörigen sollte der Arzt die Wahrheit mitteilen, wenn er denn der Meinung ist, dem Patienten sei es nicht zuzumuten.
« Letzte Änderung: 27. Februar 2006, 20:34:14 von Ciconia »
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