HirnTumor-Forum

Autor Thema: "Zustand" nach Akustikusneurinom OP  (Gelesen 17390 mal)

Jutta

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"Zustand" nach Akustikusneurinom OP
« am: 23. Januar 2007, 21:40:57 »
Ich lese reglmäßig das Forum und möchte jetzt endlich auch mal einen Beitrag leisten!
 :D
Immer mal wieder lese ich, dass es viele Betroffene interessiert, wie es nach einem nach der OP geht...
Ich bin 39 Jahre alt, habe eine 5jährige Tochter, bin verheiratet und arbeite halbtags. Ich wurde am 30. Juni in der Uniklinik Würzburg in der Neurochirurgie von Dr. Perez operiert. Ich habe mich dort sehr gut aufgehoben gefühlt. Mein AN war 3 x 3 cm groß und ich hatte 4 Hörstürze innerhalb von 7 Jahren, keinen Schwindel, 30 % Hörverlust. Endlich nach vielen Jahren wurde die Ursache erkannt und es war, obwohl ein Schock, auch eine Erlösung!
Die OP dauerte 10 Stunden und es ging mir den Umständen entsprechend schlecht. Ich brauchte die vollen 12 Tage Krankenausaufenthalt, um mich einigermaßen von der OP zu erholen. Ich hatte extremen Schwindel und war sehr geschwächt. Dann kam ich nach Hause. Ca. 2 Monate konnte ich fast nichts tun, Haushalt und Kind, das mussten die anderen erledigen. Ich war immer gleich ziemlich erschöpft und es war mir auch sehr schwindelig. Beim Laufen hatte ich anfangs große Probleme, ich nahm die Welt ziemlich verzerrt wahr.
Mein Gesichtsnerv war nicht beschädigt, aber gereizt, was zur Folge hatte, dass sich meine linke Gesichtshälfte anfangs überhaupt nicht bewegte. Das war sehr schlimm für mich. Ich habe fast 3 Monate einen Uhrglas-Augenverband tragen müssen, da mein Auge nicht geblinzelt hat und nicht befeuchtet wird. Meine 10cm-Narbe am Hinterkopf ist sehr gut verheilt. Ich habe gleich nach dem Krankenhaus eine Reha beantragt und bin dann nach 2  Monaten zu Hause in eine neurologische Reha-Klinik gekommen. Dort war ich 6 Wochen und habe mich sehr wohl gefühlt und professionelle Hilfe genossen. Die Reha ist sehr wichtig, auch für die Psyche, man fühlt sich gut aufgehoben und das ist wichtig. Bitte, wenn nicht über das Krankenhaus möglich, gleich nach dem Krankenausaufenthalt beantragen (über den Hausarzt). Am Besten schon vorher den Antrag von der Krankenkasse schicken lassen. Denn Bürokram ist in diesem Zustand eine Qual...
Das aller wichtigste ist: Nicht aufgeben, so schlimm es auch sein mag. Kämpfen und Geduld haben, das ist das was mich seit 7 Monaten begleitet. Es kostet viel Kraft, aber es lohnt sich! Sport treiben ist sehr wichtig, sich bewegen, aktiv sein. Ich arbeite seit November wieder, machte eine Wiedereingliederung und jeder Tag ist eine Herausforderung. Mein Gesicht ist noch nicht das "alte", aber ich bin auf einem guten Weg. Der Schwindel ist weg, mein Gehör nur noch ca. 20 %, mein Kopf dröhnt zuweilen, wenn ich etwas gestresst bin, mein linkes Auge hat keine Tränenflüssigkeit, aber damit muss ich leben.
Also: Nicht aufgeben und die Beeinträchtigungen annehmen, dann schafft Ihr alles!

Habt Ihr Fragen? Dann meldet Euch bitte bei mir. Ich beantworte gerne weiteres Fragen!

Liebe Grüße und Kopf hoch!
Jutta :D :D
« Letzte Änderung: 23. Januar 2007, 21:45:52 von Jutta »

Offline Ciconia

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Re:"Zustand" nach Akustikusneurinom OP
« Antwort #1 am: 24. Januar 2007, 13:42:21 »
Hallo Jutta,

herzlich willkommen und danke für deinen Beitrag.

Du bist sehr mutig, wie du trotz deiner Beschwerden weiter machst! Ich hoffe sehr, daß sich im Laufe der Zeit noch einiges bessert! Auch Jahre später ist noch eine Besserung der Beeinträchtigungen möglich! Das ist meine Erfahrung und die anderer Betroffener.
Auch ich wurde in Würzburg operiert, den OA Perez habe kennengelernt. Ich wurde aber nicht von ihm operiert. Hat man dir denn keine AHB in der Klinik angeboten?  Ich habe diese bei meinen beiden OP´s direkt von der Klinik organisiert bekommen.

Nehmen deine Kollegen Rücksicht auf dich? Ich habe nach der 1.OP auch eine Wiedereingliederung gemacht. Dabei war ich aber sehr hart zu mir selbst. Nach den wenigen Stunden war ich den Rest des Tages fix und fertig. Ich hatte damals aber Angst um meinen Arbeitsplatz und habe deshalb wahrscheinlich zu schnell wieder alles geben wollen.

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Ciconia
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jasmin1970

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Re:"Zustand" nach Akustikusneurinom OP
« Antwort #2 am: 25. Januar 2007, 13:14:30 »
Hallo Ciconia,

Du hast geschrieben, dass auch noch Jahre später Besserungen möglich sind und dass das Deine Erfahrung und die anderer Betroffener sei. Was hat sich denn bei Dir konkret Jahre später noch gebessert?

Meine Akustikusneurinom-OP ist nun 1 Jahr und 4 Monate her. Ich gehe natürlich auch davon aus, dass der Heilungsprozess des - in meinem Fall - Gesichtsnerven noch lange nicht abgeschlossen ist.

Viele Grüße
Jasmin

Offline Ciconia

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Re:"Zustand" nach Akustikusneurinom OP
« Antwort #3 am: 25. Januar 2007, 13:46:33 »
Hallo Jasmin,

der Tinnitus wird erträglicher. Vielleicht gewöhnt man sich auch einfach daran? Das Gleichgewicht bessert sich merklich, das ist wohl auch ein Lernprozeß. Ich habe fast keine Probleme mehr mit der Hörminderung links und die Taubheit im Gesicht bemerke ich auch kaum noch. Also diese Dinge schränken mich nicht mehr so ein.

Was gebleiben ist, ist die Wetterfühligkeit (Kopfschmerzen, Müdigkeit) und die allgemein geringe Belastbarkeit. Aber auch da hoffe ich weiter auf Besserung. Ich bekomme ja regelmäßig  Schmerzmedikamente und meine Krankengymnastik mache ich auch weiter. Ich denke, es wäre alles viel schlimmer, wenn ich nicht ständig am Ball bleiben würde. Für Konzentration und Reaktion mache ich auch Übungen am Computer (die Forumsarbeit zähle ich auch dazu :)).

Die Gesichtlähmung hatte ich ja nur wenige Wochen. Aber ich habe gehört, daß sich da auch noch was bessern kann nach längerer Zeit. Machst du Logopädie?

LG
Ciconia

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jasmin1970

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Re:"Zustand" nach Akustikusneurinom OP
« Antwort #4 am: 25. Januar 2007, 14:11:10 »
Hallo Ciconia,

dass auch der Tinnitus erträglicher wird ist schon sehr viel wert. Ich hoffe auch so sehr, dass sich das noch etwas gibt mit dem Tinnitus. Wie lange hat es bei Dir gedauert, bis Du einigermaßen mit Deinem Tinnitus zurecht gekommen bist? Vielleicht ist die Medizin in ein paar Jahren auch so weit, dass es dann endlich mal was gibt gegen Tinnitus. Ich gebe die Hoffnung nicht auf.

An Therapien mache ich sehr viel, angefangen von Krankengymnastik, über Logopädie, dann Akupunktur, mehrmals täglich Gesichtsübungen (vorher kurze Eisstimulation), Gesichtsmassagen und dann lege ich mich auch noch auf meine Elektromagnetfeldmatte. Eine fremde Person würde mir die Lähmung nicht mehr ansehen. Im Detail bzw. bei extremen Grimassen sieht man es natürlich schon noch.

Mit Gleichgewichtsstörungen, Schwindel oder ähnlichem habe ich keine Probleme. Bei mir dreht sich alles hauptsächlich um den Tinnitus und die sich sehr sehr langsam erholende Fazialisparese (einschl. einer tauben Stelle am linken Zungenrand). Die Taubheit auf meinem linken Ohr macht mir weniger zu schaffen, da ich auf meinem rechten Ohr sehr gut höre.

Viele Grüße
Jasmin

cf

  • Gast
Re:"Zustand" nach Akustikusneurinom OP
« Antwort #5 am: 25. Januar 2007, 21:05:59 »
Ich möchte mich nun auch nochmal in diesem Forumsbereich melden und mich Jutta anschließen, da ich bislang glaub ich nie was Zusammenfassendes geschrieben habe und es hier gut thematisch reinpasst. Auch werde ich bald endlich mal noch eine Klinikbewertung zu Tübingen abgeben, aber dazu gibt es ja extra ne andere Stelle...

Also ich hatte letzten Herbst lediglich einige Tage bis eine Woche Gleichgewichtsstörungen (keinerlei Hörminderung) und das Glück, dass mich mein Neurologe gleich zum MRT geschickt hat, auch da ich bereits als Migräne- und Kopfschmerzpatient bei ihm war. Diagnose: AN Typ 4a (Größe bis 2,5 cm), saß überwiegend im Kleinhirnbrückenwinkel und komprimierte den Hirnstamm. Die Ärzte rieten zur OP, hatte verschiedene Meinungen eingeholt.
Hatte mich dann auch zu einer baldigen OP durchgerungen – wenngleich mir das so symptomfrei schwer fiel - und kam glücklicherweise noch vor Weihnachten nach Tübingen, wo ich eine Woche war und dann schon wieder entlassen wurde – das hätte ich nach der langen Narkosezeit (etwa neun Stunden) und den zwei darauffolgenden Tagen nie gedacht!

Ich gehöre ganz sicher zu den unkomplizierten Fällen, denn mein Zustand hatte sich schnell gebessert und ich habe auch keine Gesichtslähmung bekommen. Ein paar Rückenprobleme und Verspannungen durch die Op, und nun halten natürlich noch Gleichgewichtsstörungen an, aber nach 4 Wochen! habe ich wieder mit dem Arbeiten begonnen (Wiedereingliederung) und steigere mich nun bis Februar wieder auf die volle Arbeitszeit. Hin und wieder Kopfschmerzen, aber ob das von der OP kommt, kann ich nicht nachvollziehen. Klar merke ich die Narbe, es spannt und zieht mal, aber das ist erträglich. Ich bin guter Hoffnung, auch dank der vielen Sei-Geduldig!-Zusprüche hier, dass auch die Gleichgewichtsstörungen wieder komplett verschwinden und im Sommer zur Fahrradzeit ;) alles wieder normal sein wird.
Durch die OP wurde zwar der eine Hörnerv so geschädigt, dass ich dort komplett ertaubt bin, aber da er anatomisch erhalten werden konnte,  besteht zumindest eine geringe Chance auf Besserung. Aber auch wenn sich nichts tut, ist das ein wirklich kleines Übel, mit dem man leben kann und vor allem positiv umgehen sollte. Es zeigt einem, wie auch die Diagnose vor rund drei Monaten mir bewusst gemacht hat, wie komplex unser Körper ist, wie wichtig Gesundheit, die eigene Wahrnehmung ist, und um wieviel dankbarer wir sein sollten, dass wir nur diese Probleme haben. Das AN und die OP und auch dieses Forum haben viel in mir verändert, die Sicht auf so manche Dinge, dass ich fast schon dankbar dafür bin...
Hört sich jetzt alles theatralisch an, ich weiß, und all jenen nach so ner OP ist das ja eh alles klar, aber es gibt ja auch immer wieder neue Leser. Und für die, die (wie ich zunächst auch) solch große Angst vor einer OP haben und deren Entscheidung noch aussteht, möchte ich hier Mut zu sprechen: Es kann auch alles gut verlaufen! Habt Vertrauen.

Offline Ciconia

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Re:"Zustand" nach Akustikusneurinom OP
« Antwort #6 am: 26. Januar 2007, 11:09:58 »
@ Jasmin:
Zitat
Ich hoffe auch so sehr, dass sich das noch etwas gibt mit dem Tinnitus. Wie lange hat es bei Dir gedauert, bis Du einigermaßen mit Deinem Tinnitus zurecht gekommen bist? Vielleicht ist die Medizin in ein paar Jahren auch so weit, dass es dann endlich mal was gibt gegen Tinnitus

Ich würde denken, etwa ein Jahr hat es gebraucht mit dem Tinnitus, aber immer wieder kommen schlimme Tage - da ist er wieder unerträglich laut! Aber ich weiß, das gibt sich wieder.
Was die Behandlung bei Tinnitus betrifft, so setzt man im Moment wohl ganz auf den psychosomatischen Ansatz. Man hofft, dem Patienten den Tinnitus als Freund nahezubringen, damit er ihn annimmt und dann nicht mehr als lästig empfindet.

Vielleicht kommt man irgendwann dahin, einen Tinnitus wirklich zu beseitigen, wer weiß? Vieles ist möglich.

@ Chris:
Zitat
Es zeigt einem, wie auch die Diagnose vor rund drei Monaten mir bewusst gemacht hat, wie komplex unser Körper ist, wie wichtig Gesundheit, die eigene Wahrnehmung ist, und um wieviel dankbarer wir sein sollten, dass wir nur diese Probleme haben. Das AN und die OP und auch dieses Forum haben viel in mir verändert, die Sicht auf so manche Dinge, dass ich fast schon dankbar dafür bin...
Das ist eine super Einstellung, Chris. Schön. wenn man auch etwas Positives aus seiner Krankheit nehmen kann.

LG
Ciconia
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