Hi Sabine, wie beschreibst Du Deine Sensibilitätsstörungen? Taub oder Kribbeln, mehr von innen oder von außen? Oder so wie Stromschläge? Bei mir ist es auf jeden Fall so, teilweise habe ich das Gefühl, ein Sumo Ringer packt mich und schnürrt mir von hinten meinen Thorax ein. Schluckbeschwerden hatte ich auch vor der OP und auch rechts. Aber so stark, dass ich dachte, gleich ersticken zu müßen. Dann war es nach Minuten plötzlich wieder weg.Zudem habe ich unter dem Kinn und am Hals ein Hautgefühl, als ob diese einen Sonnenbrand 2. Grades hätte. Ich habe mal gerade nach Kniestreckparese gegogelt, aber nichts adäquates darüber gefunden. Mein linkes Bein knickt meistens abends in der Kniekehle einfach für Sekunbenbruchteile ein, andere bemerken es kaum, ich kann es nicht konbtrolieren, es passiert meistens nur einmal. Trotzdem bin ich Sonntag wieder 13,5 km im Wald gelaufen in 1:19. Danach sind meine Beine für die die nächsten 24 Stunden müde, teilweise bis zu den Knien taub. Während des Laufens habe ich Sensibilitätstörungen aller zuvor beschriebenen Arten gemeinsam und abwechselnd stärker oder schwächer. Der Sumoringer verläßt mich meistens nach den ersten drei Kilometern. Schmerzen habe ich dann in den Halsmuskeln, aber die Strecke ist hart und besteht aus Asphalt, Sandwegen in Dünen (Maasdünen) und querfeldein unaufgeräumten Waldwegen, wo Du auch mal etwas springen mußt. Läufer begegnen da einem nur selten. Eigentlich tue ich mir das nur noch an, weil ich froh bin, das ich noch lebe und überhaupt laufen kann. Meine Kondition reicht für gut 20 km, letztens bin ich mit dem Rennrad ( Fahradfahren ging ganz lange gar nicht wegen Gleichgewicht und Halsmuskeln) 17 km hin zur Strecke gefahren, dann gelaufen und wieder zurück, danach bin ich um 16 Uhr ins Bett und am nächsten Morgen morgen wieder aufgestanden. Ich hatte keine Lust mehr meine Beine zu bewegen, so schwer waren die. Aber ich wollte wissen, ob ich es schaffe und es ging. Übrigens hat mir die ganze Lauferei sehr geholfen vor der OP, da war ich jeden Tag unterwegs, zwei Tage vor der OP am 28.05.07 15 km in 1: 15. Ich hatte eine Riesenangst und mit dem Laufen war ich einigermaßen kopfmäßig relaxt. Da kannte ich auch noch nicht dieses Forum, dafür aber Hippel- Lindau, denn auf dem DIN A 3 Umschlag des Radiologen Dr. Bock aus Oberhausen stand Hämangioblastom- Hippel- Lindau ? Dann habe ich nach Internetrecherche Herrn Alsmeier angerufen, der mich super unterstützt hat und auf alle meine tausend Fragen sehr geduldsam einging. Ich habe Ihn auch später noch kontraktiert und mich für alles bedankt, weil es mir auch etwas peinlich war, schließlich ist er nicht mein Psychotherapeut. Ich hatt aber auch ein paar besondere Umstände und der Tumor ist so selten, das kaum ein Arzt darüber was zu sagen weiß, das habe ich am Montag wieder mal bei einem Neurologen erfahren müßen. Und wenn ich Deine Beschreibungen lese, dann meine ich auch es eher mit einem Mediziner zu tun zu haben (z.b. hattest Du auch eine Syrinx?) Ich wußte gar nicht was das ist. Meine jetzige Hausärztin, die jetzt im September in den Ruhestand geht, kannte ich auch erst seit Februar 2007, vorher war ich noch nie in meinem Leben krank geschrieben, noch hatte ich einen Hausarzt und teilweise war ich noch nicht mal krankenversichert. Als der Tumor am 27.04.07 beim MRT entdeckt wurde, war meine langjährige Lebensgefährtin im vierten Monat schwanger unsere erste Tochter wird jetzt im November 16 Jahre alt. Ja, dann auf anraten Herrn Alsmeier erbbiologische Untersuchung in Essen auf Hippel- Lindau, dann habe ich die paar Leute die so heißen wie ich angerufen, aber alles negativ. Mein Vater hatte einen bösartigen Tumor (Schminketumor) im oberen Halsbereich und verstarb mit 53 Jahren. Da kannst Du Dir vorstellen, was mir so alles durch den Kopf ging. Am 27.04.07 war ich kurz nach dem Befund in der Wedau Klinik in Duisburg, es war Freitag abend, der Assistensarzt sagte: Ja, Ja ein Tumor im Rückenmark, der ist aber schon groß, die wachsen aber langsam, den gucken wir uns noch eine Weile an, ob der wächst, aber das entscheidet der Oberarzt und der ist am Montag wieder da. Kommen Sie mal Montag um 8 Uhr. So bin ich ins Wochende gegangen und habe am Montag um halb acht schon auf dem Flur gesessen, denn Wartezimnmer gibts da nicht. Der gleiche Assistenzarzt schlurfte über den Flur, entdeckte mich, wurde geschäftig, nahm mich mit in das Untersuchungszimmer, sagte mir während er mit seinen Gummihandschuh zur Blutabnahme meinen linken Oberarm abband, das ich jetzt hierbleiben müsse, denn ich werde sofort operiert. Ja, wie.... sofort operiert?, fragte ich entgeistert. Ja, wir haben entschlossen, sie sofort zu operieren. Wer denn?, fragte ich. Hat der Professor Hassler sich das denn auch angeschaut und können wir den mal sprechen? Es ging, der Prof hatte gefühlte drei Minuten Zeit, Ich fragte, ob das denn bösartig sei, was ich da habe, denn wir bekommen noch einen Nachzügler und müßen wir das Kind abtreiben? Ich weiß noch sehhr genau was Professor Hassler sagte: Weiß ich nicht was das ist, steht ja nicht drangeschrieben was das ist. Könnte soundso sein. Schaute auf den DIN A 3 Papierausdruck des MRT, zuckte mit den Schultern und meinte in fast vierzig schon viel gesehen zu haben. Wir, meine Lebensgefährtin und ich waren völlig perplex und geschockt, aber bevor ich so richtig Schiß bekam, ging die Untersuchungsarie los. Ich kam sofort in ein Bett und wartete im Bett auf dem Flur, meine Frau stand daneben und wir tauschten betretene Blicke aus. Dann bekam irgendein Narkotikum für ein Schluckschallecho. Mittags um 12 Uhr wurde ich beduselt in einem Krankenzimmer wach, eine kleine Albanerfamilie war anwesend und neben mir ein ganz alter Opa mit intensiven Schmerzen, weiter hionten einer, dar auf seine `Arztbrief`zur Entlassung wartete. Ich versuchte sofort mein Bewußtsein wieder herzustellen und versuchte ztu laufen. Eine chinese Krankenschwester, die mit Sicherheit dem maoistischem China entstammte, sagte: Du bleib liege, Arzt komm. Dann kam meine Frau, die hatte jetzt den Oberarzt gesprochen und sagte, der OP Termin wäre am 2. Mai um 8 Uhr und weil morgen (1.Mai) keiner da ist müßen jetzt noch dringenst Untersuchungen gemacht werden. Die Krankenschwester erklärte wiedersprüchlich wohin ich gehen sollte. Wir warteten daraufhin solage vor einem falschen Untersuchungsraum, bis auch uns`Geschockten` klar wurde, das hier heute keiner mehr iurgendjemanden untersucht. Dann lief uns der Oberarzt entgegen; ja wo sind sie denn, gleich ist Feieraben, ich brauche noch ein EEG. Das gabs dann auch noch bei einer fortwährend maulenden schlecht gelaunten polnischstämmigen MTA Frau. Ich entschuldigte mich, das ich irgendwo falsch gewartet habe. Sie rief dann noch mal den Arzt an und erklärte, das sie eigentlich gleich Feierabend hat und erster Mai und weiß ich nicht was. Danach wieder aufs Zimmer, mittlerweile war die Albanerfamilie siebenköpfig und das Krankenzimmer war voller Lärm. Der Narkosearzt kam mit einem Fragebogen. Ich fragte, ob es hier irgendwo einen Raum gäbe, wo man sich ungestört unterhalten könne. Meine Frau war nach Hause gefahren und holte ein paar Sachen, die man im Krankenhaus so braucht. Der Arzt sagte nein und keifte über meine Schulter die Lärmenden an: hier geht auch noch was anderes ab, jetzt ist mal Ruhe. Ich bemerkte meinen Zugang im Arm, war wohl die Chinesin. Alles war chaotisch und ideotisch. Der Narkosearzt war Deutscher und erklärte mir unumwunden, was die Risiken der OP sind: Atemlähmung, Querschnittslähmung vom Hals an usw. Nun wollte ich wissen wer mich operiert, "Weiß ich nicht, wir operieren mehrere in einem OP Saal, ein OP Team sozusagen. Ich mach auf jeden Fall nicht die Narkose, ich gebe nur den Fragebogen an den Kollegen weiter". Aha, abends war ich mit meiner Frau dann noich beim Italiener und auf dem Klo entfernte ich den Zugang, als ich gegen zehn ins Krankenhaus zurückkam, saße auf den Waschbetonblöcken vor dem Portal lauter Penner in Bademänteln und soffen Bier aus Flaschen. Das weiß ich noch genau, weil ich hatte zuvor noch nie so richtige Stadtpenner in gestreiften Bademänteln und Schlafanzügen gesehen. Die Leute aren richtig zu. Als ich dann in meinem Bett lag, schaute ich noch mal aus dem Fenster in den Innenhof hinunter. Die Chinesin kam, es gab einen neuen Zugan und paßte mir eine Halskrause an. Die Zimmertür war die ganze Nacht auf, Hip Hop auf dem Flur.... gegen ein Uhr schlief ich ein und sinnierte noch was schlimmer sei: Knast oder Krankenhaus. Auch das weiß ich noch ganz genau. Am nächsten Morgen war der erste Mai, ein schöner frühsommerlicher Tag. Eine Muslima mit Kopftuch machte mein Bett. Ich bin mit meiner MRT CD ind Händen eingeschlafen, weil die sich bis jetzt überhaupt noch keiner angeschaut hatte unmd ich dachtze, wenn mich jetzt einer abholt, dann kann er die CD nicht übersehen. Der Radiologe sagte, das ich die CD unbedingt dem Chirugen geben müsse, aber bisher wollte die noch keiner, aber jetzt kam ein arabischerstämmiger junger Assistenzarzt zu mir, ein angehender Hirnchiruge. Dieser erklärte mir tatsächlich folgendes: Alles gar nicht schlimm, wenn der Tumor böse ist oder klebt, dann nehmen wir vielleicht nicht alles raus, dann bestrahlen wir und wir machen die OP im sitzen. Währenddessen krikkelte er mit einem Kuli auf der Bild Zeitung vom Opa den OP Zugang auf. Jetzt wollte ich einfach nur noch wissen wer mich denn operiert; er ist dabei, wer das jetzt macht, mal schauen. Ich sage mal dem anderen Oberarzt Bescheid der soll mal kommen, der weiß das. Ich wartete auf diesen Oberarzt, ein jovialer älterer Inder kam um halb elf. Der klärte mich nochmals über die Risiken auf, ich bat ihn gemeinsam mit mir und meiner Frau zu sprechen, die müsste jeden Augenblick hier sein, dies sei sehr wichtig für uns, weil wir jetzt auch noch Nachwuchs erwarten usw. Der Joviale erklärte, die OP müsse ein, wenn ich jetzt so alt wäre wie der da und meinte den interessierten Opa neben mir, dann würde er nicht operieren, aber so würde er mir vieleicht noch fünf Jahre geben, kann aber auch schon morgen sein. Ich fragte nochmals, ob wir uns gleich noch mal sprechen könnten, wenn meine Frau hier ist, da schaute er auf die Uhr und meinte: Nein, gleich habe ich Feierabend. Ich fragte, ob denn noch jemand kommt um sich die CD voim MRT anzuschauen. Nein, aber halten sie die mal fest. Der joviale indische Oberazt ging. Der Opa meinte: Wenne dran bis, bisse dran, da kriegse sowieso nix von mit. Ja klar, aber du bist auch 86 und nicht 43. Ich ging nach draußen, setzte mich auf eine Bank und dann mußte ich heulen wie seit meiner Kindheit nicht mehr. So fanden mich meine Frau und meine Tochter. Mir war nichts mehr peinlich. Nachdem ich mich einigermaßen beruhigt hatte, ging ich wieder auf die Station, packte meine paar Sachen ein, schenkte dem Opa meine Lakritzbonbons, entfernte den Zugang im Arm, verabschiedete mich von der Schwester und fuhr nach Hause. Abends setzte ich mich vors Internet,m meine Frau an anderer Stelle ebenso und wir recherchierten nach speziellen auf diesen Gebiet erfahrenen Kliniken. Gegen 23 Uhr rief ich die Tumorhotline der neurochrugischen Klinik im Klinikum Ingolstadt an. Ein Assistenzarzt beruhigte mich, sagte eine zweite Meinung ist immer gut und er würde im Sekretariat alles über das Gespräch hinterlassen, ich solle morgens ab neun Uhr anrufen. Das Telefonat dauerte über eine Stunde und ich ging mit der Hoffnung schlafen, das `Richtige` getan zu haben. Am nächsten Morgen rief ich um neun Uhr an und eine freundliche Frau Knopf sagte: Grüß Gott, ja wir sind informiert, dann fahren Sie mal los, die Frau Dr. Pietilä wartet auf Sie. Ich sagte, aber ich bin erst heute gegen nachmittag da, das sind mindestens 600 km. Ja, ja kein Problem, wir haben uns schon angeschaut, wo Sie herkommen. Der Rest ist eine andere Geschichte, eine mit gutem Ausgang, eine schöne. Ich habe einen Einweisungstermin für den 29.Mai 07 bekommen, habe drei Tage zuvor noch meine Lebensgefährtin geheiratet und unsere kleine Tochter ist am 1. November gesund und ohne Hippel- Lindau zur Welt gekommen. Was bleibt ist das Trauma mit dem jeder von uns leben muß, aber wie gesagt Sabine, ich jammere auf hohem Niveau. Ich möchte nur das weitergeben, was ich an Erfahrungen sammeln konnte. In Duisburg und das ist meine ist meine absolute Überzeugung, wäre ich einfach nur verstorben. Ich bin heute einfach nur dankbar, das dort alles so schrecklich, dreckig,stümperhaft, unmenschlich, unwürdig, assozial und caotisch war und das ich gar nicht anders konnte, als dort zu fliehen. Und glaube mir Sabine, ich habe in meinem ganzen Leben hart arbeiten müßen, seit meinem fünfzehnten Lebensjahr auf sämtlichen Baustellen in Deutschland, ich habe immer gedacht, ich bin ein ganz hartgesottener, aber da war ich in 48 Stunden so klein, da hätte ich mit einem Düsenjäger unter dem Teppich herfliegen können. Und das geht einfach nicht, das ist gegen die Würde, aber Realität in einem Bundesland in dem jahrzehntelang alles gleich sein sollte, weil man Gleichheit mit Gerechtigkeit verwechselt hat. Entsprechend ist das Niveau jetzt unten angesiedelt und das trifft fast alle öffentlichen Bereiche.
Sag bitte wann Du operiert wirst, ich werde positiv an Deine Sache denken, ich hatte immer ein Talismann dabei, ein kitschiges vierblättriges Kleeblatt in Kunstharz gegossen Ich schicke es Dir gerne als Leihgabe. Mir hat`s geholfen.
Gruß Artur