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Autor Thema: Mit 13 Jahren ein Astrozytom °I  (Gelesen 8324 mal)

Carolinchen

  • Gast
Mit 13 Jahren ein Astrozytom °I
« am: 28. Oktober 2008, 14:07:38 »
Tja also wo soll ich anfangen?Ich hab so viel zu erzählen, dass ich hoff, dass sich das noch jemand durchliest ;)Außerdem habe ich bei vielen Beiträgen hier gemerkt, wie gut es mir eigentlich noch gehen sollte, trotzdem bin ich irgendwie nicht normal und keiner kann einen verstehen oder helfen..:(

Heute bin ich 18 Jahre alt und es ist genau 5 Jahre her, dass ein Astrozytom bei mir diagnostiziert wurde. Es begann also Oktober 2003, als ich bemerkte, dass ich auf dem linken Auge nichts mehr sehe. Da sind meine Eltern und ich zum Augenarzt gefahren, der auch keine Antwort hatte. Damals glaubte ich noch an simple Tropfen für meine Augen, bis ich zum MRT musste. Ich habe mir gleich eingeredet, dass es nicht schlimm dort drin ist, damit ich später keine Angst habe, falls ich da nochmal reinmuss. Nun kam das ergebnis des tennisball-großen Tumors. Dieser war so groß, dass das Gehirnwasser verdrängt wurde und meinen linken Sehnerv bereits komplett zerquetscht hatte und rechts auch schon betroffen war. Nun wurde direkt zwei tage später operiert- 8 stunden oder so was...alles kam auf einmal so schnell...meine großeltern sind damals gleich in den urlaub zu verwandten gefahren, weil es IHNEN so schlecht ging-wie es meinen eltern ging war egal...der krankenhausaufenthalt verging eigentlich schnell bis ich noch einen Kreislaufkollaps hatte..danach folgt ein furchtbarer Reha-aufenthalt, wo ich mich um eine 15jährige suizid patientin kümmern konnte, da sie gerne aus meinem fenster springen wollte..dort wurde ich von älteren rollstuhlfahrern runtergemacht...somit wollte ich schnell nach hause und schon nach insgesamt 2 monaten konnte ich wieder fast normal zur schule gehen...und da merkt man nun was kinder einem antun können...ich wurde von jüngeren schülern gemobbt aber auch denen aus meiner klasse und niemand(auch kein lehrer) hat sich jemals vor mich gestellt...selbst einige lehrer wollten einige tatsachen nicht akzeptieren-ich forderte aufgrund meiner sehschwäche mich in die erste reihe zu setzen, darauf wartete ich bis 2 wochen vor schuljahresende(fast 4 monate), da in der ersten reihe die schlechteren schüler nur sitzen...nebenbei wurde ich gehänselt wil mein linkes auge manchmal stark wegrutscht...dadrunter litt natürlich auch mein selbstbewusstsein...ab da an glaub ich begann ich überhaupt zu verstehen, was ich für ein glück oder eben pech hatte, aber ich glaube mittlerweile, dass ich es alleine nicht verstehen kann...kein einziger psychologe hat damals mit mir oder meinen eltern gesprochen- wieso wird man so allein gelassen???nun lasse ich morgen meine auge operieren und hoff, dass es dann schön aussieht:)tja nur ist es leider so, dass ich nun mein abitur mache und während der letten 5 jahre mit mehrmals wieder gesagt wurde, dass ich einen tumor habe, da bei der OP eine art narbengewebe zurückgeblieben ist...das erschüttert einen immer wieder, während viele mit einem tumor auch nach 5 jahren als geheilt gelten, konnte ich mir nun anhören, dass ich eigentlich für immer zum MRT gehen müsste, wenn ich nicht mich nochmal operieren lasse...nun planen viele in meinem alter ihre zukunft und ich plane nach meinem abitur den  nun definitiv wieder wachsenden tumor entfernen zu lassen...ich weiß nicht aber manchmal sitze ich einfach da und weine stunden lang, weil ich irgendwie versuche mir meine zukunft vorzustellen, aber alles was ich sehe ist angst...haare abschneiden, was nicht schlimm ist, aber ich kenne keinen, der versteht, was das bedeutet daran immer zu denken...ich liebe meinen freund und das schon seit drei jahren, aber er versteht das alles irgendwie nicht und sagt ich soll nicht alles auf den tumor schieben..und ich verzweifle damit, weil er auch noch keine negativen erfahrungen im leben gemacht hat und einfach so naiv ist...er blockt das thema irgendwie ab....

Nun also ich glaube das war erstmal meine kleine Geschichte...


Liebe Grüße
Caro
« Letzte Änderung: 28. Oktober 2008, 15:26:27 von Ulrich »

schlumpfnudel

  • Gast
Re: Mit 13 Jahren ein Astrozytom °I
« Antwort #1 am: 06. November 2008, 16:14:05 »
Liebes Carolinchen

Du bist so tapfer. Ich finde es schlimm was Du durchmachen musstest.

Ich sitze auf der anderen Seite der Insel, und habe einen Partner mit einem Astro II (Tendenz zu III), welcher schon ganz schlimme Nebenwirkungen zeigt (Ohnmachtsanfälle, Schwindel, Sprachprobleme, Gedächtnislücken, Agressionsschübe, schlimmes Kopfweh, Sehschwierigkeiten, Epileptische Anfälle) und es ist die Hölle zusehen zu müssen, wie das liebste was man hat langsam auseinanderfällt. Er hat die Diagnose seit 6 Jahren (laut Statistik und seiner Ärzte hätte er ohne OP nur 5 Jahre überlebt) und kann sich aus lauter Panik und Angst nicht dazu überwinden sich operieren zu lassen...

Lieber sterben als keine Haare mehr auf dem Kopf haben, Chemo machen müssen, Narbe am Kopf, lieber durchhalten und in Würde sterben, als jemals zulassen, dass jemand sehen könnte wie krank man wirklich ist...

Ich verstehe Dich also sehr sehr gut, wenn Du von Deinen Haaren sprichst... Und ich bewundere Dich. Deinen Freund jedoch könnte ich verkloppen. Er sollte dankbar sein, dass Du noch am Leben bist und den Wert Deines Lebens erkannt hast und darum kämpfst. Natürlich richtet man sein Leben nach so einem schlimmen Schicksalsschlag nach dem Tumor aus und fängt an umzudenken. Versuch jedoch das Leben so gut es geht zu geniessen, aber ich denke das tust Du auch.

Lass Dich nicht unterkriegen, Du bist absolut auf dem richtigen Weg. Ich wünsche Dir alles alles Liebe und ein gutes Gelingen (wie das klingt *seufz*) bei der OP.


Carolinchen

  • Gast
Re: Mit 13 Jahren ein Astrozytom °I
« Antwort #2 am: 07. November 2008, 10:37:00 »
Danke Schlumpfnudel für die lieben worte.

das tut mir leid mit deinem partner, aber ich glaube er sollte sich operieren lassen...ich verstehe sehr gut dass man vor operationen angst hat(zur chemo kann ich nichts sagen) aber die haare zu verlieren scheint für mich irgendwie das kleinste problem, ich selbst habe gestaunt wie schnell die nachwachsen...ich freue mih auf eine schicke kurzhaarfrisur nächstes jahr:)und jedem steht es zu in so einer situation mal nich gut auszusehen oder so...das ist egal...ich habe immer gesagt, dass wenn ich nochmal einen tumor hätte,würde ich mich nich operieren lassen, aber man muss es einfach tun...man kämpft fürs leben und ich glaube man wird dadurch ein besserer mensch, wenn man es schafft...

Ich habe nun meine operation am auge letzte woche gut vertragen..allerdings hat es nicht so gut geklappt,wie erhofft...man sieht immer noch, dass mit dem auge was nich in ordnung is..da habe ich nochmal drüber nachgedacht...natürlich ärger ich mich dass es so auffällig is und dann habe ich an die leute gedacht, die mich damals gehänselt haben...habe mit einem von ihnen geredet und er meinte, dass er damals noch so jung war, ich habe gesagt dass das was mit der intelligenz zu tun hat, wenn man jemanden auslacht der fast gestorben wäre...da is mir bewusst geworden, wenn es diese leute nich gegeben hätte sondern sie mich unterstützt hätten, hätte ich nich solche komplexe wegen meines auges...ich bin so wie ich bin und mittlerweile sind viele älter geworden und das auch im kopf...


ich finde immer wieder erstaunlich, wie viele an tumoren oder krebs erkranken,,,die menschen sind erst nich die tollsten auf dem planeten denn gegen viele krankheiten sind wir machtlos, aber es gehört zum leben...wenn man es aber geschafft hat zu kämpfen, wird man vielleicht nich jeden tag anders leben aber in vielen momenten besinnt man sich auf sein glück zu leben...es is meiner meinung nach echt so egal, wieviel  geld man hat oder materielle dinge...gesundheut und stärke und liebe sind das geschenk des lebens...

nun genug mit dem ganzen nachdenklichen zeugs, man darf nich immer daran denken...es gibt auch noch andere pflichten ;)

sunny1962

  • Gast
Re: Mit 13 Jahren ein Astrozytom °I
« Antwort #3 am: 25. November 2008, 09:59:49 »
liebes carolinchen
ich las deine geschichte , und dachte an meine erste tumor op in schweinfurt...
war kein zuckerschlecken , muß ich dir ja nicht auch noch erzählen , mir gings genauso wie dem partner von schlupfnudel....
anfälle , schwindel usw das komplette programm...
ja es stimmt das wir , die so einen tumor im kopf haben immer mit der belastung leben müssen , das sich das erweitert oder wiederholt ...also lebe jetzt und hier mache dir nicht soviel kopfzerbrechen wegen der zukunft , sein spontan und lebe heute , genieße die natur ...
wenn du möchtest , kannst du mir ja auch mal schreiben...
es grüßt dich von ganzem herzen
sunny1962

Offline Bluebird

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Re: Mit 13 Jahren ein Astrozytom °I
« Antwort #4 am: 25. November 2008, 19:30:23 »
Liebes Carolinchen,

du bist eine sehr weise junge Frau. Das liegt natürlich daran, dass Du schon sehr früh schlimme Erfahrungen mit Krankheit machen musstest. Und in einer solchen Phase möchte man einfach von der Welt umarmt werden - ststt dessen stößt man auf Unverständnis und Ablehnung. Ja, es gibt leider diese Menschen, die sich sogar noch über Krankheit und Behinderung lustig machen. Glaube mir, es ist leider nicht nur eine Frage des Alters - ich habe es mit Bürokolleginnen erlebt, die bereits Ende 40 oder Mitte 50 waren!
Ich bin von Geburt an in meiner Bewegung eingeschränkt und habe eine leichte Gehbehinderung, daher weiß ich, wovon Du sprichst.
Seit 2005 weiß ich, dass ich einen gutartigen Tumor in der Falx habe, ein sogenanntes Meningeom.
Letztens meinte doch tatsächlich eine ältere Nachbarin zu mir "ach, sie kriegen ja da eine graue Strähne ...." Sollte das meine Sorge sein - nein, wir können doch froh sein, wenn wir alt und grau werden! Wir werden es ihnen beweisen!
Ich wünsche Dir, dass Du Leute kennenlernst, die zu Dir passen und Dir guttun. Und natürlich schaffst Du das Abi.

Viel Glück
Birgit/Bluebird ;) :D
The best time to plant a tree was 20 years ago.
The second best time is NOW.
(Chinesisches Sprichwort)

Offline sm332

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Re: Mit 13 Jahren ein Astrozytom °I
« Antwort #5 am: 05. Januar 2009, 13:28:49 »
Ja, es ist schlimm, wenn man nicht mehr der "Norm" entspricht. Leider Gottes ist das zum Teil genau meine Geschichte. Ich war 11, hatte ein belignes Astrozytom im 4. Ventrikel, welches da mit dem Kleinhirn verwachsen musste. Auch ich habe eine enorme Sehbehinderung + Gleichgewichtsschwierigkeiten + Faciales Parese. Das sind nur die groben Auswirkungen, die zu nennen sind.
Ich bin inzwischen 21 und wurde im Laufe der Zeit 8x opperiert. Ich bin auch weiter zur Schule gegangen, habe dabei die gleiche Schmach erleiden müssen. Auch heute ist es schwer das Leben zu meistern mit den schlechten Gegebenheiten, denn ich bin auch psychisch total im Eimer,deshalb habe ich auch spekuliert mich um zu bringen, doch das schien mir nicht die bessere Option zu sein. Mag auch ein Grund sein, weshalb ich keine Freunde habe.
Es ist nicht leicht, Auch nach der  Reha nicht und dem ganzen anderen Zeug, das ich über mich habe ergehen lassen müssen. Trotzdem habe ich meine FHR-Abschluss an einem Gymnasium gemacht und mache gerade eine Ausbildung zum Systemintegrator in einer Tochtergesellschaft der Deutschen Diakoniegesellschaft in Lübeck.
Vielleicht vermag einer mein Schicksal nachzuvollziehen.
Man kann also sagen, dass ich mit dem Rücken an einem Abgrund stehe, denn jederzeit kann sich was neues bilden, Astrozytom oder auch Zyste? Man kann es nicht sagen.

 



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