Aus dem TIEF kommen
Ich habe die roten Eibenbeeren gesehen.
Sie waren vorher auch da.
Aber ich war wie blind.
Ich WAR BLIND für die roten Eibenbeeren.
Ich habe im Garten Ordnung geschaffen, geharkt, die vertrockneten Blüten abgeschnitten, die Nüsse aufgehoben, das Walnusslaub weggeharkt und in den Laubsack getan.
Ich hab in der Wohnung Pflanzen hierhin und dorthin gestellt.
Doch ich nahm es nicht wahr, was ich an Schönem schuf.
Mein Sohn sagte es mir anerkennend.
Ich war TAUB für diese Worte.
Ich hatte vergessen, dass ich STOLZ auf mich sein darf. Ich sah nur das Leid, den Kummer, den unüberwindlichen Berg vor mir, neben mir, ÜBER MIR - mich erdrücken ---
Ich wache auf.
Ich bin noch nicht wach. Ein Auge blinzelt, schließt sich wieder - es ist zu schnell so hell.
Ein Ohr lauscht bereits, doch versteht die Welt noch nicht wieder.
Noch schmecke ich das Leben nicht.
Doch ich rieche es, rieche die Kräuter in meinem Garten, hole sie mir, reibe an ihnen, locke ihren Duft hervor - immer wieder.
Ich kann nicht genug bekommen davon.
Inhaliere den Duft, trinke den Kräuter durchzogenen Tee, fülle die Duftlampe mit frischen Kräutern. Aaah - es ist schön.
Ich spüre das Leben - erschrecke - ziehe mich vor den Berührungen zurück - will sie - will sie gierig - habe Angst - verstecke mich - und genieße MICH.
Das Telefon klingelt und mein Mädchen bringt mich zum Lachen.
Ich will es wieder haben, das Leben!