20./21. September 2014 - diesmal direkt von mir, KaSy:
Hallo, Ihr,
die Ihr mir – wegen PC-Verbots – so fehlt.
Ich danke Euch sehr, dass mich immer wieder Post von Euch erreicht!!!
Und ich danke besonders Krimi, über die ich von Euch etwas höre und die mir immer mal wieder extrem lange zuhört und mir tonnenweise Mut zuspricht.
Ich befinde mich nun seit 8 Wochen in dieser psychiatrischen Klinik und es ist total anders als das, was ich ja viermal nach den HT-OP in den AHB/Reha-Aufenthalten erlebt habe. Das Gute ist, dass alle Therapeuten nach jeder Therapie (Ergo, Musik, Entspannung, ...,...,...) Berichte für die Akte schreiben. Auch das Personal (10 Leute insgesamt) schaut prinzipiell ständig und beschreibt die Situationen und Entwicklungen der Patienten. Wie alle 18 Patienten werde ich also nicht nur an meinen Worten (täglich abends "Befindlichkeitsrunde") gemessen, sondern an allen Tätigkeiten, die in stets der gleichen Gruppe stattfinden (halbe oder ganze Gruppe oder kleinere Grüppchen von den fast "familiär" miteinander lebenden maximal 18 Patienten).
Die ständige Anwesenheit so vieler Menschen ist für mich jedoch ein enorm hoher Druck, der nur sehr, sehr langsam etwas weniger wird. Die psychiatrische Arbeit des Personals und der wenigen Ärzte, die sich alle natürlich gar nicht mit HT auskennen, ist für mich kaum durchschaubar und so rammle ich immer wieder mit meinem Kampfgeist (... Widerstandsgeist ...?...) gegen alles Mögliche. Es wird besser, aber hört nicht auf.
Gut ist wiederum, dass ich seit etwa vier Wochen vom Therapiekonzept überzeugt bin, es sehr gut finde und unbedingt die Chance nutzen möchte, die sich mir hier bietet.
Ich hatte zu Beginn überhaupt keine Ahnung, was mich erwartet und entsprechend groß war meine Abwehrhaltung. Mir war etwa in der 3. Woche von den Chefin des Pflegepersonals (eine ältere "taffe" Frau!) gesagt worden, dass es bei mir wohl länger dauern würde als bei anderen. Das ist auch so. Es gibt nur noch einen, der genau so lange dort ist wie ich. Andere gingen gleich am ersten Tag weg, manche nach einer Woche ("Das bringt mir hier nichts."), mehrere bleiben 3-4 Wochen, wenige aber auch viel länger.
Den folgenden Text habe ich an meine Neurologin geschrieben ... und setze ihn hier einfach rein ... ich wollte nämlich eigentlich nicht wieder die Nachtschicht übernehmen. Es gelang mir in der Klinik verblüffenderweise vom ersten Tag an, dass ich so gegen 21/22 Uhr im Bett war! Und ich laufe täglich an den massenhaften Süßigkeiten VORBEI, die die Patienten von der Patientenkasse (1 €/Woche - ohne mich) kaufen. Ich habe in den ersten 7 Wochen 10 kg abgenommen, durch die abgesetzen AD, aber vielleicht spielt auch noch mehr eine Rolle, z.B. meine viel höhere Aktivität (statt ewig sitzen und RAUCHEN !!! und meine konsequent gesunde 3-Mahlzeiten-Ernährung - Danke Mrs. Sporty und MIR! und ...
)
"Zur Zeit bin ich am Wochenende (als SIT = Sozialer Integretions-Test/Training/ Therapie oder so) zu Hause, deshalb kann ich hier schreiben.
Mittlerweile komme ich mit den Therapien und Therapeuten nach und nach immer besser klar. Aber bei jeder neuen Sorte Therapie reagiere ich zunächst extrem widerwillig/wütend (WIESO DENN NUR???) und brauche lange Zeit, um mich hineinzufinden.
Auch das Pflegepersonal (10 Leute für 18 Patienten) versteht mich mittlerweile meist, nachdem ich immer wieder Gespräche mit den einzelnen Personen gesucht und so Vertrauen gewonnen und vielleicht auch ein wenig erzeugt habe.
Mit den Patienten ist es unterschiedlich.
Zur Stationsärztin finde ich leider keinen guten Zugang.
Dafür ist der Oberarzt Dr. G. wirklich sehr gut. Er war allerdings erst ab dem 12. August (meiner dritten Woche hier) aus dem Urlaub zurück, ich hatte einige gute Gespräche mit ihm, bis er nun wieder seit dem 15. September (meiner 8. Woche) für zwei Wochen im Urlaub ist.
Die Oberarztvertretung hat mich in der Visite am 18.9.14 psychisch völlig fertig gemacht, was allerdings den meisten anderen Patienten auch ähnlich ging.
Ich erlebe mich ja hier (seit dem 23. August) ohne Antidepressiva, was organisch gesehen Vorteile hat, mich jedoch immer wieder in "Tiefs" schickt. Ich lerne, damit klarzukommen und mit verschiedenen Methoden besser /rascher da wieder rauszukommen. Leider gerate ich mitunter bei (gefühlten?) Missverständnissen / Enttäuschungen / Unterstellungen / ... schnell in Wut (WOHER KOMMT DIE???) und muss mich dann später entschuldigen.
Ich gerate auch immer wieder ins Weinen, Zweifeln und muss mir den von mir ja als wirklich gut erkannten Sinn dieses Aufenthaltes und die Zweckmäßigkeit des Gesamtkonzepts mit Macht ins Bewusstsein zurückrufen. Dann finde ich auch meine schönen inneren Bilder, Lieder, ... wieder, die mir viel helfen, z.B. wenn in Gruppengesprächen schwer zu ertragende Worte fallen.
Diese Bilder und die Musik, die mir Freude bringen, habe ich in mir, finde sie aber auch auf diesem wunderschönen Gelände und in der (seit der vierten Woche erlaubten) weiteren Umgebung. Seit etwa 10 Tagen genieße ich ab und zu doch den T. See. Abends, wenn es gegen 20 Uhr bereits dunkel wird, sitze oder liege ich auf dem Steg und lasse all den widersprüchlichen Gefühlen freien Lauf. Um 21 Uhr muss ich zurück im Haus A sein. Aber das ist gut, denn diese Tagesstruktur ist wichtig für so jemanden wie mich, der gern nachts am Computer sitzt, weil die Tage zu schön sind, um drin zu sein.
Ich verstehe nicht, wieso mir das hier so schwer fällt. Ich gebe mir so viel Mühe und meine auch schon viele gute/positive Veränderungen bei mir bemerkt zu haben. Das wird mir von den direkt beteiligten Personen auch bestätigt. Und doch fühle ich mich immer mal wieder so unverstanden bei Wünschen, die mir so logisch normal erscheinen. Es liegt wohl auch daran, dass ich über mich und meine Interessen nicht wirklich reden kann. Ich spüre auch immer noch diesen ständigen Druck durch die 18-Patienten-Gruppe, die sich in ihrer Zusammensetzung alle paar Tage ändert. Und dann bin ich jedes mal regelrecht neidisch, wenn die Neuen jede Therapie sofort einfach so mitmachen und durchhalten können. Ich laufe immer noch manchmal (jetzt nur noch kurz) raus oder muss Übungen abwandeln, weil ich sie nicht durchgehend bewältige, besonders bei solchen ruhigen Sachen wie Entspannung u.ä.. (WAS IST DAS DENN BLOß??)
Ich hatte wegen eines Problems mit einem Ohr die Möglichkeit, am Freitag zum HNO-Arzt in ein zuständiges KH zu fahren. Ich habe mich in diesen Stunden so wunderbar normal, so frei und so gleichberechtigt mit den anderen Menschen (Fahrern, Schwestern, HNO-Ärztin) gefühlt.
Ich möchte unbedingt, dass man mich hier um den MRT-NC-Strahlen-Termin (1.10.2014) herum beobachtet.
Ich bin auch sicher, dass mir geholfen werden soll. Wohin das führen soll, weiß ich irgendwie nicht.
Was ist diese BESSERE LEBENSQUALITÄT? DAS LEBEN GENIESSEN?
HABE ICH DIE EINSCHRÄNKUNGEN DURCH DIE KRANKHEITEN NICHT WIRKLICH AUCH INNERLICH AKZEPTIERT? ABER ICH HABE DOCH NIE AUFGEGEBEN, ES GING IMMER WEITER UND SOGAR BESSER ZUM TEIL.
ICH HABE DOCH KOMPETENZEN UND INTELLIGENZ - WIESO STEHEN DIE MIR NUR SO VERDAMMT SCHWERFÄLLIG ZUR VERFÜGUNG?
ICH HABE MIR DOCH HILFE GESUCHT. AUCH WENN ICH IMMER WIEDER WEISS (ODER GLAUBE?), DASS ICH ALLES SCHAFFEN KANN.
UND, SOBALD ES MÖGLICH WAR, HABE ICH MIR NEUE AUFGABEN GESUCHT.
JA - MICH HAB ICH WOHL VERGESSEN. UND NUN FINDE ICH MICH WOHL ERST GANZ GANZ LANGSAM WIEDER, ODER ANDERS WIEDER.
Ich möchte nicht aufgeben. Ich spüre, dass sich hier viele Menschen viel Mühe, insbesondere auch mit mir geben. Aber es wäre schön, wenn es nicht so schwer wäre. Irgendwann werde ich hoffentlich wissen, dass es gut war.
Mit herzlichen Grüßen"
Eure KaSy