Hallo an alle,
heute geht es mir schon entschieden besser. Ich hab manchmal das Gefühl es geht irgendwie immer noch schlimmer. Meiner Ärztin werde ich in jedem Fall noch mal sagen, dass mich das sehr verletzt hat.
Aber mal ein bischen zu mir. Wie fast alle Angehörigen hier im Forum bin auch ich am Anfang dieser Diagnose total Kopflos durch die Gegend gerannt. Hatte mir schon von Anfang an eine Therapeutin gesucht auf anraten der Onkologen meines Mannes. Ich bin am Anfang leider an eine Therapeutin geraten, die fast ausschließlich Tumor Patienten hat, heisst sie hat mich nicht verstanden. Es ging in den 6 Gesprächen die ich bei ihr hatte, nur darum wie ich mich möglichst so verhalte, damit es meinem Mann gut geht. Ihn nicht auf die Erkrankung ansprechen, mich möglichst ruhig zu Hause verhalten und vor allem alles ertragen.
Mein Mann hatte sich so sehr durch diesen Tumor verändert, dass ich fast Wahnsinnig wurde. Er hat mir total meine Selbstständigkeit genommen. Ich durfte zu Hause nichts mehr machen, es hat ihn alles gestört. Beim Putzen war ich zu laut und hab zu viel Putzmittel verbraucht. Beim Kochen und backen stand er nur hinter mir und hat aufgepasst, dass ich ja nicht zu viel Energie verschwende. Beim spazieren gehen, hat er ständig die Straßenseite gewechselt, weil ich zu laute Schuhe anhatte, das nur ein paar der harmlosesten Alltäglichkeiten. Am schlimmsten war er beim Auto fahren. Er ist früher sehr fäufig Auto gefahren und ich hab es auch genossen daneben zu sitzen. Das er nicht mehr Auto fahren durfte hat ihn mit am härtesten getroffen. Wenn ich das hier gerade so schreibe, müsst ihr denken was war der bloß für ein Mann vor dieser Erkrankung. Genau das Gegenteil. Wir haben eine sehr harmonische Ehe geführt und haben viel gemeinsam viel unternommen und unseren Haushalt geimeinsam gemeistert. Wir sind sehr gerne gereist und auch das hat ihn hart getroffen, dass er sich so nach und nach von immer mehr Träumen verabschieden musste. Es hat mir so sehr weh getan zu sehen wie er darunter gelitten hat. Klar kann man auch toll in Deutschland Urlaub machen und sich erholen, aber meinen Schatz hat es schon immer in die Welt hinaus getragen.
Ich hab also alles mit mir selbst ausgemacht. Hab versucht es ihm recht zu machen. Das Resultat, war dann mein Schlaganfall am 1.2.2010. Das hat er gar nicht realisiert, hat immer zu mir gesagt, erzähle bloß keinem Menschen, dass Du einen Schlaganfall hattest, sonst glaubt es Dir womöglich noch einer. Dieses Monster hat ihn so hart gemacht und so unumgänglich, dass ich ihn manchmal gar nicht wieder erkannt habe. Im März 10 waren wir dann gemeinsam zur Reha in Bad Wildungen und da hatten wir das erste mal in diesem Albtraum 4 schöne Wochen zusammen. Ich hab dort ganz viel gelernt, was ich zu Hause natürlich langsam versucht habe umzusetzen. Als erstes habe ich mir eine andere Therapeutin gesucht. Sie bestärkt mich immer wieder darin auch an mich zu denken. Seit diesem Jahr im März haben wir alle 14 Tage jemanden für den Haushalt.
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Ich habe gelernt, dass mein lieber Mann gar nichts dafür kann, dass alles hat dieser furchtbare Tumor getan. Jetzt stelle ich mich jeden Tag neu dieser neuen Lebenssituation und unser häusliche Situation entspannt sich immer mehr.
Da er ja zum Glück keine großen neurologischen Ausfälle hat, kann ich ihn auch mal alleine lassen. So hab ich mir einen Chor gesucht und singe dort seit gut einem Jahr mit und das tut mir sehr sehr gut. Seit meinem Schlaganfall letztes Jahr gehe ich auch regelmäßig zu Krankengymnastik, so halte ich den Schmerzpegel besser aus. Naja und wenn ich ab und an mal nen freien Kopf brauche gehe ich ne Stunde spazieren oder Nordic Walking.
Ihr fragt Euch sicher wo die Freunde sind, ich hab am Anfang mal gesagt, Krebs ist nicht ansteckend, ihr könnt uns ruhig besuchen kommen. Es ist aber so, wenn ein Paar unter vielen Kinderlosen Pärchen anfängt Kinder zu bekommen, gehen die Interessen auseinander. So ist es auch bei den Freunden, ab und an mal ein Anruf, kurz mal fragen wie es geht, aber ansonsten, kommen wir irgend wann mal vorbei. Ich hab natürlich Freundinnen, mit denen ich einiges unternehme und die unterstützen mich auch wo sie können. Auch meine Arbeitskolleginnen sind immer für mich da. Wenn ich mich verabrede, sage ich immer dazu ohne Gewähr, es kann immer sein, dass ich nicht komme, weil ich wegen eines Krampfanfalls nach Hause muss. Meine Chefs stehen auch hinter mir und so habe ich auch jetzt kein schlechtes Gewissen mehr, denn ich helfe wirklich niemanden, wenn ich immer versuche durchzuhalten.
Achja eines habe ich ja total vergessen, die wichtigste Stütze sind für meinen Mann und mich natürlich unsere Kinder. Es tut so gut, einfach mal los zu lassen und den tränen freien Lauf zu lassen.
Danke für Eure lieben Zeilen, auch Euch wünsche ich Euch weiter ganz viel Kraft. Bei jedem wirkt sich diese furchtbare Erkrankung anders aus. Ich bin trotz allem immer wieder dankbar, dass wir uns immer noch haben.
LG Hase