Hallo,
nachdem ich einige Wochen nur mitgelesen hatte, ich heute gerne selbst Hilfe in Anspruch nehmen.
Bei meinem Vater wurde Ende März ein Astrozytom III diagnostiziert. Bei der OP konnte ein großer Teil des Tumors entfernt werden, ein Rest blieb zurück. Körperlich hat er die OP sehr gut überstanden. Momentan befindet er sich in der Strahlentherapie – die Hälfte der Bestrahlung hat er schon hinter sich gebracht. Bis vor ein paar Tagen ging es ihm bis dahin den Umständen entsprechend sowohl körperlich als auch psychisch ganz gut. Sein großes Ziel ist wieder ins Arbeitsleben zurückzukehren, dafür tut er wirklich alles.
Vor drei Tagen aber schien sich bei ihm, man kann es wirklich nicht anders sagen, ein Schalter umgelegt zu haben. Aus einer Diskussion, die meine Eltern schon viele Male zuvor hatten und die sonst nie der Grund für einen Streit war. (Mein Vater wollte mit dem Rad zur Bestrahlung fahren und meine Mutter erwiderte nur darauf, dass das wohl keine so gute Idee wäre, da er ja u.a. noch Medikamente gegen Epilepsie bekommt und der Arzt Autofahren und Fahrradfahren fürs erste vorerst untersagt hat.) Daraufhin flippte mein Vater aus, beschuldigte meine Mutter sein Leben und seine Zukunftspläne zerstört zu haben und dass er jetzt bald sterben werde. Seitdem spricht er nicht mehr mit ihr. Am nächsten Tag war er noch aktiv, lamentierte mir gegenüber (ich bin die einzige mit der er momentan noch spricht), dass sein Leben nun einen Wendepunkt bekommen hätte und er bald... Seit gestern schläft er überaus viel und isst nur noch sehr wenig (mit der Begründung, er bräuchte ja bald nichts mehr, weil er bald sterben würde). Meinem Anschein nach sieht es so aus als wäre er jetzt in einer extrem depressiven Phase. Das große Problem ist, dass er jegliche psychologische/psychatrische Hilfe ablehnt. Momentan sind meine Mutter und ich sehr verzweifelt, weil wir nur sehen, dass er dringend Hilfe braucht, aber wir nicht wissen, wie wir ihm helfen können.
Hinzu kommt noch, dass ich mich momentan in der Examensphase befinde und am Samstag meine Abschlussklausur schreibe. Heute hat mir mein Vater mitgeteilt, dass er sich wünscht, dass ich die Prüfungen gut meistere und dass er nach meinem Abschluss im Juli ins Ausland gehen will, um dort in Ruhe zu sterben und uns nicht zu belasten. Wie ich damit umgehen und die Klausur einigermaßen gut hinter mich bringen soll, weiß ich nicht…
Ein Auslöser für diesen Zustand ist mitunter die Tatsache, dass meinem Vater jetzt erst richtig klar wird, an welcher Krankheit er leidet und was diese für Konsequenzen hat/haben kann. In den letzten Tag ist wohl erst richtig bewusst geworden. Nach der Diagnose ging alles sehr schnell und er hatte nicht wirklich Zeit über die Erkrankung zu reflektieren.
Interessant ist vielleicht auch noch zu erwähnen, dass er weiterhin zur Bestrahlung gehen möchte (allerdings alleine, weil er momentan mit meiner Mutter nichts zu tun haben möchte). Er hat uns aber heute mit Selbstmord gedroht, falls wir mit den Ärzten sprechen würden…
Hat jemand hier schon ähnliche Erfahrungen gemacht?