Liebe Sofia,
herzlich Willkommen mit Deinen Fragen, Ängsten, Hoffnungen.
Es gibt seit einigen Jahren unterschiedliche Meinungen bei den zuständigen Ärzten und Krankenkassen, ob Operationen an der Wirbelsäule erfolgen sollten.
Die nach CT- und MRT-gestützten Diagnosen reichen dazu allein nicht aus.
Es müssen auch Folgen der in den Bildern festgestellten Abnormitäten vorhanden sein, also Kribbeln, Taubheitsgefühle, Teillähmungen, Schmerzen.
Sollten diese Folgen beim Patienten noch im Anfangsstadium sein, wird zunächst auf Physiotherapeutische Methoden gesetzt, evtl. vorübergehend unterstützt mit Schmerzmitteln.
Die Diskussion um die Notwendigkeit einer OP und deren richtigen Zeitpunkt bezieht sich insbesondere auf die durch Bandscheibenprobleme verursachten Beschwerden, trifft aber vermutlich auch auf andere Ursachen zu.
Mit Patienten, die an der Bandscheibe operiert wurden, lag ich mehrere Male in der Neurochirurgie im selben Zimmer und habe miterlebt, dass deren Operationen nicht immer erfolgreich waren. Einige mussten wiederholt und mehrmals operiert werden.
Bei Dir ist die Ursache Deiner Beschwerden bekannt. Ich nehme an, dass andere mögliche Ursachen ausgeschlossen wurden!!
Deine Beschwerden bestehen nicht nur bereits seit einem Jahr, sie sind auch stärker geworden und es sind neue hinzugekommen. Ich meine herauszulesen, dass sie Dich auch schon sehr lange belasten.
Es ist recht sicher, dass die Zunahme der Beschwerden darauf zurückzuführen ist, dass das Hämangioblastom ein Wachstum verzeichnet hat. Es mag langsam wachsen, aber es wird vermutlich nicht genau so groß bleiben und auch nicht verschwinden. Die Beschwerden werden zunehmen.
Bei den Bandscheibenpatienten habe ich ihre Rekonvaleszenz nach der OP mit unbedingter Unterstützung durch Physiotherapeuten miterlebt. Diejenigen, die bereits Teile ihrer Beine nicht mehr gespürt hatten, waren überzeugt, dass die OP nichts gebracht hätte, da die Lähmung immer noch da war. Aber die OP war erfolgreich gewesen. Das Schmerzgedächtnis hat den Patienten weiterhin den Schmerz und die Lähmung spüren lassen. Je länger zuvor die Schmerzen und Lähmungen bestanden haben, um so länger dauerte es auch, die schmerzfreie vollständige Beweglichkeit wieder herzustellen. Da rede ich von Wochen und Monaten.
Natürlich ist eine OP gerade im oberen Bereich der Halswirbelsäule für keinen Neurochirurgen ein Spaziergang. Aber ein in diesem Bereich erfahrener Arzt wird Dir sagen können, was bei den Patienten, die er an dieser Stelle operiert hat, während der OP schwierig war, welche Risiken er selbst dabei erlebt und „umschifft“ hat und auch, was unmittelbar nach der OP und was einige Tage, Wochen, Monate danach an Fortschritt verzeichnet werden kann.
Ich empfehle Dir unbedingt zu fragen, wie oft der betreffende Arzt eine OP eines Hämangioblastoms an der HWS durchgeführt hat. Daraus wirst Du schließen können, warum er die OP befürwortet oder ablehnt. Möglich ist sie! Aber nicht jeder Chirurg traut sie sich zu. Und das ist auch gut im Interesse der Patienten.
Zu den fünf Ärztemeinungen: Ich steckte auch einmal in einem solchen Dilemma, dass mir ein Arzt zu einer Revisions-OP am Kopf riet, da jederzeit eine lebensgefährliche Situation entstehen könne. Ich dachte zwei Wochen im Urlaub darüber nach, auch, weil es die dritte OP im Kopf sein würde. Nach dem Urlaub war dort ein anderer Arzt, der mir sagte, dass er es operieren würde und hatte auch einen Plan für sein Vorgehen parat. Ich stellte mich auf die OP ein – nach etwa acht Wochen. Es kam beruflich etwas dazwischen, ich fuhr noch einmal dorthin – Arzt Nr. 3 lehnte die OP entschieden ab. Er hielt den Eingriff für eine kosmetische OP, womit er mich zutiefst verletzte. Ich arbeitete mich ein halbes Jahr am neuen Arbeitsplatz ein und ging erst dann in die Klinik. Eine Ärztin sprach mich wegen meiner immer noch bestehenden Zweifel an. Sie sagte, sie würde in meiner Situation überlegen, ob ich die OP bei meiner Mutter machen ließe. Sie war sehr lieb, aber es half mir auch nicht so richtig. Dann ging ich noch zum Strahlentherapeuten zur Kontrolle und sprach ihn auch darauf an. Er meinte, in der Computerbranche sagt man, man solle funktionierende Systeme nicht ändern. Und andererseits sagte er auch, ich solle zehn Ärzte nach ihrer Meinung fragen und würde elf Antworten erhalten.
Entschuldige, dass ich in dieser Frage etwas länger ausgeholt habe.
Aber ich bin ansonsten (bei meinen 5 Kopf- und bisher 8 Augen-OP) gut gefahren, wenn ich den Ärzten vertrauen konnte. Ich habe dann keine weiteren Meinungen eingeholt, zumal es ja auf den Stationen stets mehrere Ärzte gibt. Es ist unbedingt richtig, Zweit- und Drittmeinungen einzuholen, wenn … ja, wenn man sich dadurch nicht verunsichern lässt.
Das scheint bei Dir geschehen zu sein.
Gehe noch einmal den Ratschlägen von fips2 nach. Frage die Ärzte, die die OP für erforderlich und durchführbar halten, wie viel Erfahrung sie haben. Entscheide dann nach Deinem Bauchgefühl, wo und von wem Du Dich operieren lässt.
Von Vorteil ist, dass Du nicht übereilt handeln musst. Aber glaube mir, wenn Du Dich nicht nur innerlich entschieden hast (was bereits geschehen ist), sondern auch die Klinik, den Arzt und den Zeitpunkt der OP festlegen konntest, dann wirst Du etwas ruhiger. Die Ungewissheit weicht den konkreten Aussichten. Du wirst dann innerlich nicht mehr mit Dir und Deinen Zweifeln ringen, sondern Dich zielgerichtet vorbereiten. Es werden andere Fragen kommen. Vom „Zug abspringen“ kannst Du auch noch vor dem OP-Saal.
Ich habe die OP damals machen lassen, zwei Jahre nach der 2. HT-OP. Aber ich hätte auch die Möglichkeit nutzen können, mich noch in der Klinik dagegen zu entscheiden und niemand wäre mir böse gewesen.
Ich habe Dich jetzt etwas „zugeballert“ und hoffe, dass Du meinen Überlegungen folgen konntest.
Natürlich hoffe ich, dass sich noch direkt Betroffene melden, aber in Massen gibt es sie nicht. Aber wir helfen Dir wirklich gern!
Entscheiden musst Du.
Liebe Grüße
KaSy