Hallo Frau Ypsilon,
kenne ich auch, nur zu gut: "Ich habe ja manchmal auch solche Kopfschmerzen!" "Vergesslich bin ich auch!" "Ich kann mir auch nichts mehr merken!" Undundund...
Die meisten Menschen meinen das nicht böse. Solche Äußerungen entstehen aus Hilflosigkeit, Überforderung, sollen vielleicht sogar ein bisschen "trösten". So nach dem Motto: "Schau, ich hatte keinen Hirntumor und vergesse trotzdem Sachen!"
Meine Reaktionen darauf sind tagesabhängig, manchmal ignoriere ich solche Bemerkungen, manchmal steige ich richtig ein
, kommt auch darauf an, wer mir da gerade gegenübersteht. Die Palette reicht von "Du hast KOPFSCHMERZEN, Du Ärmste? Das ist ja furchtbar!" bis "Danke, mir geht es gut."
Ich habe mir oft anhören dürfen, was ich für ein Glück gehabt hätte. Klar habe ich Glück gehabt, ein gutartiger Hirnhauttumor, da gibt es ganz andere Dinge. Trotzdem würde ich einen Tumor nicht gerade als Glück bezeichnen. Je nachdem habe ich das dann schon zum Ausdruck gebracht, indem ich z.B. gesagt habe, Glück sei für mich, KEINEN Tumor zu haben.
Bei den von Dir geschilderten Äußerungen könnte ich mir vorstellen, dass Du antwortest: "Ich BIN froh, dass ich noch laufen und reden kann. Und Du kannst froh sein, dass Du keine Kopf-OP hattest. Schönen Tag noch!" Ansonsten kann ich Dir nur raten, Dir ein dickeres Fell zuzulegen (was gerade in der ersten Zeit sehr schwer ist, ich weiß) und Dir genau zu überlegen, mit wem Du überhaupt darüber reden willst. Brauchst Du dümmliche Bemerkungen von Nachbarn? Sicher nicht! Also kannst Du auf die Frage, wie es Dir gehe, auch einfach antworten: "Bestens, es geht mir so gut wie noch nie!" Das müsste dann wirklich fast jeder begreifen... Und die, die es immer noch nicht begriffen haben, wären für mich keine Gesprächspartner mehr.
Trotzdem, diese Bemerkungen sind meist wirklich nicht böse oder verletzend gemeint. Die Menschen plappern in ihrer Hilflosigkeit irgendwas und bedenken dabei nicht, wie verletzend das bei jemanden ankommt, der erst die Diagnose Hirntumor verarbeiten musste und der jetzt mit den Nachwirkungen der OP kämpft und verzweifelt versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Wer so etwas nicht hinter sich gebracht hat, hat keine Ahnung. Punkt.
Aber davon könne viel von uns ein Liedchen singen. Schlimm ist es auch im beruflichen Bereich, wenn man Dir irgendwann klar zu verstehen gibt, dass Du nun lange genug krank warst und es Zeit wird, wieder voll belastbar zu werden. Was für eine Idiotie, als wenn man das selbst nicht am allermeisten möchte! Aber es war halt eben kein Schnupfen, das begreifen die meisten nur nicht.
Lass Dich nicht unterkriegen und schütze Dich selbst, indem Du Dir vorher genau überlegst, wem Du was sagst. Tausche Dich lieber mit uns aus, wir wissen wenigstens, um was es geht (leider).
LG TinaF