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Autor Thema: Neurinom HWK 2-5, Vorstellung (Betroffener)  (Gelesen 6407 mal)

Offline doulos

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Neurinom HWK 2-5, Vorstellung (Betroffener)
« am: 25. Oktober 2013, 18:45:55 »
Hallihallo,

nachdem ich nun schon mehrere Monate hier mitlese und erheblich profitiert habe, will ich einfach mal meine Geschichte – soweit sie schon gelaufen ist – erzählen. Da die Operation bereits hinter mir liegt und die Nachwirkungen im normalen Rahmen liegen habe ich selber aktuell wenig Fragen, der Bericht soll vor Allem dazu dienen, anderen Betroffenen Anhaltspunkte und Orientierung zu geben.

Ich wurde am 18.7.2013 von meinem Neurologen in eine MRT-Untersuchung geschickt, nachdem ich über leichtes Kribbeln in den Finger- und Fußspitzen der linken Seite berichtet hatte. Rückblickend erinnerte ich mich, dass ich auch über längere Zeit Schmerzen in der linken Schulter und auch Nackenschmerzen gehabt hatte, ohne deswegen aber zum Arzt zu gehen.

Das Ergebnis des MRTs war, dass sich in meiner Nackenwirbelsäule zwischen Halswirbelkörper (HWK) 2 und 5 ein Tumor gebildet hatte, der das Rückenmark bereits so stark zusammendrückte, dass nach Worten des Radiologen eine Querschnittslähmung unmittelbar drohte. Mir blieb nichts anderes übrig, als nach Verlassen des MRT sofort über meinen Neurologen einen Termin in der Neurochirurgie der Uniklinik Frankfurt zu vereinbaren und meinen geplanten Urlaub abzusagen.

Am 25.7.2013 wurde ich in Frankfurt in einer fast 10-stündigen OP (sitzend. Autsch, mein Hintern!) mittels einer Hemilaminektomie HWK 2/3 bis 4/5 von dem ungewünschten Gewächs befreit, das sich intraspinal und extramedullär ausgebreitet hatte und als Schwannom WHO Grad I klassifiziert wurde. Die OP verlief komplikationslos. Danach blieb eine leichte Lähmung (Parese) des linken Musculus Deltoideus (Schultermuskel) sowie Taubheit im Bereich der linken Schulter und des Halses. Beim Abräumen des Tumors waren also ein paar Nerven angekratzt worden (Neurinome wachsen von den Nervenzellen ausgehend). Nach 2 Tagen konnte ich wieder aufstehen, und am 2.8. verließ ich das Krankenhaus.

Nach einer einwöchigen Pause zuhause bei Muttern begab ich mich in eine 2-wöchige stationäre Reha-Maßnahme (Mediclin Bad Orb), die vom Sozialdienst des Krankenhauses organisiert worden war. Ich kann die stationäre Reha nur empfehlen – besonders in der Anfangsphase unmittelbar nach der OP. Es ist ein großer Vorteil, dass alle Anwendungen am selben Ort sind und der Zeitplan zentral organisiert wird; durch die stationäre Unterbringung hat man ein Zimmer das auch in den – oft recht langen – Pausen zwischen den Anwendungen als Rückzugsort dienen kann. Nach Ende der 2 Wochen habe ich mir einen Physiotherapeuten gesucht, bei dem ich 1x wöchentlich manuelle Therapie erhalte und nach einem für mich erstellten Plan aber mit freier Zeiteinteilung an Geräten trainieren kann. Inzwischen ist die Schwächung des linken Armes deutlich zurückgegangen und der Hals lässt sich soweit bewegen, dass Autofahren möglich ist. Ab November werde ich meinen Schreibtischjob wieder uneingeschränkt aufnehmen – als Dachdecker hätte ich aber ein Problem.

Zuletzt noch ein paar Worte über die Versorgung an der Neurochirurgie Frankfurt.

Das Operationsergebnis ist so gut wie man es erhoffen konnte – dies wurde mir auch von anderen Experten bestätigt. Der Tumor konnte fast vollständig entfernt werden („subtotale Exstirpation“); die verbleibenden Ausfallerscheinungen an Arm und Schulter sind im Rahmen des zu Erwartenden.

Das Aufnahmegespräch war mit einer Assistenzärztin. Den Operateur (Prof. M.) bekam ich 2-3 mal kurz bei Visiten zu sehen, bei denen nur wenige Worte gewechselt wurden. Ein eingehenderes Gespräch fand postoperativ nicht statt. Am letzten Tag wurde mir ein Arztschreiben mitgegeben, das eine Wiedervorstellung mit Kontroll-MRT nach 3 Monaten empfahl.

Am 24.10. war ich zu der genannten Wiedervorstellung in der neurochirurgischen Ambulanz in Frankfurt. Bei der Terminvereinbarung hatte ich gefragt, ob ich denn einen Gesprächspartner erhalten würde, der sich mit meinem Fall auskennt. Dies schien mir besonders wichtig, da es noch einen zweiten problematischen neurochirurgischen Befund gab, der sich bei den Untersuchungen vor der OP herausgestellt hatte. Wie befürchtet traf ich aber auf einen Oberarzt, der mich und meine Angelegenheit zum ersten mal zu Gesicht bekam und im Verlauf des Gesprächs zunehmend hilflos schien. Er warf einen kurzen Blick auf die mitgebrachten MRT-Bilder, machte aber keine Anstalten  etwa die Operationsnarbe zu inspizieren oder die fortbestehenden Lähmungen zu erfragen und zu prüfen. Er versprach mir stattdessen, die Angelegenheit bei der nächsten internen Konferenz in Anwesenheit des Operateurs vorzutragen. Anschließend werde er mich dann telefonisch kontaktieren (O-Ton: „wenn ich's vergesse, dann rufen Sie bitte an“).

Ich will nicht unerwähnt lassen, dass diese Wiedervorstellung im extremen Kontrast steht zu einem Termin am Tag zuvor an der Neurochirurgie in Mainz, wo ich eine Zweitmeinung zu dem noch offenen Befund einholen wollte. Hier hatte man unaufgefordert gleich eine Nachuntersuchung der Frankfurter OP gemacht, inkl. Narbeninspektion, Prüfung der Bewegungseinschränkungen, eingehender (!) Besprechung aller MRT-Bilder, etc. Ein Unterschied der krasser nicht sein kann. Erwähnt sei aber auch, dass mir die Mainzer bestätigten, dass ich mit dem Ergebnis der Frankfurter Hals-OP zufrieden sein könne.

So, das wars. Ich hoffe dieser Bericht kann für andere von Nutzen sein. Fragen, Kommentare und Beileidsbekundungen nehme ich natürlich gerne entgegen (letztere am wenigsten).

Christian
« Letzte Änderung: 27. Oktober 2013, 13:43:09 von doulos »

 



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