Liebe Leute,
die es nicht so toll finden, dass sie bei Ärzten nicht anders können als "ihre Fassade zu wahren".
Ich möchte mal eine andere Sicht auf diese "äußere Fassade" werfen:
Die Neurochirurgen sind nicht diejenigen, die die Psyche unbedingt mit beurteilen müssen. Sie sind die Profis mit dem Skalpell. Und wenn sie die OP hervorragend meistern, dann ist es verdammt viel! Wenn sie außerdem noch Psychotherapeut sind ... naja, wäre vielleicht für den Patienten schön, weil er den NC während seiner Arbeit ja gar nicht sieht. Aber wenn ich mir vorstelle, dass ein NC so emotional wie ein Psychotherapeut an die OP herangeht ... Würde er dann noch "
So radikal wie vertretbar." (Prof Unterberg, Heidelberg) operieren?
Würde ein besonders emotionaler Onkologe nicht das Heulen kriegen, wenn er mit seinen giftigen Medikamenten einen Nutzen zu erreichen versucht, der seinem Patienten Übelkeit, Müdigkeit, Fieber, schlechte Blutwerte, auf Dauer körperliche Schäden an den Nieren, ... beschert?
Auch Strahlentherapeuten müssen gesundheitsschädigende Risiken in Kauf nehmen bei Blutwerten, entstehenden Ödemen, Strahlennekrosen, kognitiven Einschränkungen, zeitweise oder dauerhaftem Haarverlust, ... wenn sie helfen wollen. Sie dürften dort nicht arbeiten, wenn sie darunter leiden würden, was sie den Patienten "als Nebenwirkung" "antun".
Ja, ich habe durchaus Ärzte kennen lernen dürfen, die das unterscheiden können - "Fachidiot" (im besten Sinne dieses Wortes) am OP-Tisch oder bei der Bestrahlungsplanung und im Arzt-Patienten-Gespräch auch Psychologe. Wenn man dazu noch merkt, dass diesen Fachärzten ihr Beruf rundum Spaß macht und sie diesen Spaß aufmunternd in die Patientenzimmer tragen, dann ist dieser Arzt nahezu perfekt.
Die Mehrzahl der Ärzte wird sich mit dem Patienten über die Therapie und deren Aussichten, Folgen, ... auf ihrem Fachgebiet beraten. In einem solchen fachlichen Gespräch loszuheulen, damit der Arzt merkt, wie instabil man ist, das ist nicht gut. Man will die Fachinfos und wenn man seiner Angst und Wut beim NC Luft macht, kann man die nicht mehr aufnehmen.
Dazu gibt es die Psychotherapeuten, gegebenenfalls zuerst den Hausarzt.
Seine "Fassade" wird man auch bei einem Psychotherapeuten zunächst wahren. Man kennt diesen Menschen ja gar nicht. Aber nach und nach wird man in diesen Gesprächen seinen Frust offenbaren. Die eigene Unsicherheit wird klarwerden, die Angst wird sich zeigen und die Wut gegen diese so ungerecht gerade einen selbst getroffene Krankheit.
Ich habe während meiner nun schon sehr langen Psychotherapie viel erzählt - wann es mir wie schlecht geht. Aber im normalen Tonfall.
Ich fragte ihn dann einmal, ob er eigentlich merken würde, wenn ich ihm sonstwas vorjammere, was gar nicht stimmt. (Es gibt Menschen, die so gut schauspielern können, dass sie als psychisch schwer Erkrankter arbeitsunfähig geschrieben werden und dies bis zur EU treiben.) Er fragte mich daraufhin verblüfft, ob ich bei ihm etwa schauspielere. Was ich nicht wissentlich tat, aber im Beruf als Lehrer tut man das schon mitunter. (z.B. Ehe man jedes Kind so lieben kann wie es ist, dauert es seine Zeit, in der man so tut, als wäre es so.)
Einmal war er regelrecht überrascht, dass ich aus dem normalen Erzählen heraus plötzlich zu weinen begann und er machte sich dann sogar selbst Vorwürfe deswegen. Ich dagegen war eher froh, dass mir das gerade bei ihm passierte, weil ich ihm erzählt hatte, dass das bei mir immer mal wieder so ist. Und nun konnte er es selbst wahrnehmen. Es hat ihn auf Dauer beeindruckt.
Das heißt aber auch, dass sogar ein Psychotherapeut nicht so oft sieht, wie seine "Psycho-Patienten" entnervt, heulend, wütend, um sich tretend, Türen schlagend ... reagieren. Denn so ist der Mensch nun mal. Vor anderen lässt er sich nicht gehen. Es ist die Kunst der Psychologen, hinter die Fassaden zu schauen.
Die mitunter nur kurzen "Öffnungszeiten" seines "Klienten" intensiv zum Blick hinter die Fassade zu nutzen und aus dem, was er dort "fetzenweise" wahrnimmt, ein Bild zusammenzubauen, das dem Hilfesuchenden zumindest ähnelt.
Das kostet viel Zeit des Kennenlernens. Die hat ein auf Hirntumore spezialisierter Facharzt nicht. Dem könnte man ein Briefchen seines Psychotherapeuten mitbringen, wenn man denn unbedingt darauf hinweisen möchte, wie schlecht es einem auf bestimmten Gebieten noch geht. Bloß - was soll der NC dann tun?
Klar - einen Psychotherapeuten empfehlen. Oder eine Reha. Oder Psycho-Medis. Wegoperieren oder wegbestrahlen oder wegchemotherapieren kann man die psychischen Probleme nämlich nicht. Da kann man dort seine Fassade wahren, wo man auf Fachinformationen angewiesen ist und sie dort fallen lassen, wo man die Chance hat, dass einem geholfen wird.
Andauernd heulend durch die Gegend wandern - das macht einen nicht glücklich.
Dann lieber dort Optimismus tanken, wo man ihn kriegen kann, beim nicht gewachsenen Tumor, bei der unveränderten MRT-Fotoserie, den diesmal endlich wieder guten Blutwerten.
(... Die kann gut reden, denkt Ihr jetzt sicher, aber selbst hat sie hier den allerlängsten Psycho-Thread. Stimmt. Aber auch viel Erfahrung.
So wie die Raucher, die sagen: Rauchen abgwöhnen ist gar nicht schwer, ich habe es schon 20 mal gemacht."
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Eure KaSy