Hallo BigQueen,
stark sein musst du in erster Linie für dich, nicht für andere. Das ist meine Meinung. Sobald man Kinder hat, muss man natürlich auch für die stark sein. Deine Angehörigen und Freunde dagegen müssen lernen, damit klar zu kommen, sie stehen erst an zweiter Stelle, so "einfach" ist das. Das mag jetzt hart klingen, aber ich bin nicht nur Betroffene, sondern auch Angehörige, kenne also beide Seiten. Als Angehörige leide ich natürlich auch, mache mir Sorgen, informiere mich und begleite zu den Arztterminen, sofern das gewünscht wird. Aber als Betroffene geht es um MICH, nur um mich, um meine Ängste und meine Sorgen und meine Schmerzen und meine Optionen.
Ich habe in meinem Leben so manchen Film erlebt und wenn mir einer erzählt, dass es ihm wegen meiner Erkrankung ja so schlecht ginge, er ja solche Angst hätte, nicht mehr schlafen könnte, dann frage ich nur, ob wir tauschen wollen. Je schwerwiegender die Erkrankung ist, umso belastender ist das für die Angehörigen, keine Frage, wie gesagt, ich kann da leider mitreden. Aber der Kranke muss keinesfalls noch für andere stark sein, der braucht seine ganze Kraft und Stärke, um seine Erkrankung durchzustehen und hoffentlich wieder gesund zu werden. Und um z.B. die Ungewissheit auszuhalten, die du gerade aushalten musst.
Ansonsten ist es auch äußerst hilfreich, Klartext zu reden. Egal, ob man jetzt mit Mitleid überhäuft wird oder sich so hilfreiche Bemerkungen wie "Mir geht es ja heute auch total schlecht!" anhören muss. Es ist absolut in Ordnung, wenn man sagt, dass man gerade mit sich selbst genug zu tun hat und keinen Nerv hat, sich übertriebenes Mitleid oder gar Gejammer anzutun. Kann man ja netter formulieren als es bei mir gerade klingt.
Ich habe da einfach viel erlebt und bekomme jetzt noch einen dicken Hals, wenn ich an manche Reaktionen denke.
Nochmals zu meinen Fragen: Hast du einen schriftlichen Bericht? Hat ein Neurochirurg die Aufnahmen gesehen (nicht Neurologen, die Neurochirurgen sind die Hirntumorprofis)? Hattest du ein MRT oder CT? Und hast du die Aufnahmen (als CD)?
Was man da im Kopf hat, weiß man immer erst, wenn das Ding histologisch untersucht wurde, trotzdem wundere mich mich, dass so gar keine Einordnung möglich sein soll. Das schreit für mich wirklich nach einer Zweitmeinung. Und zwar in einer Klinik mit einer guten Neurochirurgie. Ich halte die Vorgehensweise für sehr merkwürdig. Nicht wissen, was es ist, aber mal drei Monate abwarten. Dann wissen sie immer noch nicht, was es ist, allenfalls, ob es gewachsen ist. Verschwinden wird das Ding nicht, das steht schon mal fest. Also kann man ein Abwarten also eigentlich nur empfehlen, wenn ziemlich sicher ist, dass es sich um einen gutartigen Tumor handelt, aber sie sind sich ja nicht sicher. Wobei gutartig nicht gleichbedeutend mit harmlos ist.
Ansonsten hat Paujo recht. Wenn dich die Arbeit ablenkt, gut, wenn nicht, dann lass dich krankschreiben. Man bekommt nicht jeden Tag die Diagnose Hirntumor, damit muss man erstmal klar kommen.
Bei mir ging es damals ganz schnell, eine Woche nach Diagnose wurde ich schon operiert, bei mir hätte man auch nicht mehr länger warten können, dafür ging es mir viel zu schlecht. In dieser Woche habe ich mich innerlich total abgeschottet, ich war in meiner "Zwischenwelt", nicht mehr hier, aber auch nirgendwo anders. Ich habe mein Kind versorgt, viel Zeit mit meinem Mann verbracht, aber wirklich "da" war ich nicht. In dieser Zwischenwelt bin ich ein bisschen wie in Watte gepackt. Ich bekomme zwar alles mit, aber etwas abgedämpft. Ist schwer zu beschreiben.
So, ich hoffe, das was ich zum Ausdruck bringen wollte, kommt richtig bei dir an.
LG TinaF