Ihr lieben! Ich sollte dies vielleicht fast unter “mal was erfreuliches” eintragen – mein Mann und ich sind wieder zu Hause, heil eingetroffen nach 4 Wochen Australienurlaub.
Mann fühlt sich hier manchmal als Mitglied eines sehr finsteren Club. Entweder liest man über wie es einem gegangen ist, oder man liest darüber, wie es einem gehen wird. Und alle sind gefangen in demselben Albtraum. Manchmal habe ich fast ein schlechtes Gewissen, das wir noch „genießen“ können, 10 Monate nach dem 2. OP, während es anderen so viel schlechter geht. Seltsam, das es immer noch ein „schlechter“ gibt. Manchmal denke ich über Menschen im Kriegsgebieten und Drittweltländer, und denke, ich sollte mich freuen, dass wir alle medizinische Hilfe kriegen, die zu kriegen ist.
Ich kann immer noch nicht fassen, wie mein Mann es hinkriegt, sich immer wieder zusammen zu raffen, und wie oft ich gedacht habe, jetzt geht es wirklich den Bach runter, und dann ging es doch wieder gut. Wo hat er die Kraft her?! „Gut“ ist natürlich relativ. Er kriegt jetzt 18mg Fortecortin am Tag, mit entsprechenden Nebenwirkungen, trägt „Höschen“ gegen Inkontinenz, kann nur noch sehr schlecht gehen, schläft viel, ist häufig etwas durcheinander, kommt mit Nummern und Rechtschreibung nur noch schlecht zu recht, hat Konzentrationsschwäche, kriegt trotz sehr hohe Dosis von Carbamarzepin im Durchschnitt jeder 2 Wochen einen Anfall, kann seine linke Hand nicht mehr verwenden, und und und. Und trotzdem verfällt er nicht in eine Depression, und will so viel wie möglich noch erleben, und kommt um die Welt herum, und ist so lieb und mutig. Wie Morgenrote befinde ich mich in einem Dauerausnahmezustand, wie IHope habe ich akzeptiert, dass ich nichts daran ändern kann, und aber bin regelmäßig damit konfrontiert, das mein Mann immer noch Sachen alleine unternehmen will, die er eigentlich nicht mehr kann (ein Kapitel für sich… wurde ich auch wollen… man will ihm schützen, aber man kann ihm von den eigentliche Gefahr wohl gar nicht schützen…), und wie uns alle versuche ich, die eigene Grenze täglich zu sprengen, und aus reine Liebe immer zu handeln, und bin immer damit konfrontiert, das ich Grenzen habe, und täglich daran komme, und halt keine Heilige bin, und ich lerne auch mich zu erlauben, nicht perfekt zu sein, und Grenzen zu haben, und dann fängt das Ganze wieder von vorne an.
Ich bin ganz froh, dass wir diese wahnsinnige Reise noch gewagt habe. Ich habe nie gedacht, dass es so (relativ) reibungslos gelingen konnte. Dabei sind einige Träume meines Mannes in Erfühlung gekommen, unter anderem einen Babykanguru („Joey“) auf dem Arm zu haben.
Ich freue mich so sehr, das wir mehr Zeit noch gehabt habe, as wir dachten. Letztes Jahr im Oktober sah es schon alles so schlimm aus – wir hatten nie gedacht, dass wir noch so viel verreisen konnten. Aber es ist auch strapazierend, permanent so extrem leben zu müssen, und ich frage mich manchmal, wie es danach wird, wie ich wieder mein eigenes Leben zusammenkratzen werde, wie ich überhaupt die Zeit ohne meine Mittelpunkt aushalten werde. Fragen, die alle sicherlich auch stellen…
Ich wünsche alle viel Kraft, noch weiterhin das unaushaltbare auszuhalten.
LG,
Sarabande