HirnTumor-Forum

Autor Thema: Chemotherapie + schlechterer Zustand seither  (Gelesen 6706 mal)

Sarah1234

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Chemotherapie + schlechterer Zustand seither
« am: 21. Oktober 2010, 08:51:35 »
Meine Mama (73 Jahre) hatte vorletzte Woche mit ihrer Chemotherapie angefangen: 5 Tage mit 270mg Temozolomid, dann 23 Tage Pause - erstmal sind 5 Zyklen angedacht. Wir waren sehr hoffnungsvoll, dass die Ärzte eine Chemo verschrieben haben, nach dem diese Behandlung nach der OP im April und ihrem so schlechten Zustand danach zuerst nicht in Frage kam. Die Chemo wurde verschrieben, da ein Rezidiv und ein weiterer kleiner Herd aufgetaucht sind und sie seither aber etwas erholt hatte.
Sie hat die erste Chemo schlecht vertragen: Übelkleit war nicht schlimm, Müdigkeit im Rahmen. Aber sie hat totale Verstopfung bekommen und der Stuhlgang ist ausgeblieben. Wir pflegen sie ja zuhause (vormittags eine private Pflegekraft, nachmittags bis abends ich, dann mein Bruder der mit ihr zusammen wohnt). Sie musste in der Zeit pro Stunde mindestens einmal auf den Toilettenstuhl (sie ist weiterhin linksseitig stark eingeschränkt und kann nicht alleine aufstehen oder gehen) und auch nachts jede Stunde raus. Abgesehen davon, dass meine Mama davon selbst total fertig war, ist mein Bruder fast zusammengebrochen nach 10 Tagen totalem Schlafentzug. Und das Ergebnis war ein Zusammenbruch meiner Mama mit Notarzt und einer Nacht im Krankenhaus - dort wurde der Darm ausgespült, der bis zum Magen übervoll verstopft war. Sie traut sich auch nicht zu drücken, da sie Angst hat, es würde im Kopf etwas platzen. Sie haben im KH ein CT gemacht - zum Glück war im Gehirn nichts weiteres "beschädigt".
Als sich die Verstopfung anbahnte, haben wir alles versucht: viel trinken, Agiolax, CO2 Zäpfchen, Klistire...aber es ging nichts.
Nun erholt sie sich zum Glück grade langsam und es geht seit 2 Tagen wieder etwas aufwärts (so dass sie etwas wacher wird und wieder mal nicht nur weint und depressiv ist). Was ich übrigens alles so gut verstehen kann, weil es einfach schrecklich ist, in allem so auf Hilfe angewiesen zu sein und zu wissen, dass die Pflege oft auch mal das Mögliche überschreitet. Wir versuchen immer, ihr das Gefühl zu geben, dass wir doch alles so gern machen und sie keine Last ist...Ach, ich schweife ab! Musste mir das nur von der Seele schreiben...Uns graut auch vor dem 05.11. mit weiteren Untersuchungen, wo sich herausstellen wird, ob und wie die Chemo auf das Rezidiv und den neuen Herd angeschlagen hat.

Zur Verstopfung: hat hier jemand gute Tipps?????????

Danke & liebe Grüße
Sarah

Offline Caro

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Re:Chemotherapie + schlechterer Zustand seither
« Antwort #1 am: 21. Oktober 2010, 09:06:38 »
Hallo Sarah,

ich bewundere, wie Ihr die Pflege Eurer Mam leistet! Mein Mann hatte während der Temodal-Behandlung auch ziemliche Verstopfung. Geholfen haben ihm natürliche Flohsamenschalen (aus der Apotheke), 2 TL täglich mit viel Flüssigkeit einnehmen. Wichtig ist, dass ganz vielganz  Flüssigkeit gegeben wird, sonst bewirken sie das Gegenteil (dafür dann gut gegen Durchfall). Du solltest aber vorsorglich auch den Arzt fragen.

Lieben Gruß
Caro

Offline Bea

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Re:Chemotherapie + schlechterer Zustand seither
« Antwort #2 am: 21. Oktober 2010, 13:49:43 »
Hallo Sarah,

gegen Verstopfung gibt es auch einen Lactulose-Saft. Den bekommst du auch vom Hausarzt verschrieben. Weiter solltet ihr - für den Fall der Fälle - ein paar Mini-Glistiers zu Hause haben.
Aus eigener Erfahrung weiß ich, das ist wirklich eine ganz schreckliche Begleiterscheinung.

Ansonsten kann man natürlich auch ein bißchen auf die Ernährung achten.

Die Pflege ist eine sehr anstrengende und zehrende Aufgabe. Versucht auch euch Hilfen zu holen und verbringt auch mal entspanntere und möglichst unbeschwerte Zeiten zusammen.
Ihr müßt auch auf euch aufpassen....

LG und alles erdenklich Gute,
Bea

Offline Trinity

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Re:Chemotherapie + schlechterer Zustand seither
« Antwort #3 am: 21. Oktober 2010, 21:13:39 »
wenn die verstopfungen so schlimm sind, dass noch nichtmal klistiere helfen, wird lactulose auch schwierig sein, denke ich. aus meinem erfahrungsschatz in der altenpflege. "richtige" darmspülungen würde ich zu hause auch nicht empfehlen, da geht der kreislauf in den keller.  ich empfehle movicol beutel oder laxoberal tropfen (hoffe, die schleichwerbung wird mir nicht krumm genommen). milchzucker ist auch nicht schlecht. pflaumensaft. dies dann aber regelmäßig, auch wenn es nicht akut ist. wirklich wichtig bei ballaststoffreicher ernährung ist die flüssigkeitszufuhr, wie schon erwähnt wurde. vielleicht helfen ihr auch sog. colonmassagen. d.h. du streichst ihr über den bauch, quasi am dickdarm entlang. vom blindarm aus nach oben dann zur andren seite und dann nach unten.
hoffe, es war was brauchbares an tipps dabei. übrigens: meine hochachtung vor eurer leistung, nur denkt zwischenzeitlich, wenn auch nur ein bisschen, an euch. kann mir vorstellen, dass das nicht leicht ist, aber mit zusammenbrüchen eurerseits ist deiner mutter sicherlich nicht geholfen. ich glaub, das hört sich böse an, ist aber nicht so gemeint. sry  :-[
« Letzte Änderung: 21. Oktober 2010, 21:19:27 von Trinity »
Alles hat einen Sinn, ich glaube fest daran. Es musste so kommen. (- meine Schwester 2005)

Sarah1234

  • Gast
Re:Chemotherapie + schlechterer Zustand seither
« Antwort #4 am: 22. Oktober 2010, 08:32:51 »
Danke Euch für die guten Tipps!!!! Da waren einige dabei, die ich versuchen werde! Klistiere hatten wir und den Lactulose Saft hat der Arzt schon verschrieben, den nimmt sie auch. Dazu hatte ich Sauerkrautsaft besorgt. Darmmassagen sind eine gute Idee.
Mit dem Trinken versuche ich das auch. Nur unsere Mama will ab später Nachmittag nicht mehr trinken, da sie dann Angst hat, meinen Bruder nachts stündlich aus dem Bett zu holen...
Wir haben uns die Hilfe geholt, die wir uns leisten können: bei Pflegestufe II bekommt man grade mal 430,00 Eur ausbezahlt und muss den Rest selbst drauf legen. Leider ist das bei uns im Lande so. So haben wir eine Kraft für vormittags, die ein echtes Herz ist und meine Mama mag sie sehr sehr gerne - was wirklich wichtig ist. Ich arbeite von 7-13:30, bin selbständig und kann daher nicht aussetzen für ein paar Monate. Muss ja alle meine Versicherungen selbst bezahlen; mein Bruder ist bei einem großen Konzern und hat selbst schon viele Fehlzeiten und Urlaubstage "spenden" müssen...Und in seiner Firma rollen alle paar Monate Entlassungswellen. Dazu habe ich 2 Kids, einen Mann, 3 Tiere...und eben meine Mama, die ich nicht mehr lange haben werde, befürchte ich.
Das Schmerzlichste ist, ihr beim langsamen Verabschieden aus dieser Welt zuzusehen. Und das Traurigste dabei ist, dass sie nach der OP nie wieder richtig auf die Beine kam - trotz 7 Wochen Reha, häuslicher Physiotherapie und unserer Pflege. Sie hätte sich so gewünscht, wenigstens alleine aufs Klo laufen zu können oder ein paar Minuten frei stehen zu können..Sie will nicht mehr raus, im Rollstuhl spazieren gefahren werden....Sie hat an fast nichts mehr Freude, außer meine Söhne - ihre Enkel - kommen sie besuchen..
Bei Hospizdiensten habe ich mich nicht erkundigt. Denn soweit ich weiß, helfen die bei Behördengängen..aber sie bleiben nicht bei den Kranken, so dass wir mal ein paar Stunden Luft hätten zum in Ruhe einkaufen oder so....
Es ist wie es ist. Und es ist schrecklich. Für uns alle und am Meisten für alle, die an dieser furchtbaren Krankheit leiden müssen....
Ich wünsche auch Euch allen viel Kraft und vor allem, dass keiner je den Mut und die Zuversicht verliert und sich weiterhin an allem kleinen Schönen freuen kann! Denn ich freue mich oft an dem Aneinanderreihen schöner Momente. Und ein besonders schöner Moment ist immer für mich, wenn mich meine Mama anlächelt, wenn ich komme.

Liebe Grüße
Sarah

Sarah1234

  • Gast
Re:Chemotherapie + schlechterer Zustand seither
« Antwort #5 am: 10. November 2010, 09:50:57 »
Hier mal wieder ein Zwischenbericht, wie es meiner Mama geht:

Sie ist nun fast fertig mit dem 2.Zyklus der Chemo, nun 360mg Temodal. Heute ist der letzte Tag. Wieder hat sie Probleme mit dem Stuhlgang, also Verstopfung. Aber zum Glück ist es nicht so dramatisch wie beim 1.Zyklus, als sie einen Kollaps hatte (von den Schmerzen, da der ganze Bauch verstopft war) und mit dem Notarzt eine Nacht ins Krankenhaus musste. Wir haben es etwas im Griff mit einem Lactulose Saft, viel trinken und den Lecicarbon Zäpfchen.

Dennoch mache ich mir große Sorgen, da sie zunehmend müder wird und ich den Eindruck habe, dass es ihr eher schleichend schlechter geht. Sie bringt wieder alles mehr durcheinander (Tage, Uhrzeiten, Tag + Nacht), wirkt apathischer. Sie hatten beim letzten MRT Anfang Oktober ein Rezidiv und einen neuen kleinen Herd festgestellt und daraufhin nun die Chemo verordnet, die erst mal 5 Zyklen beinhaltet. Das nächste MRT ist Anfang Januar und ich habe Angst davor. Gleichzeitig hoffe ich sehr, dass sie einfach von der Chemo müde ist.

Eine der schlimmsten Begleiterscheinung nach der OP im April und bis heute ist, dass meine Mama sehr oft Harndrang hat, auch nachts oft 4-6x. Da wir sie zuhause pflegen, ist das wirklich extrem anstrengend, wenn man nie ein paar Stunden am Stück schlafen kann. Die Onkologin vom Rechts der Isar München, die die Betreuung meiner Mutter übernommen hat, sagte, das wäre ein neurologischer Defekt durch die OP und Bestrahlung und versucht nun, das medikamentös wieder einzustellen. Ich möchte nicht jammern, denn natürlich muss meine Mama das alles aushalten und ertragen und erfährt noch andere schlimme Beeinträchtigungen (sie kann nicht alleine laufen seit April, auch mit Hilfe am Rollator nun wenige Schritte gehen, nicht alleine stehen, braucht Hilfe bei Allem). Wir wechseln uns ab, so gut es geht: meine Schwester kommt alle paar Wochen aus Köln für ein WE, mein Bruder macht fast alle Nächte, ich die Tage, die beste Freundin meiner Mama war 1 Woche da. Dennoch ist es für meinen Bruder eine extreme Belastung (der nicht jammert!), denn er ist selber krank (Non Hodgkin Lymphom seit Februar 2010) und auch voll berufstätig... Leider lehnt meine Mama nachts die Inkontinenzwindeln ab (sie ist ja nicht inkontinent, sondern hat erhöhten Harndrang) und gleichzeitig versteht sie nicht mehr, dass es einfach zuviel ist, nachts jede 1-2 Stunden aufszustehen....Und mein Bruder sagt, so lange es so noch geht, macht er das und möchte ihr das Gefühl mit den Windeln ersparen...und ich füge mich, da ich seinen Wunsch respektiere..Ich habe das Gefühl, dass es mit meiner Herkunftsfamilie bergab geht...Dass ich meinen Bruder auch verliere. Meine Mama mag nicht zu uns kommen (wir sind zu viert) und ich kann wegen der Kinder nur mal am WE bei ihnen übernachten...

Hatte Jemand auch das Problem mit dem Harndrang? Welche Erfahrungen habt Ihr gemacht? Ist es reversibel?

Danke Euch schon jetzt und liebe Grüße
Sarah

Offline Bea

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Re:Chemotherapie + schlechterer Zustand seither
« Antwort #6 am: 10. November 2010, 10:50:09 »
Hallo Sarah,

hier eine Seite, die euch vielleicht ein wenig weiter helfen kann: http://www.medizinfo.de/pflege/versicherung/leistungen.shtml#geld
Pflege kann man auch in finanzieller Hinsicht kombinieren und vielleicht ist es für alle eine kleine Hilfe wenn man dies mit einem Pflegedienst macht.

In Bezug auf den Harndrang haben wir uns durch den Hausarzt ein Medikament verschreiben lassen. Da es eine Zeit her ist kann ich es nicht benennen.

Für deinen Bruder kann es auch eine Art sein seinen Beitrag zu leisten, der ihm das Gefühl gibt selbst etwas zu tun.

Pflege ist eine ungemein anstrengende, kräftezehrende und im schlimmsten Fall auch fast eine zerstörerische Aufgabe.
Holt euch unbedingt Hilfen und versucht noch Zeit für euch zu finden. Leicht gesagt, aber es hilft niemandem wenn ihr alle daran zerbrechen würdet.

Evtl. hilft deiner Mutter auch eine Reha. Wir haben hier eine Reha die sogar während der Chemo besucht wird.

Von ganzem Herzen wünsche ich euch viel Kraft und einen Weg der es euch allen ein wenig leichter macht.

LG,
Bea

 



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