Liebe Foren-Mitglieder,
>>
ich freue mich sehr, dieses Forum gefunden zu haben. Wenn man die
Diagnose "Hirntumor" erfahren hat, zieht es Einem den Boden unter den
Füßen weg und man weiß gar nicht mehr, was richtig und falsch ist bzw.
wilder Aktionismus wird zur Tagesordnung. Aber der Reihe nach (ich
versuche mich kurz zu fassen).
Meine Mutter, 74 Jahre alt, wurde am 13.02. mit der Notaufnahme ins
Krankenhaus Dortmund gebracht. Verdacht auf Schlaganfall.
Intensivstation, Behandlung auf Schlaganfall, 14.02. MRT, 15.02.
Verlegung auf die normale Station.
Meiner Mutter ging es den Umständen
entsprechend gut. "Lediglich" das linke Auge spielte verrückt. Das
Gesichtsfeld war stark eingeschränkt und zudem litt sie unter
Halluzinationen - aber vom Allerfeinsten. Dennoch war sie dabei bei
klarem Verstand. Sie sah halt Dinge, die gar nicht da waren, wusste das
aber. Wir haben sie schon belächelt, weil sie u.a. "Piraten" sah - es
war ja Karneval und sie hatte am Vorabend eine Sitzung im TV
gesehen....*gg*. Weiberfastnacht gab es dann ein Gespräch mit dem
behandelnden Arzt, der ihr mitteilte, dass der Schlaganfall ein
Gehirntumor sei. Und er würde eine Verlegung ins Klinikum Lünen
befürworten, um dort die notwendige OP durchführen zu lassen. 2 Tage
später wurde meine Mutter verlegt.
Am 21.02. war die OP. Der Chirurg war
anschließend guter Dinge, alles raus, alles super geklappt. Meine Mum
hat die OP gut weggesteckt, die Hallus waren weg - sie erholte sich
wirklich sehr gut! Wir waren glücklich und froh, dass die "Pappnase"
raus war und unser Leben wie gewohnt fröhlich und unbesonnen weitergehen
sollte. Nur den geplanten Mallorca-Urlaub sollte sie absagen. Dafür
benötigte sie eine Bescheinigung vom Arzt. Diese bekamen wir einige Tage
später und als Diagnose stand darauf: Glioblastom WHO IV. Aha, sagte uns
nix. Hat mit uns ja vorher auch Keiner gesprochen, also mal
googlen.......FÜR UNS IST DANACH EINE WELT ZUSAMMENGEBROCHEN!!!! Bitte
was?! Glioblastom - bösartiger Gehirntumor - kurze Lebenserwartung -
schnell wachsend. Schlagbegriffe, die uns aus den Latschen haute.
Erstmal durchatmen. Kann doch nicht wahr sein! Unserer Mutter geht es
doch augenscheinlich richtig gut. Sofort das Klinikum Lünen angerufen
und mit dem behandelnden Arzt, der sehr, sehr nett war, gesprochen:
Diagnose stimmt. Und er hätte doch auch mit unserer Mutter darüber
gesprochen. Hätte sich allerdings gewundert, warum er nach diesem
Gespräch immer noch gut gelaunt und lächelnd von ihr begrüßt worden
wäre. Meine Mum hört ein wenig schwer und sie hat es schlicht nicht
mitbekommen, wie es um sie steht!
Nun, nach 10 Tagen durfte meine Mutter nach Hause. Es ging ihr den
Umständen gut, bisschen schlapp, aber froher Dinge, voller Pläne,
wuselte im Haus und Garten rum - unglaublich! Und diese lebenslustige,
quirlige Frau sollte nur noch ein paar Monate leben?!
Eine Strahlentherapie stand im Raume. Sie ist zwecks Anpassung der Maske
in ein Strahleninstitut in Köln gefahren, hat Termine vereinbart. Die
Therapie sollte eine Woche später beginnen..
Nach einigen Tagen bekam meine Schwester einen Anruf aus dem Klinikum
Lünen, dass man sich die MRT-Bilder noch einmal angesehen hätte und wenn
es meiner Mum nichts ausmachen würde, würde der behandelnde Arzt ihr
empfehlen, sich eine 2. Meinung einzuholen. Hierfür empfahl er uns das
Klinikum in Köln-Merheim, Herr Prof. Weber (wir kommen eigentlich aus
Köln - meine Mutter war zu Besuch in Dortmund, als das mit dem
>> "Schlaganfall" passierte). Meine Mum war damit einverstanden und so sind
>> wir donnerstags nach Mehrheim gefahren. Prof. Weber hat sich das MRT
>> angesehen. Resttumor noch vorhanden. Was tun? Erneut OP oder
>> Strahlentherapie kombiniert mit Chemo. Meine Mutter entschied sich
>> erneut zu einer OP. Diese war dann am 20.03..
>>
>> Therapie: Mikrochirurgische Tumorresektion rechts occipital unter
>> Neuronavigations und 5 ALA-Fluoreszenzkontrolle
>>
>> Histologie: Anaplastisches Astrozytom WHO III.
>>
>> Puuuh! Doch kein Glioblastom, sondern "nur" ein Astrozytom. Was ist das?
>> Die Wahl zwischen Pest und Cholera? Wird sie wieder gesund? Dauert ihr
>> Leben länger als 10 Monate? Fragen über Fragen. Prof. Weber beruhigte
>> uns. Meine Mutter wird aufgrund ihres allgemein sehr guten Zustandes,
>> nicht wie eine 74jährige Frau, sondern wie eine Patientin mittleren
>> Alters behandelt. Zudem konnte der Tumor komplett entfernt werden und
>> wahrscheinlich auch der erweiterte Randbereich des Tumors.
>>
>> Dennoch sei eine Strahlentherapie unumgänglich; ob eine Chemo nötig
>> wäre, wolle er noch abwarten, bis das Ergebnis der Molekulargenetik da
>> wäre. Meine Mutter hat von vorneherein gesagt: Keine Chemo!
>>
>> Am 31.03. wurde sie entlassen.
>>
>> Am 16.04. ging sie freiwillig erneut ins Klinikum Merheim, um sich dort
>> unter Beobachtung mit der Strahlentherapie auseinanderzusetzen. Diese
>> steckt sie bislang ganz gut weg. Müde ist sie, aber das ist wohl normal.
>> Seit gestern ist sie wieder zu Hause und fährt nun täglich mit dem
>> Krankentaxi zu den Strahlenterminen nach Merheim. Autofahren wird sie
>> nicht mehr können, da bei der OP ihr ein Stück Augenrinde entfernt wurde
>> und das linke Auge nun noch eine größere Gesichtsfeldeinschränkung hat
>> als nach der 1. OP.
>>
>> Das nächste MRT steht in 4 Wochen an.
>>
>> Was erwartet uns noch? Wie verändert sie sich? Ich meine schon jetzt
>> gewisse Persönlichkeitsveränderungen festzustellen. Liegt das am Tumor,
>> ist es ihre Psyche, die natürlich auch jetzt erst mal mit der ganzen
>> Situation klarkommen muß.
>>
>> Sie weiß noch immer nicht, wie "schlimm" diese Dreckskrankheit ist. Und
>> wir werden es ihr auch nicht sagen. Sie ist nach wie vor voller
>> Lebensfreude, freut sich auf unseren bevorstehenden Urlaub im Juni. Wenn
>> wir ihr sagen würden, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen kann, ist es
>> vorbei damit. Von Selbstheilungskräften keine Spur mehr.
>>
>> So, nun ist es doch leider ein Roman geworden - tut mir leid!
>>
>> Ganz liebe Grüße und allen Betroffenen viel, viel Kraft und gute Genesung!!!
>> Lackenkogel