Hallo Anja,
ich bin zwar nicht Brainstorm und ich hatte auch kein Keilbeinmeningeom, aber die von dir beschriebene totale Erschöpfung, Antriebslosigkeit, Schwäche und den Schwindel kenne und kannte ich nur zu gut.
Meine OP ist über 5,5 Jahre her, von dem her ist meine Situation mit deiner, wenige Wochen nach der OP, nicht vergleichbar. Aber es gibt doch Ähnlichkeiten, wie z.B. das dringende Bedürfnis, mich zu bewegen, rauszugehen, aktiv zu sein. Ich bin schon im Krankenhaus jeden Tag herummarschiert und es wurde von Tag zu Tag mehr. Ich erinnere mich an einen warmen, sonnigen Tag, am dem ich allein eine große Runde um das gesamte - verdammt große - Klinikgelände gedreht habe. Ich habe es genossen, wieder auf eigenen Beinen unterwegs zu sein und mir die Sonne ins Gesicht scheinen zu lassen, allerdings gab es Unebenheiten, Wurzeln etc. und es war wie gesagt sehr warm, was mich nach einer gewissen Zeit doch sehr angestrengt hat. Irgendwann merkte ich, dass es mir zuviel wurde und so habe ich mich - leicht panisch -erstmal hingesetzt und etwas ausgeruht. Aber ich wollte die Runde unbedingt schaffen, also bin ich weitermarschiert und war nach ziemlich langer Zeit wieder zurück auf der Station. Ich war körperlich platt, aber seelisch ging es mir super. Am nächsten Tag bin ich den Weg mit meinem Mann gelaufen und er war mehr als überrascht über meine Riesenrunde.
Auch daheim hatte ich dieses Bedürfnis nach Bewegung. Wenn mir "komisch" im Kopf wurde, musste ich raus und durch die Gegend spazieren, danach ging es mir deutlich besser. Außerdem konnte ich mir dann auch "erlauben", mich hinzulegen und auszuruhen, weil ich ja vorher was gemacht habe.
Die Zweifel, was jetzt das Richtige ist, ob man sich ausruhen oder "zusammenreißen" soll, kennen die meisten von uns und sie sind normal. Du wirst lernen einzuschätzen, was schon geht und was noch nicht. An einem Tag kannst du schon mehr leisten, am anderen geht nur wenig. Irgendwann entwickelst du auch ein Gespür, ob noch was geht oder ob du - für heute - die Grenze erreicht hast.
Vergiss auch nicht die Macht der Psyche. Mag sein, dass du dich körperlich schon wieder recht fit fühlst, die psychische Verfassung ist aber eine ganz andere Liga. Körper und Seele müssen erst wieder "zueinanderfinden", im Einklang sein, das geht bei manchen recht schnell, bei anderen dauert es länger.
Meine Erfahrung ist, dass man sich die Zeit nehmen muss, die man braucht, dass man auf sich (Kopf und Bauch) hören muss. Macht man es nicht, dauert alles nur länger oder der Hammer trifft einen notfalls auch noch Jahre später. Ich habe nach der OP noch über drei Jahre gearbeitet, in der Zeit ging es mir immer schlechter und schlechter bis irgendwann klar war, so geht es nicht weiter. Momentan arbeite ich nicht mehr und nach anfänglichem Weigern und Verdrängen habe ich endlich angefangen, mich der Situation zu stellen. Es hat alles gedauert, aber jetzt merke ich, dass ich wieder Fortschrittchen mache. Es sind wirklich nur Schrittchen, aber aus vielen kleinen Schritten wird irgendwann auch eine lange Strecke.
Das ist MEINE Geschichte, sie muss mit deiner überhaupt nichts zu tun haben, lass dir also keinesfalls davon Angst machen. Andererseits zeigt meine Geschichte ja auch, dass man auch nach Jahren noch was erreichen kann.
Und du hast absolut Recht, die richtige Einstellung ist die halbe Miete. Und wenn du von Geburt an schon positiv bist, dann hast du ja schon viel Übung mit der richtigen Einstllung.
Es wird, vielleicht dauert es noch ein bisschen, aber es wird!!!
LG TinaF